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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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gestand Moh.
»Einige Genossen finden, wir sollten mehr gegen die
Regierung sein, während andere meinen, wir sollten mehr
dafür sein, weil die Rechte dagegen ist.«
    »Und was glaubst du?«
    »Äh… also, ich hab mir gedacht – ist
das nun ein Arbeiter- und Bauernstaat?«
    Josh hustete verräterisch und sagte:
»Ha-ha-hmmm… äh… auch wenn man bedenkt,
dass die Bauern in dieser Gegend dünn gesät sind, so
muss die Antwort wohl ›nein‹ lauten. Aber diese
Kategorien (du weißt doch, was das bedeutet?) führen
hier nicht weiter. Wir befinden uns in einer neuen Lage. Wir
haben eine radikaldemokratische Regierung. Sie ist zwar nicht
sozialistisch, aber die Kapitalisten misstrauen ihr trotzdem.
Daher ist alles ein wenig instabil.«
    Sie unterhielten sich eine Weile über Politik. Elf Jahre
alt und gerade in der Jugendgruppe der Partei Mitglied geworden,
fasste Moh die Politik, wie er sie von seinen Eltern vermittelt
bekommen hatte, als ein wie ein Raumfahrtprogramm die
Generationen überspannendes Abenteuer auf: hinter ihnen die
Pioniere, die in Petrograd aufgewachsen und in Workuta gefallen
waren; vor ihnen das Alpha Centauri der Arbeitermacht und der
menschlichen Solidarität; jenseits davon das grenzenlose
Universum des Sozialismus – die schöne Welt, eine Welt
ohne Grenzen, ohne Bosse und Polizisten. Es machte ihn stolz,
dazuzugehören, sich in der Schule mit rechten Lehrern
auseinander zu setzen, an Demonstrationen teilzunehmen und sich
weiterzubilden.
    »Also, Moh, den Arbeitern geht’s schlecht, und
deshalb sollten sie sich…«
    »Spalten!«
    Josh klopfte Moh lachend auf den Rücken, dann ging Moh
hinaus.
    Später aber kam er wieder, und im Laufe der folgenden
Wochen begann nahezu unmerklich eine Zusammenarbeit: Moh holte
Handbücher und andere Dinge, half beim Testen und bei der
Fehlersuche, beobachtete, wie sich das System weiterentwickelte.
Josh redete und glaubte, mit sich selbst oder über Mohs Kopf
hinweg zu reden, und währenddessen lernte Moh, ohne sich
dessen bewusst zu sein, die inhärente Logik, jedoch nicht
die Funktion der Programme kennen.
     
    »Alles okay, Moh?«
    Er blinzelte und schüttelte den Kopf. »Ja, es geht
schon wieder…«
    »Nimmst du Drogen, oder was?«
    »Nicht mehr als sonst auch«, antwortete Moh. Er
rang sich ein Lächeln ab. »Was haben Sie
gesagt?«
    »Josh hat es geschrieben. Das CAL-System, erinnerst du
dich?«
    »›CAL‹?« Janis runzelte die Stirn,
Jordan machte große Augen.
    »Computer-aided logistics«, erklärte
Kohn. »Ich erinnere mich.«
    »Habe nie irgendwelche Aufzeichnungen darüber zu
Gesicht bekommen«, meinte Bernstein, »aber ich kann
mir nicht vorstellen, dass es woanders herstammt. Ich behaupte
nicht, er hätte alles programmiert, aber jedenfalls das
Wesentliche. Ein anderer hätte das nicht
geschafft.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sonst niemand in Dissembler programmiert
hat.«
    Diesmal war der Schock anderer Art. Keine Erinnerungen, keine
Flashbacks. Bloß ein Schwindelgefühl.
    »Wollen Sie damit sagen«, meinte er zu Bernstein,
»mein Vater hätte in Dissembler programmiert?«
Seine Stimme krächzte vor lauter Skepsis. »Woher
wissen Sie das?«
    Die Falten in Bernsteins Gesicht vertieften sich, so dass man
vorübergehend sein wahres Alter sah. »Es wurde nicht
drüber geredet, als du noch ein Dreikäsehoch warst.
Aber…« – er deutete mit säuerlichem
Lächeln auf seinen Gehstock – »seitdem bin ich
vielen ehemaligen Mitgliedern begegnet. Ein paar von denen hatten
tief ins Glas geblickt, wenn du verstehst, was ich
meine.«
    »Wieso haben Sie mir nicht schon eher davon
erzählt? Vom Schwarzen Plan und alldem?«
    »Wie ich bereits sagte. Ich dachte, du wüsstest
Bescheid. Jedenfalls war der Schwarze Plan eine ziemlich haarige
Sache, das galt auch für die Partei. Da waren nicht viele
Leute eingeweiht, das kannst du mir glauben. Bloß das
Zentralkomitee und die Fraktion, die in der Labour Party war und
in der Wirtschaftskommission der Republik schuftete. Dein alter
Herr war der beste Programmierer, der ihnen zur Verfügung
stand. Klar haben sie sich seine Kenntnisse zunutze
gemacht. Der Mann, der in Dissembler programmierte!«
Bernstein lachte. »Weißt du, dass er das Programm als
Freeware herausgab? Hätte Millionär werden können,
mindestens, aber mit Patenten und geistigem Eigentum hatte er
nichts am Hut. Der typische brave Kommunist. Die Yanks waren ganz
schön

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