Das Sternenprogramm
war nun in dem Gewehr verborgen, in seinen kryptischen,
verschlüsselten Speichern.
Und in seinem Gedächtnis.
»Ja«, sagte er schließlich. »Ich habe
etwas aktiviert. Und zwar mit einem Code, an den ich mich aus der
Zeit erinnere, als ich mit Josh am Schwarzen Plan gearbeitet
habe.«
»Logan gehörte der Sternenfraktion an«,
erklärte Janis. »Wenn es stimmt, dass das politische
Programm irgendwie in das Computerprogramm eingebaut
ist…«
»Dann reicht das tatsächlich bis ins All«,
sagte Moh. »O ja, ich hab’s kapiert. Ich könnte
einfach weitermachen. Parteien gründen, Armeen aufstellen,
ein Chaos anrichten. Bis in alle Ewigkeit.«
»Jedenfalls jahrhundertelang«, meinte Jordan.
»Die Zukunft ist eine lange Zeit.«
Moh blickte in den Himmel. Ohne Brille tat es in den Augen
weh. Hatte damit zu tun, dass die Luftverschmutzung nicht
ausreichte, die UV-Strahlung wegzufiltern. Oder etwas in der
Art.
»Wir sollten allmählich Logan anrufen«, sagte
er.
11
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Quantenlokalitäten
Donovans Mail-Filter löschte routinemäßig 98,3
Prozent der eingehenden Nachrichten: Sabotageversuche
aufgebrachter Systemadministratoren, Anfragen von Journalisten,
Werbung für alles Mögliche, angefangen von nuklearen
Wasserbomben bis zur Antifouling-Farbe. Übrig blieb noch
immer eine Menge, und es war reiner Zufall, dass ihm Mohs
Nachricht ins Auge fiel. Beim Lesen lachte er über die
klägliche Naivität dieses direkten Vorstoßes.
Dann hatte Catherin seinen Rat also beherzigt und war
untergetaucht.
Zu früh.
Donovan stand auf und massierte die steifen Schultern mit
seinen schmerzenden Händen. Er war die ganze Nacht auf
gewesen und hatte sich bemüht, die mechanische Wildheit
seiner virtuellen Heerscharen zu besänftigen. Wahrscheinlich
würde es noch einen Tag dauern, bis der Vorgang
abgeschlossen war und sie ein klares Bild von den Machenschaften
des Uhrmachers hatten.
Ein Mädchen in Jeans und Bootsschuhen kam mit dem Kaffee
aus der Kombüse hoch. Er nickte ihr zu und winkte sie zu
sich heran. Sie näherte sich mit dem Lächeln einer
Flugzeugstewardess, das Dankbarkeit und Erleichterung Platz
machte, als er sie bat, ihm Schultern und Hals zu massieren. Der
beharrliche Druck und die Wärme der Finger entspannten nicht
nur seine Muskeln, sondern auch seinen Geist. Er trank den Kaffee
und überflog die Nachrichten. Die sich bedrohlich
zuspitzende internationale Lage quittierte er mit Erleichterung;
solange die Weltraumverteidigung den Japanern die Hölle
heiß machte, blieb dem BLK und der Stasis Zeit, sich mit
dem Uhrmacher zu befassen.
Er wandte sich zu dem Mädchen um. »Danke«,
sagte er. »Sie können jetzt gehen.«
»Es war mir… ein Vergnügen, Mr.
Donovan«, erwiderte sie, schritt ganz behutsam zur Tür
und stieg den Niedergang hinunter. Donovan wartete, bis das
Geräusch ihrer Schritte in das Rauschen des Meeres und das
Seufzen der Belüftungsanlage eingegangen war, dann rief er
Bleibtreu-Fèvre an.
Kurz darauf erschien das Gesicht des Stasis-Agenten auf dem
Flachmonitor. Falls auch er die ganze Nacht über wach
gewesen war, sah man es ihm nicht an. Vielleicht war er ja daran
gewöhnt: Donovan hatte die vage Vorstellung, er schlafe
tagsüber an den Füßen von der Decke baumelnd.
Bleibtreu-Fèvre fasste Donovans vorübergehende
Belustigung offenbar als Herzlichkeit auf, denn er revanchierte
sich mit einem verkniffenen Lächeln.
»Ich hab’s zur Hälfte geschafft«, sagte
Donovan. »Wie haben Ihre Leute reagiert?«
»Es gibt keine Panik«, antwortete
Bleibtreu-Fèvre. »Ich habe meinen Verdacht
kundgetan, doch man ist immer noch der Ansicht, es habe sich um
einen Sabotageakt gehandelt, ausgeführt entweder von Ihrer
Bewegung oder einem Freelance-Hacker. Die Störung scheint
einstweilen behoben zu sein. Mrs. Lawson beobachtet seit
dem… Vorfall allerdings eine zwar kleine, dafür aber
stetige Zunahme des Datenaufkommens. Nur schwer festzustellen,
wenn man nicht gerade mit geeigneten Diagnoseverfahren speziell
danach sucht. Genau wie die globale Erwärmung.« Ein
erneutes verkniffenes Lächeln. »Das Datenaufkommen
nimmt zu… nur ganz leicht, aber es nimmt zu. In drei Tagen
wird es selbst der dümmste Systemadministrator merken, die
Leute meiner Agentur etwas früher, die Weltraumverteidigung
später… Wie banal«, setzte er hinzu,
»dass sich die erste neue Intelligenz auf unserem Planeten
zunächst mit unerwartet
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