Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
Vom Netzwerk:
hat er sich in vielen Organisationen festgesetzt, hab ich
Recht?«
    »Mag schon sein«, sagte Moh. Das war eine
verstörende Sichtweise. »Du behauptest also, das
Programm erschafft die Partei und nicht umgekehrt?«
    »Selbstverständlich«, antwortete Jordan.
»Was meinst du denn, was dort vorgeht?« Er deutete
mit dem Daumen über die Schulter. »Das ist bloß
eine Mutationsvariante von Ideen, die naive Geister infizieren.
Ein eigensüchtiges Mem repliziert sich im Laufe der Zeit
immer wieder. Deine Variante könnte mittlerweile in
zahllosen Sekten stecken, im Linksbündnis und so weiter,
aber die gegenwärtig erfolgreichste Spezies ist der Schwarze
Plan. Der verfügt über seine eigene beschissene Armee.«
    »Jetzt verzapfst du aber sedar argic«, sagte Moh. Er knuffte Jordan. »Komm schon. Du tust so, als
wäre das der elektronische Antichrist, der es darauf
abgesehen hat, die Welt…«
    »Mit Strichcodes zu erobern, welche die Zahl 666
enthalten!« Jordan lachte. »Nein, das ist einfach
bloß eine Betrachtungsweise.« Er schwenkte
bogenförmig die Hand. »Übrigens hast du eben
selbst gesagt, es gäbe eine Verbindung zwischen dem
Schwarzen Plan und der Vierten Internationalen…«
    »Also, vielleicht in dem Sinn, dass Josh ihn
programmiert hat. Aber davon abgesehen… Ich weiß
nicht. Bei der ANR ist von trotzkistischer Ideologie nicht viel
zu spüren. Übrigens auch bei den anderen Organisationen
nicht. Die sind pragmatisch. Postfuturistisch.«
    »Genau«, sagte Jordan. »Die politischen und
militärischen Techniken funktionieren unabhängig von
der Ideologie.«
    »Was weißt du denn schon davon?«
    Jordan zuckte die Achseln. »Ich lese
Bücher.«
    »Was ist mit der Sternenfraktion?«, warf Janis
ein. »Bernstein hat gemeint, die sei ein Teil des Schwarzen
Plans.«
    »Nicht die Fraktion«, erwiderte Moh stirnrunzelnd.
»Bloß Anweisungen dafür, für Leute wie
Logan.«
    »›Nicht die Fraktion‹«, äffte
Jordan ihn nach. »›Bloß Anweisungen
dafür.‹ Kapier’s endlich, Moh. Das ist ein und
dasselbe.«
    »Okay, du kannst es so betrachten, wenn du magst.«
Es ärgerte ihn, dass Jordan und Janis eine zweifelhafte
Metapher für ein Phänomen bemühten, das sich mit
politischen Begriffen einfach erklären ließ.
»Ich glaube, die Sternenfraktion war eine reale
Organisation, an deren Gründung Josh beteiligt war. Sie
sollte eine bestimmte Möglichkeit des Schwarzen Plans
ausschöpfen, trat aber niemals in Aktion.«
    »Und was behauptest du so hartnäckig, gestern getan
zu haben?«, fragte Jordan triumphierend. »Du hast
etwas aktiviert!«
    Moh starrte ihn sprachlos an; so unvermittelt, als habe jemand
einen geistigen Schalter betätigt, sah er die Dinge auf
einmal wie Jordan: Ideen als selbständige Wesenheiten
– als Meme –, die wie hardwareunabhängige
Programme von Bewusstsein zu Bewusstsein sprangen; die Sprache
als natürlichen Dissembler, der Worte in menschlichen
Gehirnen in virtuelle Realitäten umformte; Ideologien als
Meme-Maschinen, die sämtliche Parteien und Faktionen, Armeen
und Bewegungen, Ansichten und Argumente als Wegwerfkörper
benutzten, um eine weitere Generation von Gewehre tragenden,
Bibel lesenden, Programme nachplappernden oder Parteien
gründenden Meme-Verbreitern hervorzubringen.
    Er dachte an Johnny Smith, den Hisbollah-Kämpfer, der in
seinen Armen gestorben war (Ach, Johnny, ich hab dich kaum
gekannt!) und dessen heldenhafter Tod Dutzende anderer
Kämpfe inspiriert hatte, die wiederum… Und jetzt gab
es ein Kinderheim, das dem Gedenken des im Dschihad in Southall
gefallenen Märtyrers namens Johnny Smith gewidmet war.
    Er dachte an Guevara, den Bernstein zitiert hatte:
     
Wo auch immer der Tod uns ereilen mag, er soll uns willkommen
    sein, vorausgesetzt dieser unser Schlachtruf findet Gehör
    und andere Hände ergreifen unsere Waffen und andere
    Männer stimmen den Klagegesang an mit dem Stakkato des
    Maschinengewehrs und neuen Schlachtrufen des Krieges und des
    Sieges.
     
    Das Vermächtnis der früheren Generationen lastet wie
ein Albtraum auf dem Bewusstsein der Lebenden… wie Marx
gesagt hat. Ja, es gab Generationen von Toten, und sie
reproduzierten sich.
    Er dachte an Josh und Marcia, wie sie sich zu den Generationen
der Toten hinzugesellt hatten. Er blickte auf seine Hände
nieder, die auf dem warmen Metall des Sturmgewehrs ruhten, das
auf seinen Knien lag. Irgendein Teil der von Josh geschmiedeten
Waffe

Weitere Kostenlose Bücher