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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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zu einer Frage der Ehre
    geworden.
Hochachtungsvoll
Brian Donovan
Bündnis für Leben auf Kohlenstoffbasis
Eingetragene Terroristische Vereinigung #3254
     
    Wende dich an die ANR, hatte Logan gesagt. Der Vorschlag hatte
einiges für sich; zumindest käme er so aus dem
Schlamassel mit Donovan heraus. Die Genossen aber müssten es
ausbaden – das war das Problem. Trotzdem könnte es
dazu kommen, dass er sich irgendwann an die ANR wenden
müsste, obwohl völlig offen war, was sie von der
Geschichte halten würde.
    Moh wandte sich um und trat aus der Zelle. Jordan und Janis
schauten ihn erwartungsvoll an, er aber nickte bloß, ohne
sie zu beachten. Es war leichtsinnig gewesen, sie aufpassen zu
lassen: sie verdienten damit weder ihren Lebensunterhalt, noch
taten sie es gewohnheitsmäßig, um zu überleben.
Er klappte die Brille herunter und musterte die Umgebung.
    Die Menschenströme, welche die Mall betraten und
verließen, waren eher noch dichter geworden. Kleine Gruppen
schlenderten im Schatten des Gebäudes oder im grellen
Sonnenschein an den Verkaufsbuden entlang. Den Frieden
störten lediglich ein paar Zusammenrottungen von Neos, die
von ihren mittäglichen Saufgelagen zurückkamen und
verschiedene national-kommunistische Lieder grölten.
    In der Ferne, auf der alten Überführung, stockte der
Verkehr. Daran war nichts Ungewöhnliches –
schließlich war es eine öffentliche Straße
–, aber…
    In dem Slum unterhalb der Straße tat sich etwas. Moh
schaltete das Visier des Gewehrs ein und hielt es hoch, legte das
Bild auf die VR-Brille. Eine typische Slumszenerie, jede Menge
visuelles Durcheinander: die verwirrende Vielfalt der Baracken,
Höfe und Wege überspannende Wäscheleinen, das
Gewirr der illegalen Stromkabel, an provisorischen Masten
befestigte Luftschiffe, die grau glänzenden
Abwasserkanäle. Dazwischen die bunten Kostüme und
flatternden Lumpen an den Leibern rennender Menschen, die sich
verteilten und wegliefen vor…
    Einer langgezogenen Reihe schwarz uniformierter Gestalten mit
Visieren, die durch die schmalen Gassen vorrückten. Königliche Polizei. Moh traute seinen Augen nicht,
bis er sich klar machte, dass das Gebiet offiziell nicht zu
Norlonto gehörte. Gleichwohl war dieser Einsatz der
Hannoveraner eine himmelschreiende Provokation – das Gebiet
war eher noch anarchistischer als die Gegend ringsumher.
    Er drehte sich um, forderte Janis und Jordan auf, zum Slum
hinüberzusehen, und musterte die Menge. Bislang hatte noch
niemand etwas bemerkt, oder aber die Leute nahmen es gefasst auf.
Als er den Blick von Gruppe zu Gruppe schweifen ließ,
bemerkte er ein bekanntes Gesicht in der Menge – das war
unmöglich, der Gang stimmte nicht – Moment mal, er
hatte sie noch nie gehen sehen. Warum…?
    Seine Aufmerksamkeit und sein elektronisch geschärfter
Blick hefteten sich auf das Mädchen, das am Tisch der
Weltraumbewegung gesessen hatte. Sie bahnte sich energisch einen
Weg durch die Menge und näherte sich ihm mehr oder weniger
zielstrebig. Ihre Haltung und ihr Gebaren standen in krassem
Gegensatz zu ihrer früheren Erscheinung. Jetzt wurde Kohn
bewusst, dass es sich dabei um einen doppelten Fake gehandelt
hatte, um die Imitation einer Imitation: einige der jüngeren
und dümmeren Mitglieder der Bewegung hielten diese Pose
für cool, und sie hatte sie imitiert.
    Das musste nicht unbedingt etwas bedeuten, doch auf einmal war
alles bedeutungsvoll geworden – ein Rückfall in die
gute alte Paranoia der Kommunisten: Genossen, es gibt keinen
Zufall – und Moh setzte sich in Bewegung, in eine
Richtung, die er zunächst für zufällig hielt.
    »Was geht hier vor?«, fragte Jordan, der mit
federnden Schritten neben ihm her ging, während Janis joggen
musste, um Schritt zu halten. Moh blieb stehen, wodurch beide aus
dem Gleichgewicht gerieten.
    »Jordan, wir müssen uns trennen. Du läufst
zurück, hilfst dem guten alten Bernstein beim
Zusammenpacken. Er kann hier in der Gegend untertauchen. Halte
dich mit ihm versteckt, bis alles vorbei ist, dann fahr mit der
Einschienenbahn zu uns nach Haus. Suche nach Cat: du kannst die
Spur am Telefon aufnehmen; verfolge sie von dort aus weiter und
behalte das Netz im Auge. Versuch, Kontakt mit der ANR
aufzunehmen. Ich ruf dich später an.«
    »Bis was vorbei ist?«
    Jordan war verwirrt: Janis hingegen dämmerte
allmählich, was vor sich ging. Moh rief sich in Erinnerung,
dass beide im Straßenkampf

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