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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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und einige tun es. Und dann gibt es noch die
rechtmäßige Sklaverei, wo es darum geht, kriminelle
Schulden abzutragen, aber das ist etwas anderes.«
    »Trotzdem ist es Sklaverei…«
    »Das haben die meisten Utopias gemeinsam«, meinte
Moh düster. »Das ist eine Folge des
Privateigentums.«
     
    Zwei Tage und zwei Nächte nachdem Jordan beobachtet
hatte, wie Janis und Moh aus dem Handgemenge im Einkaufszentrum
entkommen waren, saß er im stickigen Medienraum. Es war
später Vormittag. Er zögerte kurz, bevor er sein
neuestes Programm startete, und ging im Geiste noch einmal alles
durch. Dann stellte er fest, dass seine Gedanken unter dem
Einfluss der anderen Person im Raum aus dem Tritt gerieten.
    Mary Abid hielt gerade Wache in einer Chemiefabrik in
Auckland, Neuseeland. Die Satellitenverbindung ließ keine
schnellen Reflexe zu, doch die brauchte sie auch nicht; die
semi-autonomen Roboter, die sie steuerte, verfügten
über eigene Reflexe, und Marys Hauptaufgabe war, ihnen ein
bisschen gesunden Menschenverstand einzuhauchen.
    Sie saß in einem handelsüblichen drehbar montierten
Telepräsenz-Exosklelett, und was immer sie gerade tat, ging
mit Streckbewegungen, Zuckungen, Schwitzen und Fluchen einher,
und irgendetwas in ihrem Schweiß oder ihrem Geruch oder
ihrem Geschimpfe übertrug auf Jordan eine verwirrende
subliminale sexuelle Spannung, die er kaum mit der Kurdin in dem
Teleskelett in Verbindung brachte. In den Stunden, da er
zusammengesunken am VR-Gerät saß und ein kunstvolles
Netz aus Nuancen und Interferenzen spann, nach der Spur eines
Seidenfadens und nach Cat Ausschau hielt, hatten Marys weibliche
Pheromone ungerufen das Foto von Cat heraufbeschworen, das in
Mohs Schlafzimmer an der Wand hing.
    Cat. Er hatte im Datenspeicher des Kollektivs eine
lückenhafte Biografie gefunden. Im Verlauf einer
Teenagerrebellion gegen eine festgefügte, bourgeoise Umwelt
– ihre Eltern vermieteten am Rand von Alexandra Port
VR-Geräte auf Franchise-Basis – war sie an die
linksgerichtete Miliz geraten. Während des Dschihad in
Southall war sie wortwörtlich auf Moh Kohn gestoßen
und hatte anschließend zwei, drei Jahre für das
Kollektiv gearbeitet, bis ein unentwirrbarer doktrinärer
oder persönlicher Streit sie zu verschiedenen idealistischen
Kampfgruppen und zu einigen der zahlreichen Faktionen des
Linksbündnisses geführt hatte.
    Das Linksbündnis nahm im Unterschied zur ANR Anrufe
entgegen, doch Jordan konnte sich des Eindrucks nicht erwehren,
dass man dort im Moment mit dringenderen Angelegenheiten
beschäftigt war. Sämtliche Personen oder Systeme, die
er bislang wegen Cat kontaktiert hatte, verwiesen ihn auf die
üblichen Kader-Datenbanken, in denen Cat als verlorenes
Schaf geführt wurde. Die Gruppe, der sie gegenwärtig
angehörte – schließlich hatte er sie
aufgespürt, das Komitee für sozial-ökologische
Intervention – hatte nur unwillig zugegeben, dass sie
irgendwann in der Vergangenheit möglicherweise mit ihr in
Verbindung gestanden haben könnte.
    Alle Betroffenen hatten hingegen deutlich gemacht, dass die
Dinge anders aussähen, wenn Cats momentanes Problem behoben
würde…
    Jordan verspürte wachsende Empörung über das,
was Moh ihr angetan hatte, während er gleichzeitig durchaus
Verständnis aufbrachte für Mohs Haltung hinsichtlich
der zweifelhaften Koalitionen, die Cat im Verlauf ihres
politischen Werdegangs eingegangen war.
    Was Beulah City und den Schwarzen Plan betraf, hatte er
größere Fortschritte erzielt; zumindest hoffte er
das.
    »SILK.ROOT STARTEN?«
    Die Systemnachricht schwebte wie ein Nachbild vor seinen
Augen. Jordan atmete tief durch.
    Er nickte, bestätigte mit dem Kinn.
    Es war nicht leicht gewesen, unmittelbaren Zugang zu den
Rechnersystemen von Beulah City zu bekommen. Seit er seine
dortigen Geschäftsinteressen liquidiert hatte (was voreilig
gewesen war, wie er nun fand), war die Datensicherheit
verschärft worden. Mrs. Lawson hatte vermutlich gerade eine
Menge zu tun. Gleichwohl hatte er nach wie vor Zugang zu einigen
unbedeutenderen Systemen, und an diesem Punkt setzte er an. Als
Nächstes gründete er eine Tarnfirma für
LKW-Transporte (angeblich so alt wie die Sterne im Jahre 4004
v. Chr., ein kleiner Scherz seinerseits). Als
Tochtergesellschaft von Modesty hatte die River Valley
Distribution Ltd. eine eindrucksvolle Liste von Lieferungen nach
Norlonto vorzuweisen. Die falschen Angaben würden

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