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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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keine
Vorkehrungen gegen gewaltsame Rettungsaktionen, und schon
häufiger hatten reiche und verzweifelte Angehörige
bewaffnete Truppen in das Gebiet geschickt.)
    Der Großteil von Norlonto aber war normal und
anständig. Ähnlich strukturierte Gebiete grenzten
entweder zum gegenseitigen Nutzen aneinander, oder sie kauften
Verbindungskorridore hinzu und sorgten für schnelle
Transportmöglichkeiten. Man konnte weite Strecken in
Norlonto zurücklegen, ohne etwas zu sehen, das in Bangkok
fehl am Platz gewirkt hätte. Einen Schritt weiter bekam man
Dinge zu sehen und konnte Dinge tun, die in Teheran verboten
gewesen wären.
    Jeder neue Ort, den sie durchquerten, trug dazu bei, ihre Spur
zu verwischen. Überall begegneten sie einer unterschwelligen
Vorsicht, dem Lärm der Baumaßnahmen, mit denen
Schutzvorrichtungen verstärkt wurden, dem Summen des sich in
Sicherheit bringenden Geldes; ganze Vermögen, große Kapitalien, wie Moh sagte, reihten sich auf den Leitungen
wie Zugvögel vor Antritt der Wanderschaft. Jedes Mal, wenn
die Regierung verkündete, die Rebellen blufften bloß
und die Lage sei unter Kontrolle, nahm wieder eine Menge Geld
Kurs auf wärmere Gefilde.
    Moh rief Jordan außer nachts alle paar Stunden an: die
ANR war noch immer nicht zu erreichen; Jordan war damit
beschäftigt, sich in die Systeme der Frachtfirmen und
Modehäuser von Beulah City einzuschleichen, hatte bislang
aber noch nichts zu berichten; und Donovans Kampfansage
stieß bei den zahlreichen Firmen, die es auf Prämien
abgesehen hatten, auf reges Interesse. Zu Mohs Verdruss war eine
neue Newsgroup eingerichtet worden, alt.fan.moh-kohn, gedacht
für engagierte Amateure, die von Begegnungen berichteten und
den Fall diskutierten; bislang war keine der gemeldeten
Begegnungen authentisch. Moh schloss für sich und Janis bei
der Agentur für Wechselseitigen Schutz einen Vertrag ab; er
verpflichtete sich nicht, seinen Aufenthaltsort zu nennen,
während die Firma versprach, eine Karte mit ausgewiesenen
Gebieten downzuloaden, in denen sie im Notfall binnen zehn
Minuten Verstärkung aufbieten könne.
    »Und wenn wir nun angegriffen werden«, sagte
Janis, »und der Angreifer ist bei einer anderen Agentur
unter Vertrag? Duellieren die sich dann?«
    »Immer mit der Ruhe«, meinte Moh. »Die
richtige Vorgehensweise gehört mit zum Deal. Die Agenturen
bringen ihre Meinungsverschiedenheiten vor ein Gericht, das beide
Parteien für fair erachten…«
    »Und angenommen, es erscheint eine Agentur auf der
Bildfläche, die kein von der Agentur für
Wechselseitigen Schutz vorgeschlagenes Gericht
akzeptiert?«
    »Dann würde ein Gericht, das sie nicht akzeptiert
haben, gegen sie befinden, ohne ihnen Möglichkeit zur
Verteidigung zu geben, und sie würden Kunden verlieren. In
schweren Fällen würde man sie jagen wie tolle Hunde.
Die Agenturen verkaufen nicht nur juristischen, sondern auch
physischen Schutz. Wenn man kriminelle Handlungen schützen
will, braucht man eigene Waffen oder gleich einen eigenen Staat
– ein Staat ist eine gesetzlose Schutzagentur und wird
geführt wie jedes andere Monopol: halsabschneiderische
Preise, lausiger Service, unfreundliche Bedienung.«
    »Du redest nicht zufällig von der königlichen
Armee?«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    Janis hatte noch einen anderen Einwand. »Du vergisst die
Armen«, sagte sie. »Wer kümmert sich um
die?«
    Moh gab die gleiche Antwort wie schon zahllose Male zuvor.
»Wir alle bezahlen in jeder Einrichtung, die wir nutzen,
für Schutz, aber wenn alle Stricke reißen, wenn einem
jemand die Hütte einreißt oder einem die
Daumenschrauben anlegt und man schafft es nicht, sagen wir, eine
Packung Zigaretten wöchentlich als Schutzgeld zu entrichten,
kann man sich immer noch an die Wohlfahrt wenden. Ans Schwarze
Kreuz, die St.-Maurice-Schutzvereinigung, die Emanzipationsarmee.
Oder an uns, falls wir gerade die Spendierhosen
anhaben.«
    Sie saßen in einem Straßencafe. Ein Junge brachte
Janis eine Wodka-Cola. Sie reichte ihm lächelnd eine
Münze. Er zeigte seine Zahnlücke vor und rannte wieder
hinein.
    Moh blickte ihm bedrückt nach.
    »Der Anarcho-Kapitalismus funktioniert«, sagte er.
»Ebenso gut wie der Kapitalismus. Damit kann ich mich nur
schwer abfinden. Kinderarbeit. Prostitution.
Sklaverei…«
    »Was!«
    »Ach, eine Rechtsgrundlage gibt es dafür nicht.
Andererseits kann man die Menschen nicht daran hindern, sich zu
verkaufen,

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