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Das stille Gold der alten Dame

Das stille Gold der alten Dame

Titel: Das stille Gold der alten Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Malet
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ganz
offen. Auch wenn ich Bénech erst seit kurzem kenne, hab ich keine besonders
gute Meinung von ihm. Aber wir müssen von der Möglichkeit ausgehen, daß sie ihn
liebt.“
    Ihre grauen Augen funkelten.
    „Oh, ich bitte Sie! Liebe! Was weiß
die Kleine denn schon davon! Sie ist nicht grade die Intelligenteste, das
stimmt. Sie haben sie selbst kennengelernt, nicht wahr? Célestin hatte keine
Mühe, sie rumzukriegen...“
    Der schöne Célestin kriegte zwar nicht
nur die Armen im Geiste rum, aber die kleine Suzanne hatte tatsächlich mehr als
eine Schraube locker.
    „Man muß sie zur Räson bringen“, räsonnierte Madame Ailot weiter. „Das will ich wohl
übernehmen. Schließlich bin ich ihre einzige Verwandte. Aber mit Célestin werd ich nicht fertig.“
    „Ich offensichtlich auch nicht“,
seufzte ich.
    „Warum nicht? Ich habe Sie bezahlt,
damit...“
    „Moment“, warf ich ein. „Jetzt werfen
Sie einiges durcheinander. Sie haben mich engagiert, damit ich Ihre Klunker
zurückhole. Skandal- und schmerzlos. Offen gesagt, ich fürchte, ich muß Ihnen
das Geld zurückerstatten. Dieser Bénech ist schlauer, als wir dachten... als
ich dachte, jedenfalls. Ich glaube, auch für eine Million wird er Ihnen den
Schmuck nicht zurückgeben. Er behält ihn lieber. Sehen Sie: ich unterbreite ihm
Ihren Vorschlag, er bittet sich Bedenkzeit aus... um mich zu beruhigen. Es ist
nämlich schon alles bedacht. Ich weiß nicht, warum Ihr Angebot ihn beleidigt
hat. ,Aha“, sagt er sich. ,So ist das also! Das wollen
wir doch mal sehn .“ Er schmeißt mich diese verflixte
Treppe runter, kommt dann hierher und verschleppt mehr oder weniger Ihre
Nichte. So richtig kapier ich noch nicht, was der Schlauberger will, aber mit
der Zeit... Bis dahin...“
    Ich holte ihre Tausender aus der
Tasche und legte sie vor sie auf den Tisch.
    „...brauch ich das Geld nicht. Bénech
wird nicht anbeißen. Ich habe versagt. Soll ich Ihnen mein Honorar ebenfalls
zurückgeben?“
    „Wenn Sie Angst vor ihm haben, ja.“
    Sie hatte die Beine wieder
übereinandergeschlagen. Das rote Pantöffelchen wippte jetzt noch heftiger.
Gleichzeitig trommelte sie mit beiden Händen auf die Sessellehnen. Sie war nahe
daran, Feuer zu spucken, zu explodieren oder einen Nervenzusammenbruch zu
erleiden. Oder alles zusammen.
    „Angst? Vor wem? Vor Bénech? Daß ich
nicht lache!“ lachte ich. „Ich wünsche nichts lieber, als ihn wiederzusehen.“
    Sie stand auf und begann, im Zimmer
auf und ab zu gehen. Bei jedem ihrer langen, sportlichen Schritte raschelte ihr
Negligé.
    „Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf
steht“, sagte sie. „Mir kommen die verrücktesten Ideen. Wenn ich ihn anzeigen
muß, zeige ich ihn an, gut. Aber wenn es eine bessere Lösung gibt... Ich möchte
das Schlimmste verhindern. Ich...“
    „Seien Sie still“, sagte ich.
    „Wie bitte?“
    Es verschlug ihr den Atem.
    „Seien Sie still“, wiederholte ich und
wies mit dem Kinn zur Tür, die Hand lauschend am Ohr.
    Mir war, als hätte ich ein Klopfen an
der Tür gehört. Bestimmt Jérôme, der Butler, in bester Hausdienertradition. Ich
stand auf, aber Madame Ailot hatte endlich kapiert und kam mir zuvor. Sie
öffnete die Tür.
    „Na, mein Kleiner, was gibt’s?“ fragte
sie mit tonloser Stimme.
    Es war nicht der Butler, sondern ein
junger Mann in einem Morgenmantel, in den drei von seiner Sorte reingepaßt hätten. Ein verschlafenes Bürschchen, blaß, mit
verquollenen Augen. Die Marlon-Brando-Frisur und die schmalen Lippen
verschönerten das Gesamtbild nicht. Er sah mich neugierig, aber nicht
sonderlich überrascht an. Vielleicht hatte er sich hier im Hause Ailot mit der
Zeit an so einiges gewöhnt!
    „Also, André, was ist?“
    Meine Gastgeberin wurde ungeduldig.
    „Entschuldigen Sie“, stotterte der
kleine Blödmann. „Ich hatte Geräusche gehört.“
    „Geh schlafen.“
    „Ja, Mama. Entschuldigen Sie...“
    Gesenkten Hauptes schlich er davon.
Madame Ailot schloß die Tür... öffnete sie kurz darauf wieder, um sich zu
vergewissern, daß er nicht im Flur stand und sich um Sachen kümmerte, die ihn
nichts angingen. Dann schloß sie die Tür endgültig.
    „Mein Sohn“, erklärte sie seufzend.
    Nach dieser verspäteten Vorstellung
hob sie ihre Hände, die Flächen zu mir, die Finger gespreizt.
    „Ach, zwischen meinem Sohn, meinem
Mann und meiner Nichte... Na ja, egal! Kommen wir zu Suzanne zurück. Ich möchte
das Schlimmste verhüten. Wenn der Kerl sie irgendwohin verschleppt

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