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Das stille Gold der alten Dame

Das stille Gold der alten Dame

Titel: Das stille Gold der alten Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Malet
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hat...
Dieser Skandal! So wie ihr Zimmer aussieht, ist sie nicht für immer
fortgegangen. Die beiden haben Paris bestimmt nicht verlassen. Hoffe ich
jedenfalls...“
    „Schwer zu sagen“, warf ich ein und
setzte mich wieder. „Als Sie mich um zwei anriefen, war Bénech noch nicht wieder
im Hotel. Jetzt...“
    Ich sah auf meine Uhr. Die Zeit zog
sich hin. Ich war erst seit einer halben Stunde hier.
    „Wo steht das Telefon?“
    Es stand mitten in dem alten Nippeskram . Ich wählte die Nummer des Hotel de l’Assomption .
    „Hallo. Monsieur Bénech, bitte.“
    „Moment“, gähnte der Nachtportier
mechanisch.
    Dann aber sah er wohl auf das
Schlüsselbrett.
    „Nicht da, M’sieur “,
sagte er.
    „Danke.“
    Ich legte auf und gab die Information
an Madame Ailot weiter.
    „Ich weiß, wo er ist!“ rief sie
plötzlich. „Mein Gott! Warum hab ich nicht schon eher daran gedacht? Ich bin
ganz durcheinander. Er weiß nicht, daß ich ihn heute nacht am Haus gesehen habe. Und daß ich Suzannes
Abwesenheit bemerkt habe. Sie fühlen sich also sicher. Bestimmt sind sie da, wo
sie sich immer getroffen haben.“
    „Nämlich?“
    „Rue Berton.“
    „Rue Berton?“
    Ich dachte an das zähe Gespräch mit
Bénech auf unserem nächtlichen Stadtbummel. Um ihm das eine oder andere Wort zu
entreißen, hatte ich diese Straße erwähnt.
    „Wir haben dort ein Häuschen“, fügte Madame
Ailot erklärend hinzu, „’ne bessere Rumpelkammer. Das Ganze verfällt so
langsam. Nur ein Teil ist bewohnbar. Wir wollen es schon lange verkaufen, haben
aber bisher keinen Interessenten gefunden. Wir...“
    Noch ein paar überflüssige
Einzelheiten. Ich unterbrach sie:
    „Wie kommen Sie darauf, daß die beiden
dorthin gegangen sind?“
    „Hab ich Ihnen doch schon gesagt: sie
haben sich immer dort getroffen.“
    „Ganz gut möglich“, sagte ich nickend.
„Vielleicht geh ich mal hin und schau nach. Aber bringt uns das weiter?
Vorausgesetzt, daß ich dort überhaupt jemanden treffe.“
    Sie fauchte:
    „Ich möchte Klarheit haben! Etwas,
woran ich mich halten kann. Ich werd selbst hingehen,
und wenn sie da sind
    Sie verlor den Faden. Wahrscheinlich
fragte sie sich, was sie dann tun würde.
    „Was würden Sie dann tun?“ stellte ich
an ihrer Stelle die Frage.
    „Ich... ich... weiß nicht“, mußte sie
kläglich eingestehen.
    Ich erhob mich.
    „Vielleicht hab ich ja ‘ne gute Idee“,
sagte ich. „Ich begleite Sie. Wie gesagt, diesen Bénech würde ich mir sehr
gerne vorknöpfen.“
    Und außerdem war das die einzige
Möglichkeit, von hier wegzukommen. Wenn ich nicht aufpaßte ,
würde sie mich bis zum Morgen festhalten. Errötend — warum, war mir
schleierhaft — sagte sie, sie müsse sich schnell anziehen. Sie kam tatsächlich
sofort wieder zurück ins Zimmer. Immer noch ungeschminkt und unfrisiert, immer
noch in ihrem Pelz. Aber darunter trug sie jetzt ein bequemes Tweedkostüm . Und die Pantöffelchen hatte sie durch
Sportschuhe mit flachen Absätzen ersetzt. Sie zitterte unmerklich. Ob aus
Nervosität oder vor Kälte, weiß ich nicht.
    „Wir fahren besser mit dem Wagen“,
entschied sie. „Sie können doch fahren, oder? Ich wäre jetzt nicht in der Lage
dazu.“
    Ich nickte stumm. Wie ein Diener.
Darauf bedacht, nicht die Aufmerksamkeit von Sohn und Butler zu erregen, gingen
wir in die Garage. Sie befand sich hinten im Garten, ein umgebauter
Pferdestall. Zwei Wagen standen drin: eine Luxuslimousine und ein elegantes
kleines Kabriolett, ein Tallemet . Wir nahmen den Tallemet . Ein tolles Auto. Machte nicht mehr Lärm als eine
schnurrende Katze.
    Auf meiner persönlichen, tragbaren
Turmuhr schlug es drei. In Passy herrschte trübe Friedhofsstille.
     
    * * *
     
    Ich hielt unten an der Treppe, die die
Rue Berton mit der Rue Raynouard verbindet. Wir stiegen
aus. In der Mitte wird die Rue Berton so schmal, daß zwei Personen nicht
nebeneinander hergehen können. Wir hätten zwar noch etwas weiter fahren können,
aber auch der leiseste Motor hätte hier in der Gegend lauthals unsere Ankunft
verkündet. Immer vorausgesetzt, es war überhaupt jemand da, den das
interessierte. Für meinen Geschmack freute sich Madame Ailot etwas sehr früh.
Mir kam die Expedition völlig überflüssig vor. Na ja, wir würden sehen...
    Wir stolperten über das unregelmäßige
Pflaster. Die Steine sahen ziemlich historisch aus. Ich stellte mir vor, daß
sie schon so manche Füße von Balzacs Gläubigern verstaucht hatten. Solche
Straßen findet man nur

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