Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das stille Gold der alten Dame

Das stille Gold der alten Dame

Titel: Das stille Gold der alten Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Malet
Vom Netzwerk:
gestern nachmittag war...“
    „Genau die.“
    Mein Freund hob die buschigen
Augenbrauen.
    „Hm...“, machte er. „So ganz kapier
ich das nicht. Die Baronin pflegt sich von ihren Chauffeuren aufs Kreuz legen
zu lassen und steht deshalb in der Kartei dieser dicken Fledermaus. So weit, so
gut. Das geht uns ‘n feuchten Kehricht an. Aber, verdammt nochmal! Man kann
sich doch nicht einfach hinstellen und sagen: ,Ich bin
Chauffeur’, und die Sache ist gelaufen! Also, ich weiß nicht... Vielleicht
müssen wir ‘ne Weile nachdenken und das... äh... Subjekt... oder Objekt...
näher studieren. Also, der Kandidat läßt sich zuerst als Chauffeur einstellen.“
    „Bénech war Chauffeur.“
    „Ja, ich weiß. Dann klaut er den
Schmuck. Und anstatt sich auf den Lorbeeren auszuruhen, sucht er wieder Arbeit?
Das paßt doch nicht zusammen!“
    „Die Arbeit bietet anscheinend mehrere
Vorteile“, hielt ich entgegen.
    „Trotzdem! Er hatte ja noch die
Nichte...“
    „Sie haben ihn nicht gekannt, als er
noch rumlaufen konnte“, sagte ich. „Er war ein ganz Schlauer. Jedenfalls hielt
er sich dafür. Er wollte den Schmuck gar nicht verhimmeln. So seh ich das. Und jetzt lassen Sie mich da weitermachen, wo
Sie mich unterbrochen haben. Bénech war der Liebhaber seiner Chefin...“
    „Entschuldigen Sie, wenn ich Sie schon
wieder unterbreche. Aber... Hat sie Ihnen das erzählt?“
    „Nein, aber ich hab’s rausgehört.
Diese Fähigkeit haben wir nämlich gemeinsam, Sie und ich. Und blöde Fragen
stellen. Dank meiner blöden Fragen nämlich — oder meiner nicht weniger blöden Bemerkungen über die neuen Banknoten, deren Nummern
man hätte notieren können (was sie nicht getan hat!) - bin ich ganz sicher:
nicht so sehr den Diebstahl selbst wollte Madame Ailot vertuschen, sondern mehr
die besondere Art des Diebstahls. Würde es sich um Bargeld handeln, hätte sie
nicht so’n Theater
veranstaltet. Aber es soll sich vor allem nicht rumsprechen, daß ihr Schmuck geklaut wurde. Warum? Bestimmt weil die Klunker an einem Ort aufbewahrt wurden,
zu dem nur die intimsten Freunde Zugang haben. Und der Chauffeur zählt im allgemeinen nicht zum intimen Kreis. Der Diebstahl hätte
allgemeines Getuschel hervorgerufen.“
    „Wenn sie sich mit ihrem Chauffeur einläßt , spricht sich das auch rum. Etwas Getuschel mehr
oder weniger...“
    „Vielleicht läßt sie sich im allgemeinen ja gar nicht mit ihren Chauffeuren ein... und
steht deshalb nicht auf der Liste der... Vereinigung notleidender Chauffeure.
Vielleicht ist es ja das erste Mal, daß sie... äh... fremdgeht. Sie kann
Célestins Charme einfach nicht widerstehen. Na ja, egal. Jedenfalls wird sie seine
Geliebte. Als ich sie nach einem Foto fragte — von Bénech natürlich! — , hat sie ihn mir beschrieben. Ihre Stimme sprach Bände!
Bénech hat’s übrigens weder zugegeben noch bestritten.“
    „Gut, Bénech war also der Liebhaber
seiner Chefin...“
    „...und der Liebhaber der Nichte
seiner Chefin. Madame Ailot schmeißt ihn raus, aus Eifersucht. Oder weil sie
einfach genug hat von dem Zuchthengst. Der läßt beim Hinausgehen den Schmuck
mitgehen. Er weiß, daß sie ihn verdächtigen wird - vielleicht erzählt er ihr’s
auch noch! — und deshalb keine Anzeige erstatten wird. Sie wird versuchen, ihre
Klunker auf eigene Faust zurückzukriegen. Ein ganz gemütlicher Coup für Bénech!
Bringt aber nicht genug ein, um bis ans Ende seiner Tage davon zu leben.
Außerdem braucht er Verbindungsleute. Inzwischen wendet er sich an das Büro für
spezielle Arbeitsvermittlung, an unsere dicke Fledermaus. Ein weiterer Beweis
seiner Schlauheit: er will nichts an seinem äußeren Leben verändern. Als
arbeitsloser Chauffeur sucht er Arbeit als Chauffeur. Für den Fall, daß Madame
Ailot anders reagiert, als er annimmt.“
    „Möglich“, brummte Faroux.
    „Aber Madame Ailot reagiert nicht
anders, als er annimmt. Sie bietet ihm hundert Riesen an. Ein Almosen, wie
Bénech mir zu verstehen gegeben hat. Hunderttausend sind nicht schlecht, hat er
mehrmals gesagt, aber mit dem Unterton: ,Das ist mehr
wert“. Er wollte es sich überlegen. Als wäre das sein Spezialgebiet, das
Überlegen! Na ja, er bleibt ‘ne Weile in seinem Zimmer — nimmt sich Blut ab
oder so — und verläßt dann das Hotel, um Suzanne zu besuchen. Wahrscheinlich
zur Beruhigung der Nerven. Ich folge ihm. Er merkt es. Anstatt schnurstracks in
die Rue du Ranelagh zu marschieren, versucht er, mich
abzuhängen. Ohne Erfolg. Wir

Weitere Kostenlose Bücher