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Das stille Gold der alten Dame

Das stille Gold der alten Dame

Titel: Das stille Gold der alten Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Malet
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sich nicht so langweilen während Ihrer ersten
Nacht im 16.?“
    „Ganz genau.“
    Ich kam ins Zimmer zurück. Hélène saß
auf dem Bett, vor sich die Ausgaben von Le Temps de Paris, France- Soir und Crépuscule .
    „Hab Ihnen die Abendausgaben
mitgebracht“, sagte der Engel. „Marc Covet war sehr
zurückhaltend. Hört sich an wie ‘ne Verlautbarung der Polizei. Und ‘n bißchen
Reklame für Sie, wie immer.“
    Der Artikel war kurz. In knappen
Worten wurde das Drama geschildert. Die junge Mörderin wurde nur mit ihrem
Vornamen erwähnt. Das hörte sich nach reichen Leuten aus dem 16. Arrondissement
an. Vom Familiennamen war nur der Anfangsbuchstabe geblieben. Dasselbe bei
ihrer Tante. Mein Name dagegen war voll ausgeschrieben (nur im Crépu ; die anderen Blätter hatten ihn ganz unter den
Tisch fallen lassen!). Auf dreißig Zeilen war es Covet gelungen, ihn dreimal zu erwähnen. Das brachte mir leichte Vorteile gegenüber
Brigitte Bardot, die im nächsten Artikel nur zweimal erwähnt wurde. Allerdings
war der Filmstar auf einem Foto abgebildet. Dazu hatte ich’s nicht gebracht.
Die Leser hatten das Nachsehen. Vor allem die Leserinnen... Trotzdem, Covet ging sehr nett mit mir um. Leider war der Platz
begrenzt, und so schien der Artikel im letzten Moment gekürzt worden zu sein.
Hörte sich so an, als wär ich zufällig auf der Bildfläche erschienen, wie ein
Haar in der Suppe oder durch eine Eingebung des Heiligen Geistes.
    Marie-Chantal war den Zeitungen
zufolge zum Quai des Orfèvres gebracht worden, wo
Kommissar Faroux sie verhört hatte. Über das Ergebnis stand kein Wort in den
Artikeln.
    „Sehr gut“, bemerkte ich. „Man muß es
nur laufen lassen. A propos laufen, werd mal bei Madame Ailot nachfragen, ob ich ihren Klunkern
weiter hinterherlaufen soll.“
    „Brauchen Sie mich noch?“ fragte Hélène
und stand auf. Mit einer Hand klopfte sie auf ihren Rock, als hätte sie auf
einem dreckigen Platz gesessen.
    „Im Moment nicht. Es sei denn...
Wissen sie, was mein Traum bedeutet, in dem Sie vom Himmel geflogen kamen,
ganz...“
    „Ich bitte Sie“, unterbrach mich meine
Sekretärin. „Respektieren Sie mein Schamgefühl.“
    „Das respektiere ich so sehr, daß ich
gar nicht wage, Ihnen zu sagen, wo Sie mich mit Ihrem Schamgefühl mal können.
Aber im Ernst... Sie waren völlig nackt, in der Hand einen Revolver. Sie schwebten
im Leeren, als wären Sie aus dem Fenster gefallen. Sie waren natürlich Suzanne,
aber außerdem noch eine andere nackte Frau, von der Faroux gesprochen hat.“
    „In Ihrer Geschichte sind wohl alle
Frauen nackt, hm? Vorgeschriebene Abendkleidung, was?“
    „Weiß ich nicht. Sieht so aus, als
würd mich irgendwas dazu befähigen, mich auf nackte Frauen zu spezialisieren.
Vielleicht dirigiere ich am Ende’noch das Concert Mayol . Die, von der Faroux sprach, war die Hauptperson
einer Vermischten Nachricht. Tot auf dem Bürgersteig in der Rue Jasmin.
Letzte Woche erst. Sie war aus dem fünften Stock gefallen. Komisch, dieser Überfluß an nackten Frauen.“
    „Besser gesagt: überflüssig“,
kommentierte Hélène.
    „Egal. Frag mich, ob Sie nicht
vielleicht...“
    „...Nachforschungen über den Tod in
der Rue Jasmin anstellen könnten?“
    „Nein. Die nackte Tote reserviere ich
mir. Sonst geraten Sie noch in falschen Verdacht, trotz Ihres Schamgefühls.
Nein, Sie könnten vielleicht die Ausgaben des Crépuscule durchsehen und alle Vermischten zusammenstellen, die sich hier im 16.
abgespielt haben. Sollte uns das nichts nützen... Schaden tut’s uns auch
nicht.“
    „Vor allem, weil Sie nicht im Archiv
sitzen und Staub schlucken müssen. Sagen Sie, wollen Sie einen Zusammenhang
herstellen zwischen...“
    „Was ich will, weiß ich so genau gar
nicht. Die vielen nackten Frauen lassen mir keine Ruhe.“
    „Muß wohl am Frühling liegen“, sagte
Hélène lächelnd. „Ich glaube, ich verschwinde lieber.“
    Ich ging mit ihr nach unten. Der patron persönlich nahm meinen Schlüssel in Empfang.
Vor ihm auf der Theke lag der Crépu . Er
klopfte mit seinem fetten Finger auf den Artikel und lachte noch fetter:
    „Von wegen Chauffeur, hm? Und dann
noch aus der Provinz!“
    „Aber eins stimmt vielleicht: Kann
sein, daß ich bald wieder Arbeit suche.“
    „Behalten Sie denn Ihr Zimmer,
oder...“
    „Bis auf weiteres, ja. Das Viertel
gefällt mir. Hier ist mehr los, als man meint.“
    „Wollen Sie den Fall vielleicht
zufällig weiterverfolgen, Monsieur Burma?“ fragte hinter

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