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Das stille Gold der alten Dame

Das stille Gold der alten Dame

Titel: Das stille Gold der alten Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Malet
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bin. Und Sie fangen sofort an, mich zu beschimpfen.“
    „Stimmt“, brummte er. „Ich habe mich
hinreißen lassen. Normalerweise ist das nicht meine Art. Ich bin freundlich und
geduldig. Sehr geduldig.“
    Er sagte das mit einem hinterhältigen
Unterton. Die blutunterlaufenen Augen blinzelten mich verschlagen an. Ja,
manchmal muß man Geduld zeigen. Eigentlich hatte mir seine Schnauzerei besser gefallen...
    „Ich dachte, mit Ihnen müßte man
grober verfahren“, fügte er hinzu.
    „Weder geduldig noch grob“, belehrte
ich ihn. „Einfach nur anständig. Sie haben mich herbestellt. Sicher doch, weil
Sie mir was zu sagen haben. Sagen Sie’s, und wir haben’s hinter uns.“
    Er wirbelte herum, ging zu einem
Tisch, setzte sich, zauberte eine Flasche und ein Glas hervor und goß sich doch
tatsächlich einen hinter die Binde. Nicht um sich Mut anzutrinken. Nein. Er
hatte wohl nur immer sehr viel Durst. Dann packte er seine Siebensachen wieder
weg und verdaute schweigend. Ich zog an meiner Pfeife. Draußen im Vorgarten
hörte man Schritte auf dem Kiesweg. Durch das Fenster sah ich... wie hieß er
noch gleich? ... André, glaub ich... Ja, André Ailot, der Sohn des Hauses.
Strich umher wie ‘ne umherirrende Seele. Vater Ailot warf ihm einen giftigen
Blick zu. Der Herr des Hauses hatte wohl ein Leberleiden. Durch die heimlichen
Alkoholdröhnungen wurde das bestimmt nicht besser.
    „Ich mag keine Privatdetektive“, sagte
er. Das bezog sich wohl auf mich.
    Noch einer. Es wurden immer mehr. Der
neue Detektivhasser fuhr fort:
    „Polizeiinspektoren sind Beamte, die
Gesetz und Ordnung aufrechterhalten. Privatdetektive fischen im Trüben. Sie
bringen Unordnung und Skandale mit sich. Ihre Moral ist mehr als zweifelhaft,
wenn ihre Methoden nicht sogar gesetzwidrig sind. Sie kümmern sich nicht nur um
das, um das sie sich kümmern sollen, sondern stecken ihre Nase auch in Dinge,
die sie nichts angehen. Schnüffeln überall rum, haben ihre Augen überall. Man
sieht sie nicht, man hört sie nicht; aber dreht man sich um, stehn sie hinter einem.“
    „Ach, Monsieur“, sagte ich seufzend.
„Wenn es das nur wäre! Aber sie erpressen auch noch ihre Klienten, schlafen mit
ihren Klientinnen, und wenn unglücklicherweise noch ein junges Mädchen im Hause
frei rumläuft, wird es von ihnen vergewaltigt. Und das unter dem Vorwand, es
rege die grauen Zellen an! Ich jedenfalls führ mich im allgemeinen so auf.“
    „Ich scherze nicht“, sagte er streng.
    „Entschuldigen Sie. Ich hatte den
Eindruck.“
    „Nein, ich scherze nicht. Und wenn ich
sage, daß ich Privatdetektive nicht mag
    „Das habe ich inzwischen begriffen“,
warf ich ein.
    „Schluß jetzt!“ schnauzte er und
schlug mit der Faust auf den Tisch. „Schluß jetzt! Ich weiß, daß meine reizende
Frau Sie engagiert hat, um den Schmuck zu finden, den unser Chauffeur ihr
gestohlen hat. Und Ceiestin , unser Chauffeur, ist von
der Nichte meiner Frau... übrigens die Familie meiner Frau ist ebenfalls ganz
reizend und sehr interessant... Also, der Chauffeur ist von der Nichte meiner
Frau getötet worden. Mir ist völlig egal, was mit meiner Frau und ihrem...
ihrer Nichte passiert, oder mit ihrer verdammten Familie! Das berührt mich
nicht. Aber ich wollte Ihnen sagen... Ich wollte Sie ernsthaft warnen
    Nach einer kleinen Pause setzte er den
Monolog fort. Seine Stimme klang beinahe unglücklich:
    „Ich trage einen hochanständigen Namen.
Mein Fehler war es, ihn dieser Frau zu geben. Sie ist in jeder Hinsicht nicht
würdig, ihn zu tragen. Vielleicht hab ich es nicht besser verdient... Aber das
geht Sie nichts an. Nur eins sollen sie wissen: Durch diesen Skandal ist mein
Name schon genug beschmutzt. Machen Sie’s nicht noch schlimmer. Sonst werde ich
Sie fertigmachen.“ Ich schüttelte den Kopf.
    „Ihre Drohungen schrecken mich genausowenig wie Ihre Beleidigungen“, sagte ich mit fester
Stimme. „Gestatten Sie mir nur die Bemerkung, daß es einfacher gewesen wäre,
mir das rundheraus zu sagen, ohne sich aufs hohe Roß zu setzen. Worum geht es denn eigentlich? Doch wohl darum, den Skandal nicht
noch zu vergrößern, oder? Ihre Sorge ist legitim. Aber woher wissen Sie, daß
ich das will?“
    „Privatdetektive..
    „...sind, wie sie sind. Und nicht so,
wie Sie sich’s vorstellen. Sie brauchen mir nicht zu glauben, aber das ist mir
ziemlich egal. Es gibt jedoch keinen Grund dafür, daß Ihr Name in den Schmutz
gezogen wird. In den Zeitungen stand nur der Anfangsbuchstabe.

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