Das stille Gold der alten Dame
Hélène und ich — sorgten für Ausgleich.
„Tja“, begann der Kommissar, nachdem
er seine Schnurrbarthaare im Aperitif gebadet hatte. „Zeitung gelesen, Burma?“
„Ja.“
„ Heut nacht ist in der Avenue Kléber ein Jude namens Rosem -baum umgebracht worden.“
„Hab ich gelesen.“
„Hat das was mit Ihrem Fall zu tun?“
„Glaub ich nicht. Warum?“
„Sie sollen doch geklauten Schmuck
wiederfinden, oder?“
„Ja.“
„Rosembaum war Juwelier.“
„Kenn ich trotzdem nicht.“
„Aber der kannte einen, den Sie auch
kennen.“
„Ach!“
„Wir haben Fingerabdrücke am Tatort festgestellt.
Die Kerle waren ziemlich vorsichtig, aber eben nicht vorsichtig genug. Sie
hatten Rosembaum nicht in der Absicht besucht, ihn zu töten. Zu viele
Fingerabdrücke, von denen sie einige wenige nicht abgewischt haben. Und diese
wenigen haben wir identifiziert. Einer der Fingerabdrücke gehört zu dem Kerl
hier auf dem Foto...“
Er zog eine Bilderserie wie ein
Kartenspiel aus seiner Tasche und legte sie vor mir auf den Tisch. Ich brauchte
nicht lange hinzusehen.
„Ja, natürlich!“ rief ich. „Das ist
er, mein kleiner Judoka! Der hat also diesen Rose... Rosem ... dingsbums ...“
„Wenn er’s nicht getan hat, dann einer
von den andern.“
„Der besucht und überfällt gerne,
könnte man meinen.“
„Seine Spezialität, sozusagen...“
Faroux zeigte mit dem Daumen über
seine Schultern.
„Er hat auch den Concierge in der
Avenue Henri-Martin überfallen.“
Zum Fall Rosembaum hatte mir Faroux
nichts Neues zu bieten. Aber jetzt, bei dieser Eröffnung, war meine
Überraschung nicht gespielt.
„Im Ernst?“
„Im Ernst.“
Er schien offensichtlich nicht
geneigt, mehr darüber zu verraten. Ich nahm eins der Fotos in die Hand.
„Und wie nennt er sich, außer Lozère ?“ fragte ich. „Roger-Etienne Lasserre .
Vorbestraft wegen Diebstahl und Kuppelei.“
„Wissen Sie, wo Sie ihn schnappen
können?“
„Nein. Und Sie?“
„Ich auch nicht. Sie stellen Fragen!“
Ich nahm ein anderes Foto.
„Hat nicht immer einen Schnurrbart à
la Charlie Chaplin“, sagte ich, um etwas zu sagen.
„À la Hitler“, variierte Faroux.
„Von mir aus auch à la Hitler... Also,
Sie suchen den kleinen Gauner“, sagte ich.
„Manchmal fängt man dadurch die
großen.“
„Hören Sie“, seufzte ich. „Solche
Gespräche langweilen mich zu Tode. Und vor allem langweilen sie die, die uns
zuhören. Sehen Sie sich Ihren Inspektor und meine Hélène an! Die beiden fragen
sich bestimmt, ob wir total besoffen sind oder nur ‘n bißchen.“
„Ach“, sagte Hélène, „ich bin daran
gewöhnt.“
„Lieber Herr Kommissar“, fuhr ich
fort, „hören wir auf, uns gegenseitig die Würmer aus der Nase zu ziehen. Da können
wir noch lange ziehen! Legen wir doch die Karten auf den Tisch.“ Der Ober- Flic grinste in seinen Schnurrbart.
„Gute Idee“, knurrte er. „Sie fangen
an!“
„Meinen Sie wirklich, ich wüßte mehr
darüber? Pech gehabt, mein Lieber. Eher weniger! Nur eins ist richtig: Ich hab
tatsächlich Nachforschungen über den Überfall auf den Concierge anstellen
lassen, durch Roger Zavatter . Er war wohl heute nachmittag bei dem Opfer.“
Ich trank mein Glas aus und zündete
mir eine Pfeife an.
„Nun reden Sie schon weiter“, ermunterte
mich der Kommissar. „Wie haben Sie den Zusammenhang hergestellt zwischen Ihrem
nächtlichen Besuch neulich und dem Überfall in der Avenue Henri-Martin?“
„Gar nicht. Bin zufällig
draufgekommen. Das heißt, durch Sie... Hab einfach Ihre Methode angewendet und
die Kriminalgeschichte des Arrondissements studiert. Wir waren auch schon in
der Rue Jasmin, Rue Nicolo, Rue Scheffer, Avenue Foch usw. Können Sie
nachprüfen.“
Faroux schwieg eine Weile. Dann sagte
er:
„Ich will Ihnen mal glauben. Aber das
ganze Durcheinander führt uns nicht weiter, all diese Querverbindungen...“
„Wird sich alles aufklären, wenn sie
den Judoka haben. Für mich persönlich ist der die einzige Hoffnung, an den
Schmuck meiner Klientin zu kommen. Sie sehen, ich bin noch hilfloser als Sie.
Aber wenn dieser Lasserre erst mal im Bau sitzt...
Jetzt ist das wenigstens kein Gespenst mehr mit Schnäuzer. Sie haben ihn
identifiziert, wissen, mit wem er in Kontakt steht usw.“
„Vor allem wird sich dann alles
aufklären, wenn das Mädchen wieder vernehmungsfähig ist, diese Suzanne.“
„Wie geht es ihr?“ erkundigte ich
mich.
„Unverändert. Wir dürfen noch nicht zu
ihr,
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