Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)
Qi praktizieren, um sich nicht zu erschöpfen).
Laut Meister Zhi-Chang Li hat jeder Mensch bis zu einem gewissen Grad die Gabe, heilendes Qi an andere abzugeben. Man kann sogar die Erfahrung machen, dass es leichter ist, andere zu heilen als sich selbst. Um wirkungsvoll heilen zu können, sollte die heilende Person möglichst über eine reichliche Menge von ursprünglichem Qi verfügen und darüber hinaus trainiert darin sein, das beim Heilen verlorene Qi schnell wieder aufzufüllen. Wer im körperlichen Bereich therapeutisch arbeitet, macht – zumal, wenn der Heilerfolg groß ist – oft die Erfahrung, dass diese Arbeit in unverhältnismäßiger Weise (ohne viel sichtbare äußere Aktivität) erschöpfend wirkt. Der Grund dafür liegt im Verlust des durch die Laogong-Punkte der Hände unwillkürlich austretenden Qi. Deshalb sollte insbesondere jedem Versuch, andere mit Wai Qi zu heilen, eine gründliche Qi-Gong-Praxis vorangehen.
Über das Heilen mit Qi sollte man sich keine falschen Vorstellungen machen. Es kann sehr wirkungsvoll sein, aber Wunder sollte man sich davon nicht erwarten. Nach Meister Li kann zum Beispiel ein begabter und gut trainierter Qi-Gong-Heiler unter Umständen Krebs im Frühstadium zum Stillstand bringen. »Wollte man jedoch eine fortgeschrittene Krebserkrankung auf diese Weise heilen, müssten zehn hochkarätige Qi-Gong-Meister einen einzigen Patienten über einen langen Zeitraum hin täglich mehrere Stunden behandeln.«
Es ist natürlich ein großer Unterschied, ob ein Arzt mit speziellen medizinischen Kenntnissen oder ein Heiler mit der Fähigkeit des »Röntgenblicks« oder ähnlichen geistigen diagnostischen Fähigkeiten mit Wai Qi arbeitet, oder ob ein normaler Qi-Gong-Praktizierender seine gewonnene Energie in Notfällen mit anderen teilen möchte – Eltern mit ihren kranken Kindern, Erwachsene mit ihren alten Eltern, Liebende untereinander und so weiter. In solch einem Fall wird die Hilfe einen allgemeineren Charakter haben. Die hier wiedergegebenen Anweisungen sind jedoch in jedem Fall gültig.
Der chinesische Qi-Gong-Arzt Lu Haixing merkt ausdrücklich an:
Man braucht lange, bis man die Ebene erreicht hat, auf der man fähig ist, andere ohne Schaden für die eigene Gesundheit von ihren Leiden zu befreien. Ein normaler Mensch benötigt drei bis fünf Jahre harter Übung, um diese Ebene zu erreichen. Manche Qi-Gong-Anfänger sind sehr eifrig bestrebt, Qi abzugeben. Ein Anfänger mag zwar ein Haus bauen können, doch es besteht die Gefahr, dass die Fundamente schwach sind und es deshalb zusammenbricht … Selbst dann, wenn man gelernt hat, Qi abzugeben, sollte man es nicht übertreiben, und jegliches Gefühl des Unbehagens, Schwindelgefühle, Müdigkeit oder Kältegefühl in den Händen muss man ernst nehmen. [158]
Die folgenden Anweisungen stützen sich auf die Ausführungen von Meister Lu Haixing:
Die körperliche Haltung beim Heilen soll entspannt sein. Eine geeignete Grundübung für eine stabile Haltung, in der das Qi frei fließen kann, ist die »Stehübung« (siehe S. 151).
Die zu behandelnde Person kann sitzen, liegen oder stehen; wichtig ist eine entspannte Haltung. Bei bestimmten Erkrankungen werden traditionell bestimmte Haltungen des Patienten empfohlen: bei Problemen mit der Leber, der Milz und dem Magen auf dem Rücken liegen, bei Herzbeschwerden mit dem Gesicht nach unten liegen, bei Lungenerkrankungen sitzen, bei Erkrankung der Nieren auf der Seite liegen. Bei akuten Erkrankungen kann es auch hilfreich sein, wenn der Patient während der Behandlung herumgeht und damit die Zirkulation von Qi und Blut unterstützt.
Es gibt zwei grundlegende Handhaltungen , um Qi abzugeben: durch die »Schwerthand« (Zeige- und Mittelfinger ausgestreckt, während der Daumen die Nägel des gebogenen Ringfingers und des kleinen Fingers bedeckt) oder durch die Laogong-Punkte in den Handmitten, wobei die Finger locker und sanft gebeugt sind. Wird Qi durch die Handflächen abgegeben, kann man damit großflächigere und äußere Bereiche des Körpers behandeln; mit der Schwerthand-Methode lässt sich das Qi gezielter und tiefer ins Körperinnere des Patienten strahlen.
Derjenige, der das Qi abgibt, steht in einer gewissen Entfernung von demjenigen, er es empfängt. Die Hände halten üblicherweise einen Abstand von zehn bis zwanzig Zentimetern vom Körper des »Empfängers«. Als Grundregel gilt, dass der Abstand zu alten und schwachen Empfängern etwas größer sein sollte,
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