Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)
natürliche Tatsache des Alterns nicht verhindern, doch sie versetzt den Praktizierenden in die Lage, Alter und Krankheit anders zu erleben (abgesehen davon, dass eine regelmäßige Qi-Gong-Praxis den Alterungsprozess deutlich verzögert und den Heilungsprozess beschleunigt). Allein das Gefühl, selbst etwas tun zu können, aus eigener Kraft zur Besserung der Situation beitragen zu können, ist für kranke wie für alte Menschen von überaus großer Bedeutung.
Übung mit Unterstützung durch einen Helfer
Es gibt natürlich Krankheitszustände, die eine umfangreichere Qi-Gong-Praxis nicht zulassen. Schmerzen und Schwäche können jede gute Absicht zunichtemachen. Doch zumindest die Entspannungsübung und vor allem die »Pflege des Qi«, diese ebenso sanfte und einfache wie wirkungsvolle Übung, ist in vielen Fällen noch möglich. Besonders gut ist es, wenn der Kranke – sofern er schon Qi-Gong-Kenntnisse hat – von einer Person unterstützt wird, die selbst Erfahrung mit Qi Gong hat und die Übung begleiten kann. Selbst auf der Basis von relativ wenig Erfahrung (seien es auch nur ein paar Monate regelmäßigen Übens) kann man anderen helfen, wenn die innere Bereitschaft dazu auf beiden Seiten groß genug ist. Dabei kann man etwa in folgender Weise vorgehen:
• Der Helfer sitzt am Bett des Kranken, regt ihn zu den drei vorbereitenden Übungen an und führt ihn dann durch die Übung der »Pflege des Qi«: »Denke an dein unteres Dantian. Sammle das Qi darin. Das Qi beginnt aus allen Bereichen des Körpers im Dantian zusammenzuströmen. Du spürst, dass da etwas geschieht. Das Qi sammelt sich. Es fühlt sich irgendwie kompakt an, warm, wie ein kleiner Ofen im Bauch.«
• Nach ein paar Minuten, wenn die kranke Person dieses Gefühl entwickelt hat, wird sie aufgefordert, ihre Aufmerksamkeit auf den gesamten Körper zu richten: »Denke nicht mehr an das Dantian. Entspanne dich. Lass dich tragen. Spüre, wie deine Beine getragen werden, deine Arme, dein Kopf, dein ganzer Körper. Du kannst dich völlig loslassen, dich dem tragenden Untergrund überlassen. Das Bett bricht nicht zusammen, wenn du loslässt – es trägt dich. Die Erde trägt dich. Entspanne dich, so dass dein Qi sich ausbreiten und in deinem Körper verteilen kann. Lasse deine Wahrnehmung in deinem Körper ruhen und erlaube dem Qi, sich ungehindert auszubreiten. Mehr hast du nicht zu tun. Es weiß genau, wohin es fließen muss.«
• Etwa zwanzig Minuten lang entspannt sich der Kranke und wird vom Helfer immer wieder mit solchen suggestiven Hinweisen unterstützt. Hat der Kranke Schwierigkeiten, die Entspannung aufrechtzuerhalten, ist es hilfreich, zwischendurch auf die vorbereitenden Übungen zurückzugreifen. Wenn die helfende Person die Übung selbst mitvollzieht, ist es noch besser.
Auch das »Innere Lächeln« gehört zu den Übungen, die man ohne viel Mühe immer wieder praktizieren kann.
Alte und kranke Menschen haben im Allgemeinen viel Zeit, und wenn sie Qi Gong praktizieren, können sie diese Zeit sinnvoll nutzen, um ihre lebendige Vitalität auf allen Ebenen zu verbessern. Sie regulieren ja auf diese Weise nicht nur die Aktivität der organischen Funktionskreise, sondern wirken auch auf ihre emotionale Verfassung ein. Die körperlich-geistige Ganzheit wird angesprochen, und das bedeutet, dass auch die kreative Energie freier fließt.
Qi Gong und der Reifungsprozess
Es ist inzwischen sicher deutlich geworden, dass sich Yi Qi Gong nicht allein auf bestimmte Übungen beschränkt. Die Übungen sind das Handwerkszeug, Qi ist das Material, und die geistige Orientierung, die »Vision«, bestimmt das »Endprodukt«, oder besser, das »Kunstwerk«.
Zumal das Altern ein »Reifen zum Tode« ist, und die Innere Kunst unterstützt diesen kostbaren Reifungsprozess insofern, als sie den Zugang zu einem intuitiven, inhärenten Wissen öffnen kann, dass der Tod ein Verwandlungsprozess ist – ohne Zweifel der gewaltigste Verwandlungsprozess, den wir kennen, und doch (nach taoistischer und buddhistischer Ansicht – oder Einsicht) seiner Natur nach nicht wesentlich verschieden von den vielen Verwandlungen, die unser Körper und unser individueller Geist während unseres inkarnierten Lebens durchmachen. Unsere Zellen erneuern sich alle sieben Jahre, und unser »Ich« ist in ständiger, wenn auch mit zunehmendem Alter verlangsamter Veränderung begriffen.
Wie immer unsere religiöse Überzeugung und unser persönlicher Mythos aussehen
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