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Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)

Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)

Titel: Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulli Olvedi
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Schutz ausstrahlte. Daraus ergab sich für Jack die Erfahrung von einer »tiefen Balance« zwischen sich selbst und der Welt. Jack erklärte, er habe eine Art von weit ausgedehntem, synchronisiertem Muster erlebt, in dem er mit allem und jedem vereint war, vereint in einer Atmosphäre von lebendiger Großmütigkeit und Weisheit. Diese Augenblicke des Aufblitzens eines »höchsten Himmels«, wie er es nannte, wurden zu unvergleichlichen Bezugspunkten auf Jacks psychotischer Reise. Im Gegensatz dazu empfand Jack unsere gewöhnliche Welt als fade, blasse, uninteressante Illusion.
    Für Jack verschoben sich die Welten: »Das Einzige, was für mich etwas bedeutet, ist das Weiße Licht. Ich möchte darin bleiben, und ich möchte, dass niemand da ist und mich stört.«
    Doch das Alltagsleben war voller »Störungen«, und sie machten Jack ungeheuer wütend. Seine Neigung, zur Kompensation seiner Frustration zu religiösen Versammlungen zu gehen und dort in aggressiver Weise seine großartigen »Erleuchtungserlebnisse« mit dem »Weißen Licht« und seine persönliche Überlegenheit zu verkünden, brachten ihm wiederholte Zwangseinweisungen in psychiatrische Kliniken ein. Sein Arzt beschreibt einfühlsam die strenge vegetarische Lebensweise und die erstaunliche Disziplin, der sich sein Patient unterwarf:
Jacks Einsatz an Energie in diesen Praktiken war unermüdlich, und ich respektierte seine zielstrebigen Bemühungen um Reinheit und persönliche Disziplin. Doch war sein Verlangen nach einem lustvollen Erfolg geradezu leidenschaftlich materialistisch. [200]  
    Die Gefahr, solch ein spirituelles Super-Ego zu züchten – auch wenn es nicht wie im Fall Jacks zu derart grellem sozialem Fehlverhalten führt –, sollte nicht unterschätzt werden. Erfahrungen in der Art, wie Jack sie machte – Licht, Bilder, »Gipfel«-Erlebnisse –, sind durchaus nicht unüblich bei einer energetischen oder meditativen Praxis. Man kann diese Erfahrungen nähren und manipulieren, ideologisieren und zur Anreicherung des eigenen Ego verwenden, wie Jack es tat – ein Vorgehen, das für die geistige Gesundheit katastrophale Folgen hat. Man kann sie aber auch als das betrachten, was sie tatsächlich sind: neutrale Phänomene, Manifestationen einer in einer bestimmten Weise angeregten geistigen Aktivität. Doch da sie so außerordentlich verführerisch sind, vor allem, wenn sie auf den Boden einer Mangelmentalität fallen (das war bei Jack nach einer Kindheit voller Schläge und Missachtung der Fall), bietet es sich an, auf sie hereinzufallen. Und die große Unsicherheit in einer materialistisch fixierten Kultur hinsichtlich der Beurteilung geistiger Phänomene – sei es Abwerten (Pathologisieren) oder Aufwerten (absolutes Für-wahr-Halten) – ist zweifellos ein nicht zu unterschätzendes Problem. [201]  
    Meister Zhi-Chang Li betrachtet die Befürchtungen westlicher Menschen, was Gefahren des Qi Gong angeht, als übertrieben:
Man sollte Qi Gong als etwas so Einfaches betrachten wie Sportunterricht. Ich höre oft von den Gefahren der Qi-Gong-Praxis reden. Aber auf der einfachen, grundlegenden Ebene des Qi Gong gibt es keine ernstzunehmenden Gefahren. Beim Sport nehmen es die Leute ja auch in Kauf, dass sie sich vielleicht einmal verletzen. Und ein paar merkwürdige körperliche Phänomene oder eine Phase von geistigem Durcheinander sind etwas ganz Normales und nichts, was man nicht leicht wieder in Ordnung bringen könnte.
    Was »normal« ist, bestimmt natürlich die jeweilige Kultur. Meister der Inneren Kunst pflegten ihre fortgeschrittenen Schüler gelegentlich in den Schutz einer Einsiedelei zu verfrachten, wenn sie Phasen durchlebten, in denen ihr Verhalten gar zu auffällig wurde. Diese Phänomene waren bekannt und konnten richtig eingeordnet werden – ganz im Gegensatz zur Situation im modernen Abendland. Unser Leben ist so kompliziert geworden und verlangt ein so nahtloses »Funktionieren«, dass uns kein Spielraum für »Verrücktheiten« bleibt, die in alten Kulturen gar nicht als solche bezeichnet worden wären.
    Ich fürchte, dass es kein Patentrezept gibt, das hundertprozentige Sicherheit gewährt – keine »sichere« Lehre, kein »sicheres« System, keinen »sicheren« Lehrmeister; aber eine gründliche Auseinandersetzung mit möglichen Gefahren eines »spirituellen Materialismus« [202]   erscheint mir zumindest eine gewisse Grundlage für gute geistige Hygiene zu bieten.
    Tibetisch-buddhistische Übung gegen

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