Das Stockholm Oktavo
angelehnt, warmes Licht drang ins Halbdunkel heraus. Margot klopfte leise und säuselte ein Hallo, dann streckte sie den Kopf durch den Türspalt. »Was ist?«, rief eine irritierte Stimme leise von drinnen.
»Wir haben Besuch«, sagte Margot und zog an ihrem Henkel der Truhe, um zu zeigen, dass wir eintreten könnten. Mit der Hüfte stieß sie die Tür weit auf, und die Helligkeit des Raums strömte heraus. Selten hatte ich in einer kleinen Kammer so viele Kerzen brennen sehen, für einen Moment musste ich die Augen gegen das helle Licht schließen. Das Zitronengelb an den Wänden war das gleiche wie das der Streifen unten im Laden. Es wirkte so, als würde ein halbes Dutzend Spiegel an den übrigen drei Wänden das Licht unendlich reflektieren. Da standen drei, vier nicht zusammenpassende Schränke und an einer Wand ein Himmelbett.
Wir zogen die Truhe in die Mitte des Raums vor ein kleines zusammenklappbares Pult, an dem Christian gerade unter der Lupe den Dorn einzog. Die Stäbe des Fächers waren aus schmucklosem Elfenbein, das graue Blatt hatte dünne Silberbänder, die über den oberen Rand und entlang jeder Falte liefen, sodass es aussah, als würde die Hand, die ihn hielt, Strahlen von Mondschein aussenden. »Welche Dame in der Stadt hat einen so schlichten und doch erlesenen Geschmack?«, fragte ich.
»Erlesen ist er, aber schlicht wirkt er nur. Sein Geheimnis offenbart sich in der Hand seiner Herrin.«
»Die Uzanne?«, fragte ich. Er nickte. »Und was ist sein Geheimnis? Ihre Gattin hat gesagt, jeder Fächer habe eines.«
Christian sah kurz auf, sein Gesicht strahlte, so glücklich war er, über seine Arbeit sprechen zu können. »Das muss die Dame offenbaren, aber ich werde Ihnen einen Tipp geben«, sagte er. »Die Schwanzfeder in diesem Fächer wird ihre Geschicklichkeit zu Hochflügen führen
und
denjenigen festhalten, den sie begehrt.«
Ich sah mir den Fächer genau an. Eine Feder war nicht zu sehen. »Ein schönes Rätsel, Christian. Doch ich würde mir Sorgen machen, der Uzanne eine so schlagkräftige Waffe in die Hand zu geben. Seit ihrer Vorführung in Gullenborg ist klar, dass sie den König samt der Königlichen Garden mühelos zu Fall bringen könnte.«
»Die Uzanne könnte tatsächlich ein ganzes Regiment zu Fall bringen, und es gäbe eine lange Reihe warmer, zerknitterter Bettwäsche auf dem Weg.« Christian öffnete und schloss den Fächer, um ihn zu testen. »Sie ist eine Kriegerin des Eros, nicht wahr?«
Margot stand hinter ihrem Mann und sagte leise: »Denk dran, unser Gewerbe ist die Kunst, mein Gatte, nicht der Krieg.«
»Ich gehe davon aus, dass die Uzanne ihr weibliches Regiment hergeschickt hat, damit es sich bewaffnet«, sagte ich. »Die jungen Damen schienen ganz versessen darauf, ihre Technik zu perfektionieren.«
Christians Lächeln wirkte gezwungen, auf der Suche nach den richtigen Worten. »Die Geschäfte laufen nicht so, wie wir es uns erhofft hatten, aber wir glauben, dass den jungen Damen irgendwann bewusst wird, was einen Nordén-Fächer ausmacht, und dass ihr Debüt uns durch den Winter in eine sonnigere Zeit tragen wird.« Wieder blickte er auf, dieses Mal mit einem echten Lächeln. »Wissen Sie, wir bekommen ein Kind.«
»Das weiß er, Christian. Er hat es als Erster erfahren«, sagte Margot. In ihren Gesichtern konnte ich eine Mischung aus Freude und Angst sehen.
Christian schloss den grauen Fächer, stand auf und schüttelte mir die Hand. »Was bringt Sie an Epiphanias zu uns? Ich hätte gedacht, sie als Junggeselle wären unter den Feiernden.«
»Das Feiern kann warten, denn ich wurde gebeten, als Kurier für unsere gemeinsame Freundin zu dienen«, sagte ich.
»Er hat Madame Sparvs Truhe gebracht«, flüsterte Margot.
»Ah!« Christians Griff um meine Hand wurde stärker. »Dann kommt es also in die Stadt.«
»Was kommt in die Stadt?«, fragte ich.
Er ließ meine Hand los, ansonsten regte er sich nicht. »So begann es in Frankreich, Emil. Madame Sparv suchte uns am Stefanstag nach Weihnachten auf. Wir sprachen ausführlich über Geometrie, unsere beiden Könige, die Bande, die unsere Länder einen, die Nacht, die sich über Frankreich gesenkt hat. Und wir haben einen Plan geschmiedet für den Fall, dass solche Dinge auch hier in Stockholm eintreten.«
»Was für einen Plan?«, fragte ich. Margot und Christian warfen sich Blicke zu. Keiner sprach. Dass Madame Sparv mich erst vor einer Stunde wie einen Sohn geküsst, mir ihre wahren Pläne aber
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