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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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verheimlicht hatte, schnürte mir die Kehle zu. Dennoch zwang ich mich, zu lachen. »Nun, sie nennt Sie ihren Betrüger, Christian, und es zu verraten würde den Spaß verderben.«
    »Das ist kein Spaß, Sekretär«, sagte Margot, »das ist Krieg.«
    Ich hörte das Wort und spürte, wie ich mich versteifte, als müsste ich einen Hieb parieren. Als ich den Mund aufmachte, um ihre Ängste zu zerstreuen, konnte ich nur auf meine nassen Schuhe starren, die nun drückten. »Verzeihen Sie«, sagte ich, »ich hätte die Schuhe an der Tür stehen lassen sollen.«
    Sie sahen mich mit einer Mischung aus Konfusion und Mitleid an. »Sie sind verstört«, sagte Margot. »Ich bringe Ihnen Wasser.« Sie eilte hinaus – Christian folgte ihr mit den Augen – und kam mit einer Tasse so kalten Wassers wieder, dass es wehtat, als ich es schluckte. Das Kratzen in meinem Hals wurde zu einem Pochen, und ich zog meinen Schal enger. »Sie sind herzlich eingeladen, ein spätes Abendessen mit uns einzunehmen, Emil«, sagte Margot.
    »Nein, danke«, antwortete ich schnell. Ich war zu fassungslos, um zu essen, und wollte nicht länger über diesen heraufziehenden Sturm sprechen. »Morgen ist Epiphanias, und heute Nacht will ich feiern, als wäre es das letzte Mal.«
    »Gut, Emil. Die Fastenzeit kommt noch früh genug«, sagte Christian und schüttelte mir die Hand. »Wir sehen uns bei der nächsten Unterrichtsstunde der Uzanne.« Er deutete auf das Pult, wo der Silberrand des grauen Fächers glänzte. »Dann werden Sie erleben, dass er keineswegs schlicht ist.«
    Ich verneigte mich vor ihm, küsste Margots kleine warme Hand und versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie eilig ich es hatte, wegzukommen. Ich kämpfte darum, mich über Wasser zu halten in dieser großen Flut der Ereignisse, die über meine Kenntnisse, meine Erfahrung und auch über meine Wünsche hinausgingen. Schnell stolperte ich die Treppen hinunter und hinaus auf die Straße und hoffte, einen Schlitten zu finden, der mich in die Baggensgatan brachte, wo ich mich ins Vergessen vögeln konnte.

Kapitel 32

Opernloge 3
    Quelle: J. Blom
    »Gustav ist nicht hier, Madame, die königliche Loge ist leer«, sagte Johanna und senkte das Opernglas.
    Die Uzanne schloss an der Armlehne ihres Sitzes ihren Fächer. Das Orchester stimmte die Instrumente, das Publikum strömte zurück auf die Plätze, belebt von Unterhaltungen und Erfrischungen in der Pause. »Keiner von Rang ist heute Abend hier. Außer den Bürgerlichen kommt niemand mehr«, fauchte die Uzanne.
    »Wenn nur Bürgerliche kommen, warum sind Sie dann hier, Madame?«, fragte Anna Maria.
    »Selbst die bitterste Torte wird die Aufmerksamkeit eines hungrigen Mannes auf sich ziehen, Fräulein Plomgren. Ich hatte gehofft, den Blick Seiner Majestät zu erhaschen. Er würde mein Erscheinen als ein Versöhnungsangebot ansehen und noch hungriger werden.«
    »Ein schrecklicher Gedanke«, sagte Anna Maria und beugte sich aus der Dunkelheit ihres Sitzes in der zweiten Reihe vor. »Müssen wir den letzten Akt noch abwarten?«
    »Der letzte Akt ist immer der dramatischste. Und wenn Gustav kommt, wird er auch auf Sie aufmerksam. Seine Gunst haben schon weniger schöne Frauen bekommen.«
    »Ich habe kein Bedürfnis nach seiner Gunst«, flüsterte Anna Maria.
    »Sie müssen lernen, dass der Waffengang in jeder Schlacht eine entscheidende Phase ist. Wenn Sie sich ihm nähern und am betörendsten sind, können Sie Ihrem Auserwählten die Pension abringen, bevor Sie Rache üben.«
    »Rache gegen wen?«, fragte Johanna. Es entstand peinliches Schweigen. »Es heißt, Seine Majestät sei von überwältigendem Charme«, sagte sie schließlich.
    »Charme ist etwas für Schlangen. Und ich wurde schon gebissen.« Anna Maria fasste zwischen den Sitzen hindurch und nahm die freie Hand der Uzanne.
    »Fräulein Blom tut recht daran, Gustavs Talent zu erwähnen«, sagte die Uzanne. »Sie müssen sich jederzeit der Vorteile Ihres Gegners bewusst sein, und Charme ist ein wichtiger Bestandteil jedes Arsenals, vor allem bei Schlangen und Frauen. Lassen Sie mich jetzt los, Fräulein Plomgren, Sie tun mir weh.«
    Johanna legte ihre Hand sanft auf den Sitz der Uzanne und achtete darauf, sie nicht zu berühren. »Madame hat versprochen, heute Abend von der Politik Abstand zu nehmen. Sie wissen, dass es Ihren Schlaf stört.« Johanna betrachtete das Publikum durchs Opernglas. »Hier ist etwas Amüsanteres, Madame, unten im Parkett, eine alte Frau in einer
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