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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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dann sah er weg. »Und offenbar haben Sie eine Schwäche für Faltfächer. Sie wurden verschiedentlich in Nordéns Geschäft gesehen.« Er zog einen kleinen Tiegel mit Salbe aus der Tasche und rieb seine Hände damit ein, während er auf meine Erklärung wartete.
    Ich wurde so rot wie ein gebratenes Schwein. »Es war wegen einer Frau«, murmelte ich.
    »Ihr Interesse ist nur eine weitere Empfehlung.« Er stand auf, zog seinen Überrock an und legte den Schal um. »Kommen Sie, Herr Larsson, lassen Sie uns ein Stück gehen.«
    »Jetzt?«
    Meister Fredrik war schon an der Tür, also nahm ich meinen Umhang, und wir spazierten gemächlich die Lilla Nygatan nach Norden hinauf. Es war eine ruhige Nacht, die Kälte angenehm, der Himmel sternenklar. Ein Schlitten fuhr bimmelnd über einen entfernten Platz, die Hufschläge wurden vom Schnee gedämpft, dann war es wieder still. »Ich bin wohl nur Madames Hilfsspion – in der Funktion eines Kuriers. Fräulein Blom aber ist heute in die Oper eingeladen«, sagte Meister Fredrik.
    »Fräulein Blom?« Mein Gesicht wurde heiß. »Sie ist mir auch gefolgt?«
    »Sie scheint ganz versessen darauf zu sein, in Ihr Leben einzutauchen.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, was Fräulein Blom von mir wollen könnte.« Die Protegée meines Gefährten, so blass und still, könnte gefährlicher sein, als sie aussah, und mir kam in den Sinn, dass sie vielleicht eine Position in meinem Oktavo hatte. »Was sagt die kleine Schwätzerin denn?«
    »Sie können das reizende und kluge Fräulein Blom persönlich fragen, denn Madame Uzanne bittet Sie am 16 . Januar nach Gullenborg. Zu ihrer zweiten Unterrichtsstunde über den Gebrauch des Fächers. Madame ließ durchblicken, dass es sie äußerst, äußerst verdrießen würde, gelänge es mir nicht, Sie von der Dringlichkeit zu überzeugen, mit der sie Ihr Kommen wünscht.«
    »Dringlichkeit?«, fragte ich und blieb abrupt stehen. »Das ist ein deutliches Wort. Aber ich hatte sowieso vor zu kommen, sie selbst hat mich eingeladen.«
    »Madame hat weitere Verwendung für Ihre Talente und will sichergehen, dass Sie anwesend sein werden.«
    »Ich soll die jungen Damen in der Kunst des Spiels unterrichten?«, fragte ich verblüfft von dem plötzlichen und unwillkommenen Interesse an meinem Tun und Lassen. »Soll ich ihnen ein paar Taschenspielertricks beibringen?«
    »Ja, Taschenspielertricks sind genau das, was Madame wünscht, aber nicht für ihre Mädchen.« Meister Fredrik nahm meinen Arm und führte mich zur Munksbron. »Madame sucht einen Mann, der Zutritt zum Spielsalon der Sparv hat und dort etwas verschwinden lassen kann.«
    »Und was soll das sein?«, fragte ich, obwohl ich es schon wusste.
    »Ein Fächer, den Madame Kassiopeia nennt.«
    »Aber der Fächer ging schon vor Monaten verloren!«, sagte ich und entzog ihm meinen Arm.
    »Madame will ihren Fächer zurückhaben, egal mit welchen Mitteln.«
    »Ich verstehe nicht, wieso eine Frau, die haufenweise Fächer besitzt …«
    »Hunderte«, berichtigte mich Meister Fredrik.
    »… warum eine Frau mit mehr als genügend Fächern solch eine Mühe auf sich nimmt, um einen zurückzubekommen, den sie selbst verspielt hat.«
    Meister Fredrik verschränkte die Hände hinter dem Rücken wie ein großer Philosoph auf einem inspirierenden Spaziergang. »Madame Uzanne ist eine Künstlerin, Herr Larsson. Der Inhalt der Werkzeugkiste eines Künstlers ist mit Logik kaum zu erfassen, jedenfalls braucht sie ihren Fächer, um ihre Arbeit zu verrichten. Kassiopeia verleiht ihr unergründliches Selbstvertrauen, lässt die Energien fließen. Für alle, die das nicht aus Erfahrung kennen, ergibt das keinen Sinn. Aber wenn mir jemand meine Werkzeuge wegnehmen würde, würde ich auch versuchen, sie mit allen Mitteln zurückzubekommen. Madame hat der Sparv mehr als nur ein großzügiges Angebot unterbreitet. Sie hat ihr herzzerreißende Briefe geschrieben, hat ihre irrationale Bindung zu dem Fächer eingestanden und gehofft, die Sparv ließe sich erweichen. Dann hat sie gedroht, höhere Instanzen einzuschalten, sie hat tatsächlich bei Herzog Karl vorgesprochen und sich mit Bischof Celsius beraten, aber Madame Sparv wird protegiert. Kurz, die Uzanne ist auf der ganzen Linie abgeblitzt.«
    »Früher oder später verliert jeder beim Spiel«, sagte ich.
    »Madame verliert nie. Niemals. Wenn Sie Kassiopeia nicht durch eine List wiederbekommen, sollen dem Vögelchen die Flügel gestutzt werden. Madame wird Sie mit allem Näheren

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