Das Stockholm Oktavo
Schrank hat?« Hinken wartete auf meinen Kommentar, aber ich sagte nichts. »Und wie ist es für Sie gelaufen?«
»Was?«
»Die Kartenlegerei bei der Sparv, die letzten Sommer so dringend war. Es war die chinesische Acht, oder? Sie sollten damals heiraten.« Hinken goss uns nach.
»Es war die Acht, ja, aber Madame Sparv nennt es das Oktavo. Ich bin gerade mittendrin, aber verheiratet bin ich nicht. Noch nicht.«
»Dann ist also das die Zukunft, die Sie hier in der Stadt erwartet! Wie heißt sie?«, fragte er. »Damit ich auf sie trinken kann.«
»Das darf ich nicht sagen, sie hat noch nicht ja gesagt.« Ich traute meinen eigenen Worten kaum. Ich hatte keinen Grund, Hinken anzulügen, aber mein Ziel, Liebe und Verbundenheit, hatte ein merkwürdiges Eigenleben bekommen. »Mein Oktavo ist noch nicht vollständig.«
»Dann auf Ihr Oktavo!« Hinken leerte sein Glas. »Was es auch sei.«
»Auf die Acht.« Ich schluckte den Alkohol, der brennend meinen Rachen hinunterlief; dann stellte ich das Glas ab und stand auf, wobei ich mir den Schädel an der Dachschräge anschlug.
Hinken lachte. »Verlieren Sie nicht den Kopf, Herr Larsson!«
Ich schüttelte ihm die Hand und ging die Treppen hinunter. Um mich herum erwachte das Haus zum Leben; jemand rief nach einer Waschschüssel, man stritt über fehlende Schuhe, sang ein Liebeslied. Jetzt saß ein junges Mädchen wartend in der Halle, sein dünnes weißes Negligé war von der Schulter gerutscht und enthüllte eine runde Brust, aber Hinkens Warnung hatte meine Lust gedämpft. Stattdessen ermunterte sie zur Flucht und zu der Art von Trunkenheit, die in die Schwärze des Vergessens führt.
Kapitel 34
Aufwiegelung
Quellen: E. L., M. F. L., die Wirtin des Pfauen
Ich setzte mich in den
Pfauen
, eine kleine Schänke am Tyska Brinken, die von einer alten Witwe mit schlechten Augen und noch schlechteren Ohren geführt wurde. Seit einer Woche, seit dem Erscheinungsfest, war dies mein Versteck und meine Zuflucht. Wie an den vergangenen sieben Abenden hatte ich auch heute vor, mich bis zur Bewusstlosigkeit zu betrinken und den Morgen im Bett zu verbringen, dem Amt würde ich eine Krankmeldung schicken. Bislang hatte mein Vorgesetzter es nicht für nötig befunden, mich zu feuern. Gerade hatte ich meinen zweiten Grog bestellt, da sah ich durch das verrauchte Dämmerlicht Meister Fredrik durch die Tür kommen.
»Ein Teufelswetter!«, begrüßte er mich. »Ich sollte zu Hause bei meiner Frau sein, sie ist bestimmt schon verärgert«, sagte er mit erstaunlicher Offenheit, als er seinen Mantel ablegte und sich an meinen Tisch setzte.
Ich bestellte noch einen Grog. »Das ist ja eine Überraschung, Meister Fredrik!«
»Ja, in diesem Viertel verkehre ich für gewöhnlich nicht.« Er zog seine Handschuhe aus und strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Sie aber neuerdings schon.«
Ich erinnerte mich an die dunkle Gestalt vor Nordéns Haus und in der Baggensgatan. Ich fühlte mich tatsächlich seit ein paar Tagen verfolgt, hatte dies aber auf zu viel Alkohol und die politischen Ereignisse geschoben. »Sie sind mir gefolgt. Sie folgen mir seit Epiphanias.«
An seinem Gesicht konnte ich sehen, dass ich ins Schwarze getroffen hatte. Er nippte an seinem Grog und entspannte sich. »Sie hatten in letzter Zeit verschiedene Schatten, und durch ihre ständige Trunkenheit waren Sie ein leichtes Studienobjekt.«
»Bei mir gibt es nichts Bedeutendes zu entdecken, Meister Fredrik. Und wer sollte sich schon für mich interessieren?«
»Im Gegenteil, es gibt da einige interessante Punkte. Madame Uzanne hat gewisse Erkundigungen in Auftrag gegeben.« Er starrte auf ein Astloch im Tisch und leerte seinen Becher. »Jemand hat Ihre sehr enge Verbindung zum Spielsalon einer gewissen Madame Sparv aufgedeckt, wo es im letzten Sommer einen dreisten Diebstahl gegeben hat. Offen gesagt bin ich erstaunt, dass Sie mir nie erzählt haben, dass Sie in diesem Etablissement ein und aus gehen. Immerhin sind wir Logenbrüder und haben eine Art Pakt geschlossen, nicht wahr?«
»Ein Versäumnis, das der Verlegenheit geschuldet ist, nicht etwa Schuldgefühlen. Mir schien es nicht richtig, jemandem, den ich erst so kurz kenne, meine intimsten Geheimnisse zu offenbaren. Vielleicht hätten Sie sich dann von Anfang an von mir abgewandt.« Ich blickte ihn an und hoffte, er würde dieses anbiedernde Geständnis schlucken. »Wir alle haben unsere Schwächen.«
»In der Tat.« Meister Fredrik begegnete meinem Blick,
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