Das Stockholm Oktavo
möglich, den ganzen Raum mit einem einzigen Fächer ins Reich der Träume zu befördern«, flüsterte Johanna.
»Wie haben Sie das geschafft, Madame?«, fragte Anna Maria wissbegierig. »Ich würde es so gern lernen!«
»Das sollten Sie vom Theater kennen, Fräulein Plomgren. Die wahre Kunst besteht darin, den Leuten etwas vorzumachen. Der Rest ist Bühnentechnik.« Unter ihren gepuderten Wangen glühte die Uzanne vor Erregung. Sie wandte sich an Johanna: »Herr Nordén wird doch bestimmt vor morgen wieder aufwachen, Fräulein Blom?« Johanna nickte und starrte auf den Boden. »Das will ich hoffen. Gehen Sie jetzt hinunter zur Köchin und sagen Sie, dass sie extrastarken Kaffee aufbrühen und ihn zusammen mit dem Gebäck reichen soll. Ich will all diese Leute nicht bis zum Einbruch der Nacht hier haben, dann wollen sie womöglich noch ein spätes Souper!« Die Uzanne nahm Anna Marias Arm und ging weg.
Nur zwei Gäste waren der Dominanz nicht erlegen. Pechlin war gekommen, um seine Rivalin um die Gunst des Herzogs zu beobachten, und hatte gesehen, dass sie ein würdiger Gegner war. Aber er blieb nicht, um der Gastgeberin zu danken. Als die Uzanne an Anna Marias Arm in die Eingangshalle eilte, machte er auf dem Absatz kehrt, nahm seinen Gehstock, ließ sich von Luisa seinen Mantel bringen und fand selbst hinaus.
Der andere Gast wachte noch im Salon. Sie hatte die Augen geschlossen und die Luft angehalten, als die Uzanne mit ihrem Fächer vorbeigekommen war, in Wahrheit aber hatte sie sich hinter ihrem Groll verschanzt. Sie wartete, bis die Kaminuhr dreimal schlug, dann stand Margot Nordén auf und folgte Johanna durch den Dienstbotenflur in die Küche.
Kapitel 37
Hitzige Diskussionen
Quellen: M. Nordén, J. Blom, Lil Kvast (Küchenmagd), M. F. L., Luisa G.
Am Fuß der Kellertreppe nahm Margot Johanna am Ärmel. »Ganz kurz, Fräulein Blom.«
Johanna zog ihren Arm weg und eilte in die Küche. »Ich habe zu arbeiten.«
»Genau zu Ihrer Arbeit hätte ich eine Frage«, sagte Margot und packte Johanna am Handgelenk. Angesichts von Johannas Verlegenheit machte die alte Köchin ein schadenfrohes Gesicht.
»Köchin!«, sagte Johanna bestimmt. »Könnten Sie die Dame wohl hinausbegleiten, sie hat sich in die Küche verirrt.«
»Ich nehme von Ihnen keine Befehle entgegen.« Die Köchin drehte sich um und besprach mit der Küchenmagd, dass der Marzipanteig dringend ausgewellt werden musste.
»Wie schade, dass die Gäste nun einem Schlafzauber erlegen sind und Ihre Kuchen gar nicht kosten können!«, sagte Margot.
»Schlafzauber!« Die Köchin blickte erschrocken auf. »In diesem Haus gibt es nur eine, die zu so etwas fähig ist, und nun schläft mein Sylten für immer!« Sie hob die Hand gegen Johanna und schob ihren Daumen zwischen Mittel- und Zeigefinger zum Schutz gegen den bösen Blick. Johanna wurde weiß. »Ich habe das Pulver an seinen Schnurrhaaren gesehen«, hob die Köchin wütend an, »und das haben Sie gemacht!«
»Und was ist mit meinem Schwager? Wird er wieder aufwachen?«, fragte Margot und weigerte sich, ihre Gefangene loszulassen. Johanna nickte. »Wann?«
»Irgendwann heute Abend. Spätestens morgen früh.«
»Oder vielleicht gar nicht mehr«, meinte die alte Köchin. »Wenn Madame ihr nicht so zugetan wäre, würde ich sie …«
»Ich werde mit dem Mädchen schon fertig, Köchin.« Margot zog Johanna außer Hörweite und drückte sie gegen das rohe Holz der Tür zum Rübenkeller. »Was führen Sie im Schilde, Sie und Ihre Herrin?«
Johanna schluckte und wandte den Blick ab. »Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht. Es war Madames Wunsch, dass ich dieses Schlafmittel herstelle. Das mit der Katze war ein Fehler«, sagte sie leise.
Margot fixierte Johanna, das Mädchen war verstört und hatte Angst. »Dann sollte es Ihr letzter Fehler gewesen sein, Fräulein Blom.« In ihrem einfachen Schwedisch brachte sie langsam hervor: »Mein Mann ist Fächerhersteller, er ist Künstler, er braucht eine …
bienfaitrice
oder wie das heißt, eine Person, die für ihn Werbung macht, die ihn unterstützt. Aber wenn mit Madames Fächern Böses getan wird, müssen Sie mir das jetzt sagen. Der Name Nordén darf damit nicht in Verbindung gebracht werden. Verstehen Sie?«
Johanna schlug die Augen nieder und nickte wieder, dann zog sie ihren Arm weg. »Ich weiß nicht, welche Pläne sie hat«, flüsterte sie auf Französisch.
»Dann finden Sie es besser heraus!« Margot hob Johannas Kinn an. »Wenn
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