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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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Enttäuschung ihr Gesicht, und sie seufzte. »Ich gebe zu, dass ich aufgrund dieses hübschen Briefpapiers mit dem frühlingsgrünen Siegel gehofft hatte, Gott würde Ihnen die Gnade der Liebe gewähren.«
    »Erst soll ich züchtig sein, dann soll ich Cupidos Pfeil folgen – also was jetzt, Frau Murbeck?«
    »Sie sind schon zu lange Junggeselle, und bald werden Sie zu griesgrämig sein, um noch etwas anderes zu bekommen als eine bezahlte Haushälterin. Vielleicht kann Ihre Besucherin Ihnen dabei helfen, dieses jämmerliche Schicksal abzuwenden.«
    »Vielleicht will sie mir nur einen Handschuh zurückbringen, den ich einmal im Geschäft ihres Vaters vergessen habe.«
    »Wegen eines Handschuhs schickt niemand einen heimlichen Brief«, gab Frau Murbeck zurück und ging zur Treppe. »Sobald ich die Tür höre, schlage ich die Sahne und stelle mich vor, wenn ich das Tablett bringe. Das erspart uns Klatsch und Tratsch.«
    Ich kicherte in mich hinein – natürlich war Frau Murbeck diejenige, die als Erste tratschte. Die Glocke der Deutschen Kirche hatte schon elf geschlagen, ich setzte mich in den Armsessel und wartete, übte dabei leise verschiedene Begrüßungen und fragte mich, wie Carlotta ihr Haar nun trug und ob sie noch immer die Pomade benutzte, die nach Orangen duftete. Und ob ich je noch einmal eine Orange zu essen bekommen würde. Ein einziges Mal hatte ich eine gegessen – ein Weihnachtsgeschenk von Herrn Blekings Tafel. Ich hatte direkt in die Schale gebissen, der bittere Geschmack war zwar eine heftige, aber nicht unangenehme Überraschung gewesen. Bleking hatte gelacht und die Schale in einem einzigen langen Streifen entfernt. Ich hatte die Frucht gegessen, die Schale aufbewahrt und sie ins Fenster gehängt. Sie hatte viele Monate lang geduftet, bevor sie zu einem welken braunen Kringel geworden war. Bei der Erinnerung daran musste ich eingeschlummert sein, denn ich erwachte mit einem Speichelfaden am Kinn von einem leisen Klopfen. Das Licht im Zimmer verriet, dass es später Nachmittag war, aber es war nicht Frau Murbeck an der Tür, denn sie hämmerte für gewöhnlich wie ein Gerichtsvollzieher. Ich stand auf, wischte mir das Gesicht ab und schritt zu Carlottas Begrüßung.

Kapitel 40

Hoffnung
    Quellen: M. F. L., Luisa G., Küchenmagd auf Gullenborg
    »Und Ihr Logenbruder Larsson?« Die Uzanne saß am anderen Ende des Raums und fummelte an dem Fächer herum, der offen auf ihrem Schreibpult lag. Sie hatte Meister Fredrik den Rücken zugewandt und drückte ein Taschentuch auf Nase und Mund.
    »Er verspricht, Sie zu besuchen, sobald die Pusteln in seinem Gesicht und am Hals verheilt sind, denn bis dahin könnten sie jeden Moment aufplatzen und die Krankheit verbreiten«, sagte Meister Fredrik ernst unter einer dicken Pelzmütze; die untere Hälfte seines Gesichts war mit einem dunklen Seidenschal verhüllt.
    »Hat er mir die Kassiopeia besorgt?« Sie drehte den Kopf und sah Meister Fredrik an.
    Er schloss die Augen, als wäre die Uzanne eine Gorgone. »Ja, das wollen wir hoffen.«
    »Hoffnung ist etwas für Schwache, Herr Lind.« Die Uzanne drehte sich wieder zu ihrem Schreibpult. »Ich habe damit gerechnet, dass Sie sich beugen und bereits zu härteren Mitteln greifen würden. Sie stehen nicht länger unter Quarantäne – also machen Sie sich nützlich!«
    »Wie … genau kann ich Ihnen zu Diensten sein?«
    »Ich möchte mit der Morgenpost drei Muster für die Einladungen zum Debüt.« Meister Fredrik atmete hörbar ein – Papier und Tinte waren harmlos. »Ich muss mich rasch entscheiden, denn in wenigen Tagen verreise ich, und die Einladungen sollen bei meiner Rückkehr fertig sein.«
    »Wohin brechen Sie in diesem wüsten Monat auf, Madame, wenn ich fragen darf?«
    »Ich habe beim Reichstag in Gävle zu tun«, sagte sie. Meister Fredrik drehte den Kopf, als hätte er sich verhört. »Sie können gehen, Herr Lind. Vorerst brauchen Sie nicht wieder nach Gullenborg zu kommen … erst wenn ich Sie rufen lasse.«
    »Ich wünsche Ihnen eine sichere und erfolgreiche Reise, Madame.« Er verbeugte sich und verließ das Zimmer, sein Magen knurrte vor Nervosität.
    Ein Mädchen schob einen Teewagen vorbei und zog den Duft warmen Reisbreis hinter sich her. »Gehen Sie am besten in die Küche, um Ihren Magen zu beruhigen, Meister Fredrik. Die Köchin lässt hier niemanden hungrig weggehen«, sagte die Uzanne und verschwand in ihrem Schreibzimmer.
    »Ja, natürlich«, sagte er. »Köchin!«
    In der Küche

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