Das Stockholm Oktavo
Theorielektionen abhalten.« Sie streckte die Hand aus. Anna Maria fiel in einen Bühnenknicks, der nach einer Zugabe verlangte. Ich hörte, wie Mutter Plomgren auf ihrem Platz auf der Bank über diesen unerwarteten Aufstieg ihrer Tochter gurrte, einen Aufstieg, den sie selbst vorantreiben würde. »Weiter so!«, sagte die Uzanne, und ihren Worten folgten ein Säuseln von Fächern und aufgeregte Stimmen.
Ich wandte meine Aufmerksamkeit Christian Nordén zu, ich wollte ihn im Lichte meiner auftauchenden Acht um einen Gefallen bitten. Nach dem Vortrag hatte er angenommen, er sei nun entlassen, und raffte seine extravaganten Referenzbriefe zusammen. Die Uzanne ging zu ihm, nahm ein Blatt und las es. Steif wartete er auf ihre Reaktion.
»Ich freue mich, dass Sie die Königmutter, die verstorbene Königin Lovisa Ulrika, ehren, eine Herrscherin, die ihre Rolle am Ende richtig lernte – ein Fanal der Kultur, Dienerin des Adels, symbolische Regentin. Ihre Zeit wird
Ära der Freiheit
genannt, Monsieur Nordén. Freiheitszeit. Sie konnte ihren Sohn Gustav nicht ausstehen.«
Margot hatte Christian dringend geraten, sich nicht über Politik zu äußern. Er nickte höflich. »Ich fürchte, ich bin unwissend, Madame, ich war so viele Jahre in Frankreich.«
Die Uzanne akzeptierte diese Ausflucht und nahm seinen Arm. »Ich bin fasziniert von Ihren Theorien, Monsieur Nordén. Alchimisten und Philosophen gleichermaßen haben die Geometrie den Schnittpunkt von Kunst und Wissenschaft genannt – mit einem Wort gesagt, ist dies der Fächer, nicht wahr?« Christian stimmte enthusiastisch zu. »Sagen Sie, liegt die Macht des Fächers Ihres Erachtens in seinem eigenen Wesen oder in der Hand, die ihn hält?«
»Eine Frau mit Ihren Fähigkeiten und der perfekte Fächer würden sich ideal ergänzen.«
Sie seufzte geziert auf und ließ seinen Arm los. »Mein perfekter Fächer ging verloren.« Sie lauerte auf das winzigste Zucken seiner Mundwinkel, ein kaum merkliches Stirnrunzeln. Meister Fredriks Erkundigungen in den Fächergeschäften hatten nichts ergeben, aber sie selbst konnte Druck ausüben, wo er es nicht schaffte. »Auf seinem Blatt ist eine Sonnenuntergangsszene mit einer schwarzen Kutsche dargestellt – so bezirzend, dass sie sogar einen König aus dem Bett seiner Gemahlin trieb. Ich würde alles darum geben, ihn zurückzubekommen.«
»Ich habe Verständnis für Ihre Leidenschaft, Madame«, sagte Christian mit größtem Ernst. »Jeder Fächer, der meinen Laden verlässt, ist für mich wie ein Todesfall. Ich fürchte, das ist eine schreckliche Geschäftsphilosophie.« Nachdenklich blickte er an die Decke und stieß gegen einen Tisch. »Was hatte Ihr Fächer, dass Sie solche Sehnsucht nach ihm haben?«
»Sie sprechen in der Vergangenheit von meinem Fächer, aber er ging lediglich verloren, und ich werde ihn wiederfinden: Kassiopeia. Sie hat einmal einer Frau von großem Einfluss gehört, einer Frau, der ich nachzueifern trachte.« Christian sah sie fragend an. »Madame de Montespan, die erste Mätresse des Sonnenkönigs. Sie hat ihm einige Kinder geschenkt, wenn ich mich richtig entsinne, aber manche sagen, die wahre Macht der Montespan habe in ihren dunkleren Seiten gelegen.«
»Dunkelheit könnte nie eine Seite Ihres Wesens sein, Madame.«
»Manchmal werden wir in die Dunkelheit gezwungen, Monsieur Nordén.« Die Uzanne blieb stehen und streckte die Hand aus, dieses Mal gestattete sie ihm, ihre Haut mit seinen Lippen zu berühren. »Es ist unerlässlich, dass mein Fächerhersteller meine Bedürfnisse vollkommen versteht. Ich freue mich auf eine lange und fruchtbare Verbindung.« Sie drehte sich um und ging zum russischen Botschafter, der in ein Gespräch mit General Pechlin vertieft war.
Christian Nordén setzte sich auf einen freien Stuhl und schloss die Augen, damit seine Freudentränen nicht herausrannen. Ich näherte mich ihm, aber er suchte den Raum nach seiner Frau ab und war zerstreut. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte ich. »Wir sind uns noch nicht begegnet, aber ich bin ein Kunde Ihres Geschäfts und habe Madame Nordén dort angetroffen. Ich bin Sekretär Larsson.«
»Danke, Sekretär, für Ihre Kundschaft und Ihre Nachfrage. Ich freue mich, Sie kennenzulernen«, er umfasste herzlich meine Hand, »und entschuldigen Sie mein Benehmen – ich muss meiner Gattin dringend ein paar gute Neuigkeiten überbringen.«
»Wir haben einiges gemeinsam, mein Herr. Wir sind in derselben Loge, und auch ich bin ein Bekannter
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