Das Stonehenge - Ritual
Teich und die Rückseite des Hauses erkundet hat. Es ist niemand da. Gideons Auto parkt auf der gekiesten Zufahrt vor dem Haus, und nach den schimmernden Spinnennetzen an den Seitenspiegeln zu urteilen ist es schon eine Weile nicht mehr bewegt worden.
Da auf ihr Läuten niemand reagiert, schlägt Megan mit der Faust gegen die Tür und ruft noch ein paarmal seinen Namen, sogar durch den Briefschlitz. Nichts. Sie schreibt ihm einen Zettel, dass er sie anrufen soll, und schiebt ihn durch die Metallklappe. Nachdem sie die Hand wieder zurückgezogen hat, bleibt sie noch einen Moment in Gedanken versunken stehen.
Das letzte Mal hat sie Gideon zusammen mit Smithsen gesehen, hier in diesem Haus. Er hatte einen verängstigten Eindruck gemacht, den sie zu dem Zeitpunkt als psychische Reaktion auf den Tod seines Vaters abtat. Inzwischen weiß sie, dass sie mit dieser Einschätzung falschlag. Womöglich liegt Gideon tot drinnen auf dem Boden.
Sie versucht, rational zu denken. Smithsen würde wohl kaum riskieren, ihn zu töten, nachdem er sie dort getroffen und draußen vor dem Haus sogar mit ihr gesprochen hatte. Immerhin ist sie Polizistin. Es wäre verrückt von ihm, ein solches Risiko einzugehen. Die Logik dieses Gedankens hält sie davon ab, ins Haus einzubrechen – zumindest, bis sie mit Jude Tompkins Rücksprache gehalten hat.
Megan macht kehrt, verlässt das Anwesen auf demselben Weg, wie sie gekommen ist und steuert auf ihren Wagen zu. Als sie den Wagen anlässt, registriert sie im Rückspiegel eine Bewegung. Ein Mann in einer grünen Jacke flüchtet rasch aus ihrem Sichtfeld.
Sie wird beobachtet.
Irgendjemand beschattet sie.
128
Sobald sie das King John Inn hinter sich gelassen hat, beschleunigt sie. Mit Vollgas braust sie in die Landschaft hinaus, die hier sehr weitläufig ist. Hundertzwanzig, hundertdreißig, hundertvierzig. Kein Problem für ihren kleinen Ford Focus. Wenn dieser Kerl ihr folgt, wird er sich schon zeigen müssen.
Kurz vor einer scharfen Linkskurve erspäht sie weit hinten einen anderen Wagen. Er ist ziemlich schnell unterwegs – mindestens so schnell wie sie selbst. Vielleicht verlockt ihn aber auch nur die freie Straße dazu, aufs Gaspedal zu drücken. Sie muss die Probe aufs Exempel machen.
Megan weiß, dass die vor ihr liegende Landstraße bis zu einer Stelle, die bezeichnenderweise Zig Zag Hill heißt, nur noch ein paar sanfte Biegungen zu bieten hat. Sie holt alles aus ihrem Ford heraus, bis sie schließlich mit über hundertsechzig dahinbraust und einen Abstand von mindestens vierhundert Metern zwischen sich und dem ihr folgenden Wagen herausgefahren hat. Als sie die heimtückische Rechtskurve am Fuß des Hügels erreicht, steigt sie auf die Bremse. Brav hält der Ford das Gleichgewicht, während er in die sich direkt anschließende Linkskurve schlittert. Megans Herz schlägt wie wild. Erneut tritt sie auf die Bremse und drosselt ihr Tempo so schnell sie kann, ohne verräterische Reifenspuren zu hinterlassen.
Megan biegt von der Straße ab, hinein in das kleine, rechterhand gelegene Wäldchen. Sie fährt so tief zwischen die Bäume hinein, wie sie nur kann. Binnen weniger Sekunden rauscht draußen der andere Wagen vorbei. Es ist ein cremefarbener Mercedes, mehr kann sie nicht erkennen.
Nun folgt der eigentliche Test. Wenn der Mercedesmann nur zum Spaß so schnell durch die Gegend düst, wird er, sobald er den Hügel und die Serpentinen hinter sich gelassen hat, wieder aufs Gas drücken. Dann wird sie nichts mehr von ihm zu sehen bekommen. Sollte er ihr aber
tatsächlich
folgen, wird er sich in spätestens einer Minute fragen, wo zum Teufel sie hingeraten ist. Er wird vermutlich umdrehen, um zu überprüfen, ob er eine Abzweigung übersehen hat.
Megan legt den Rückwärtsgang ein, stößt vorsichtig zurück auf die Straße und setzt ihre Fahrt zum Präsidium in gemäßigterem Tempo fort.
Kurz nach Cann Common entdeckt sie den Mercedes. Er hält am Straßenrand. Seine Bremslichter leuchten. Sie kann zwei Leute ausmachen, den Fahrer und einen Beifahrer. Das Kennzeichen endet auf 57 MU . Megan schätzt, dass es sich bei den Buchstaben um Initialen handelt.
Matt Utley.
Sie muss daran denken, dass Gideon ihr erzählt hat, er sei mit einer Waffe bedroht worden. Die Bremslichter des Mercedes erlöschen, er biegt wieder auf die Straße ein. Megan gibt Vollgas, als wollte sie den Wagen rammen. Doch das tut sie nicht. In letzter Sekunde biegt sie in eine kleine Zufahrtsstraße ein, die
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