Das Stonehenge - Ritual
seine kleine Zelle ab. Sieben Schritte in der Länge, drei in der Breite. Höchst luxuriös im Vergleich zu der Art, wie sie Caitlyn vermutlich halten.
Er lässt sich wieder auf seinem Strohsack nieder und versinkt in Gedanken. Das Heiligtum ist eine kreisförmige Anlage. Vor seinem geistigen Auge sieht er den Abstieg. Den Rand des äußeren Kreises. Das Große Gewölbe. Den Reinigungsbereich. Die Kammer des Meisters. Ein paar äußere Kammern. Die Zelle, in der er sich gerade befindet. Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen und der Beschreibungen in den Tagebüchern seines Vaters ist er der Überzeugung, einen recht guten Plan von der ganzen Anlage im Kopf zu haben. Er kann sich auch in etwa vorstellen, wo sie Caityln gefangen halten.
Leider fehlt in seinem mentalen Lageplan ein wichtiges Element.
Der Ausgang.
127
Megan hat mit Sammy eine weitere Nacht im Haus ihrer Eltern verbracht. Nach der Neuigkeit bezüglich ihrer »Beförderung« und den von Tompkins geäußerten Bedenken war sie nicht in Stimmung gewesen für einen Abend mit Adam und dessen Bemühungen, im Eilverfahren wieder zu einem normalen Familienleben überzugehen, als wäre nie etwas gewesen.
Während sie unter die Dusche steigt, versucht sie einen klaren Kopf zu bekommen. Die Sorgen von gestern sind alle noch da: Gideon ist verschwunden, Jimmy ist verschwunden. Außerdem soll sie nun Sammy entwurzeln und nach Swindon ziehen.
Sie trocknet sich ab und schlüpft in ihre Kleider. Tompkins hat versprochen, wegen der Sache mit dem Job Einspruch einzulegen und das Ganze zumindest ein wenig zu verlangsamen, damit der Wechsel besser zu bewerkstelligen ist. Aber Megan bezweifelt, dass es ihrer Chefin gelingen wird, den Chief Constable und seinen Stellvertreter umzustimmen.
Ihre Eltern haben inzwischen mit Sammy gefrühstückt und die Kleine für den Kindergarten fertig gemacht. Megan bedankt sich bei ihnen und fährt ihre Tochter zum Kindergarten. Ihr Gehirn läuft währenddessen auf Autopilot. Die Ereignisse des gestrigen Abends haben sie und Tompkins näher zusammenrücken lassen. Näher denn je. Megan hatte sogar den Mut aufgebracht, ihr auch die seltsameren Aspekte der ganzen Geschichte anzuvertrauen. Ihre Chefin wollte wie üblich jedes einzelne Detail wissen, und Megan berichtete wahrheitsgetreu über alles – wirklich alles. Gideon Chases Theorien über religiöse Kulte. Das verschwundene Beweismaterial, das den Metzger Matt Utley mit dem Einbruch auf dem Chase-Anwesen in Verbindung brachte. Einfach alles. Zu Megans großer Überraschung – und auch Erleichterung – wurde sie von Tompkins weder ausgelacht noch hinausgeworfen.
Nachdem Megan nun Sammy abgesetzt und zum Abschied geküsst hat, zückt sie ihr Handy und ruft im Präsidium an. Sie behauptet, sie müsse zum Arzt und könne an diesem Tag nicht zur Arbeit kommen und am nächsten vielleicht auch nicht. Dann versucht sie es erneut bei Gideon und Jimmy. Wieder geht keiner von beiden ran. Dass Gideon noch immer nicht erreichbar ist, verheißt nichts Gutes.
Sie wendet und macht sich auf den Weg nach Tollard Royal.
Es ist ein sonniger, klarer Tag, und die einstündige Fahrt hat auf Megan eine fast therapeutische Wirkung. Tollard Royal ist ein kleines Dorf ganz im Süden von Wiltshire, direkt an der Grenze zu Dorset. Für Touristen gibt es dort nicht viel zu besichtigen, abgesehen von einer Kirche aus dem dreizehnten Jahrhundert und einem Quäker-Friedhof.
Am Chase-Anwesen steht sie vor verschlossenen Toren. Sie drückt mehrmals auf den Klingelknopf und versucht es erneut telefonisch, sowohl auf dem Festnetz als auch auf dem Handy. Ohne Erfolg.
Megan steigt aus und geht die hohe Ziegelmauer entlang, bis die anderen Autofahrer sie von der Straße aus nicht mehr sehen können. Wenn Utley es geschafft hat, eine Schwachstelle in den Sicherheitsvorkehrungen des ehemaligen Hausherrn zu finden, dann kann sie das auch.
Sie wird tatsächlich fündig. Nach einer Kletterpartie auf einen Baum, die Sammy sicher anerkennend beklatscht hätte, ist sie oben auf der Mauer angekommen. Sie geht in die Knie, hält sich mit beiden Händen am Rand der Ziegel fest und lässt sich dann von der Mauer hängen. Das letzte Stück springt sie. Heil unten angekommen, tritt sie aus dem Schatten neben der Mauer auf die weitläufige Rasenfläche.
»Gideon!«, ruft sie zum Haus hinauf. Sie möchte ihn nicht erschrecken, sonst hält er sie womöglich für einen weiteren Einbrecher.
Es dauert mehrere Minuten, bis sie den
Weitere Kostenlose Bücher