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Das Stonehenge - Ritual

Das Stonehenge - Ritual

Titel: Das Stonehenge - Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Christer
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Ihnen und Ihrem Bruder böses Blut gegeben hat, egal, ob erst vor kurzem oder schon vor längerer Zeit, dann muss ich das wissen.«
    Die Schwester stößt ein ironisches Lachen aus. »Zwei Geschwister können zwar kaum unterschiedlicher sein als Tony und ich, aber wir streiten uns trotzdem nie. Wir haben in unserem ganzen Leben noch kein einziges böses Wort gewechselt.«
    Megan sieht keinen Grund, warum die junge Frau lügen sollte. »In Ordnung. Hat er andere Freunde, von denen Sie wissen? Besonders würden mich die Freund
innen
interessieren.«
    »Nein, da gibt es niemand Bestimmten. Zwar lässt er nichts anbrennen, wenn sich die Gelegenheit bietet, aber …« Sie verstummt. »Lassen Sie es mich mal so formulieren: Tony ist nicht der Typ Mann, mit dem eine Frau gerne viel Zeit verbringt.«
    »Warum denn nicht?«
    Sie schnaubt. »Wo soll ich da anfangen? Er hält nicht viel von Körperpflege. Einmal Duschen pro Woche reicht für unseren Tony völlig aus. Und ein Romantiker ist er auch nicht gerade. Tony weiß wahrscheinlich gar nicht, wie man das Wort ›romantisch‹ schreibt.«
    Megan hat sich alles notiert. »Hätten Sie eventuell ein paar neuere Fotos von Tony?«
    Sie überlegt einen Moment. »Das aktuellste, das ich habe, ist ein Passfoto. Sie wissen schon, eines von der Sorte, wie man sie am Bahnhof machen lassen kann.«
    »Wie alt ist das?«
    »Ungefähr fünf Jahre. Es war nicht mal für einen Pass gedacht, wir hatten nur schon ein paar Drinks intus und waren total alberner Stimmung. Da habe ich ihn genötigt, sich mit mir fotografieren zu lassen.«
    »Das müsste schon gehen. Ich schicke Ihnen einen uniformierten Kollegen vorbei. Dem geben Sie bitte das Foto. Anhand der Aufnahme werde ich ein paar Nachforschungen anstellen, und dann sehen wir weiter. In Ordnung?«
    »Ja. Vielen Dank.«
    Megan legt auf und trinkt ihren Tee aus. Sie hat wegen Tony Naylor ein schlechtes Gefühl. Seine Schwester scheint tatsächlich sein einziger Anker zu sein, und wenn sich die beiden nicht entzweit haben, besteht kein Grund, warum er sich nicht mehr bei ihr melden sollte. Was bedeutet, dass er leicht zu finden sein wird.
    Er ist entweder im Gefängnis oder in der Leichenhalle.

38
    Die Fahrt von Tollard Royal nach Shaftesbury dauert nur eine Viertelstunde, aber Gideon Chase braucht dafür doppelt so lange. Immer wieder wirft er einen Blick auf die Landkarte, und durch Ashmore und East Melbury fährt er im Schneckentempo.
    In Cann Common stellt er den alten Audi kurz vor der Ash Tree Road neben der Straße ab, steigt aus und knallt die Wagentür zu. Ihm ist nach einem kurzen Spaziergang zumute. Viel zu sehen gibt es nicht. Bungalows, in denen lauter Rentner wohnen. Ein weißgestrichenes Cottage. Eine schwarze Rauchwolke über einem Garten, in dem jemand Gartenabfälle verbrennt. Endlose grüne Wiesen.
    Eigentlich hat Gideon gar kein Auge für seine Umgebung. Er muss an das denken, was er nicht sehen will. Seinen Vater. Tot. Aufgebahrt in einem Beerdigungsinstitut, das nur noch ein paar Minuten entfernt ist. Bestimmt erwartet ihn dort ein Bestatter, der sich einbildet, die Leiche so schön hergerichtet zu haben, dass man gar nicht mehr merkt, welche Verwüstungen durch die Kugel entstanden sind, mit der sich sein Vater das Gehirn weggeblasen hat.
    Plötzlich muss Gideon sich mitten auf den Gehsteig der ruhigen Sackgasse übergeben. Es ist ihm schrecklich peinlich, dass er es nicht wenigstens bis zum Grünstreifen geschafft hat. Oder zu einem Gulli. Bei dem Gedanken würgt es ihn erneut. Falls ihn jemand beobachtet, ist klar, was die Leute jetzt denken: ein Trunkenbold mit einem Riesenkater. So kann man sich täuschen.
    Peinlicherweise hat er nicht mal ein Taschentuch, mit dem er sich den Mund abwischen kann. Er muss gezwungenermaßen seine Hand benutzen, die er anschließend im Gras neben dem Gehsteig sauberreibt. Mutter Natur sei Dank. Als er den Kopf wendet, sieht er eine Oma mit säuerlicher Miene in ihrer Haustür stehen und ihn böse anfunkeln. In dem Moment fasst er einen Beschluss, der dazu führen wird, dass er zu spät zu seinem Termin kommt. Sei’s drum.
    Zielstrebig kehrt er zu seinem Wagen zurück und fährt rasch durch Cann Common. An einem Kreisverkehr entdeckt er einen Supermarkt.
    Er fühlt sich wie in einem Werbespot, als er mit seinem Einkaufswagen durch die Gänge eilt und alles hineinwirft, was ihm in den Sinn kommt: Milch, Brot, Bohnen, diverse Instant-Nudelsnacks, Orangensaft. Dann folgen – ganz

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