Das Stonehenge - Ritual
Schlauch stehen.«
Dockery versucht Rowlands die bittere Pille zu versüßen. »Wir werden dafür sorgen, dass du involviert bleibst, John, ganz egal, wen sie uns auf Auge drücken. Der Kerl wird genauso lang und hart arbeiten müssen wie du und dein Team.«
Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelt. Sie wissen alle drei, dass ein Anruf zu so früher Stunde nichts Gutes verheißt. Hunt nimmt ihn entgegen und spricht kurz mit seiner Sekretärin, bevor er von ihr mit einer Person verbunden wird, die offenbar wichtig genug ist, um ihn eine kerzengerade, ziemlich verspannt wirkende Sitzhaltung einnehmen zu lassen.
Nach einer knappen Minute legt er auf und gibt sich wieder ganz gelassen, als er den beiden anderen Männern die Neuigkeit mitteilt: »Meine Herren, US -Sicherheitsberater Lock und seine Ex-Frau haben in New York soeben einen Privatjet bestiegen und werden in Kürze bei uns sein.«
70
Barfuß und mit nacktem Oberkörper trainiert Draco in dem extra für diesen Zweck gebauten Fitnessraum seines luxuriösen Landsitzes. Die langen, verspiegelten Wände erlauben ihm, die Muskeln, die er so mühsam herangezüchtet hat, fast ständig im Auge zu haben. In seiner schwarzen Jogginghose sieht der Fünfzigjährige mindestens zehn, wenn nicht sogar zwanzig Jahre jünger aus. Der Gedanke an Serpens lässt ihm keine Ruhe. Er hat den Mann noch nie gemocht. Seiner Meinung nach wird er seinem Sternennamen – der Schlange – nur allzu gerecht.
Ein paar Meter von ihm entfernt beginnt sein Kartenhandy zu klingen. Er wartet schon die ganze Zeit voller Spannung auf diesen Anruf, der ihn auf den neuesten Stand bringen wird. Er bricht seinen zehnten Kilometer auf dem Heimtrainer ab und stellt noch rasch das Musikvideo leiser, das gerade über seinen riesigen Plasmabildschirm flimmert, ehe er den Anruf entgegennimmt. »Alles glatt gelaufen?«
»Nicht alles.« Musca klingt angespannt. »Wir haben die Sache wie geplant erledigt, aber unser Mann ist krank geworden.«
Draco versteht die verschlüsselte Nachricht. »Etwas Ernstes?« Er zieht ein weißes Handtuch von einer Bank und wischt sich damit den Schweiß aus dem Gesicht.
»Möglicherweise, ja.«
Draco lässt das Handtuch fallen und greift nach einer Wasserflasche. »Wo ist er jetzt?«
»Zu Hause.«
»Schau bei ihm vorbei. Vielleicht geht es ihm ja schon wieder besser.«
Musca reibt über die Stelle an seinem Kinn, wo Serpens ihn erwischt hat. »Ich warte bis Mittag, damit er ein bisschen Zeit zum Schlafen hat. Dann schaue ich bei ihm vorbei und rede mit ihm.«
»Warte nicht zu lange.« Draco überlegt einen Moment. »Im Moment sollten wir keine unnötigen Risiken eingehen. Falls er wirklich krank ist, müssen wir uns eine Therapie für ihn einfallen lassen. Eine, die ihn
endgültig
heilt.«
71
Gideon kommt kaum aus dem Bett. Die Videobotschaft seiner Mutter und ihr Geständnis zum Abschied haben ihm den Rest gegeben. Nun fordern Kummer, Schlaflosigkeit und all die aufwühlenden Gefühle ihren Tribut. Zuerst die Offenbarungen seines Vaters – die Geheiligten, die Jünger, die Opfer. Dann der Krebs. Die unheilbare Leukämie, an der seine Mutter gestorben ist. Zu guter Letzt ihre persönlichen Worte an ihn. Lauter Pfeile in sein Herz.
Als er sich nach unten schleppt, löst er ein nervtötendes Glockengetöse aus. Vom Schock noch ganz betäubt, schaltet er die Alarmanlage aus. Dass er sie am Vorabend aktiviert hatte, war ihm völlig entfallen. Mit immer noch wild klopfendem Herzen macht er sich eine Tasse Tee und lässt sich am Küchenfenster nieder, um den Sonnenaufgang zu genießen.
Als schließlich goldenes Licht auf die Bäume und Blumenbeete fällt, vergisst er für einen kurzen Moment seine privaten Tragödien, doch kaum ist der Tee zur Neige gegangen und das ablenkende Schauspiel vorüber, kehren die Sorgen zurück. Sind seine Gene tickende Zeitbomben, die genau wie die seiner Mutter eines Tages explodieren werden? Oder war er tatsächlich durch die seltsame Taufe geheilt worden, die sein Vater in seiner Kindheit mit Wasser von den Steinen an ihm vollzogen hatte? Er muss an die entsprechenden Stellen in den Tagebüchern denken: »Gerne bin ich bereit, mein eigenes Blut hinzugeben, mein eigenes Leben. Ich hoffe nur, dass ich mich der Aufgabe würdig erweisen werde. Würdig genug, um etwas zu verändern – das Schicksal zu ändern, das, wie ich weiß, meinen armen, mutterlosen Sohn erwartet. Ich setze all mein Vertrauen in die Geheiligten – in den Bund,
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