Das Stonehenge - Ritual
»Ich werde allerdings auch keine Zeit damit verschwenden, es herauszufinden.« Sie denkt über seine Beobachtungen nach. »Sie haben recht, das mit den zwei Wodkaflaschen und dem Champagner ergibt keinen Sinn, und dass jemand einen Campingbus in einer Scheune abstellt, ebenso wenig. Noch viel misstrauischer macht mich die Tatsache, dass das Mädchen weiterhin vermisst ist.«
Jimmy schwingt seinen Stuhl neben Megans Schreibtisch. »Glauben Sie, sie hat ihm im Verlauf eines Streits etwas über den Kopf gezogen, vielleicht ein wenig härter als beabsichtigt, und ist daraufhin in Panik geraten?«
Megan schüttelt den Kopf. »Nicht dieses Mädchen. Vergessen Sie nicht, wer sie ist. Die Tochter eines hohen Tiers in der US -Regierung wäre bestimmt nicht so dämlich, den Tatort abzufackeln. In einem solchen Fall hätte sie mit Sicherheit Daddy zu Hilfe gerufen.«
Ihr Einwand erscheint ihm plausibel. »Und die zwei Wodkaflaschen erklärt es auch nicht, schätze ich.«
»Stimmt. Trotzdem frage ich mich, warum sie nicht bei ihm im Bus war.«
»Die beiden haben sich gestritten, und sie ist wütend abgezogen?«
»Das kann ich mir nicht vorstellen. Wäre dem so gewesen, dann hätte sie zu Hause angerufen. Wir haben es hier nicht mit einem Mädchen zu tun, das sich in den nächsten Zug zurück nach London setzt.«
Schweigend hängen beide den gleichen Gedanken nach: Jake Timberland ist tot, weil jemand ihn umgebracht hat, Caitlyn Lock ist vermisst, weil jemand sie entführt hat. Wenn es ihnen gelingt, Caitlyn zu finden, werden sie auch den Mörder erwischen. Hoffentlich, bevor er erneut einen Mord begeht.
68
Serpens und Musca fahren getrennt zu Octans, wo beide duschen, während Volans ihre Kleidung und Schuhe in separate Säcke verpackt, um sie noch am gleichen Tag zu verbrennen. Nach dem Duschen ziehen Serpens und Musca die für sie vorbereiteten frischen Kleidungsstücke und Schuhe an.
An ihren Plätzen am Kartentisch erwarten sie Teller mit kalter Pizza und mehrere eisgekühlte Bierdosen. Keiner von beiden verliert ein Wort über das, was geschehen ist. Sie spielen Poker, Rommé und Cribbage, bis der erste Schimmer Tageslicht durch das staubige Fenster des Hinterzimmers fällt. Vier alte Kumpel, die sich gemeinsam die Nacht um die Ohren schlagen.
Grabb hat keinen Bissen von der Pizza angerührt, trinkt dafür aber wie ein Wikinger. Seit sie sich am Vorabend der Leiche entledigt haben, sind seine Schuldgefühle wegen des Mordes noch viel schlimmer geworden. Dabei war der Felsbrocken, den er dem Jungen auf den Hinterkopf geschlagen hatte, doch kaum größer als seine Handfläche gewesen. Ein Stein dieser Größe hätte ihn nicht umbringen dürfen. Der Junge muss an irgendeinem Schädeldefekt gelitten haben, oder mit seinem Gehirn war etwas nicht in Ordnung.
Für Serpens ändert das nichts an den Tatsachen: Er ist ein Mörder, und das macht ihm zu schaffen. Sollte ihm die Polizei auf die Schliche kommen, wird das seinen Eltern den Todesstoß versetzen. Sie sind beide bereits über achtzig, kaum noch mobil und leben in einer Anlage für betreutes Wohnen. Als er damals ins Gefängnis musste, hielten sie trotz allem zu ihm. Seine Mutter glaubt, dass er sich seitdem nichts mehr zuschulden kommen lässt. Dass er anständig geworden ist, erwachsen. Ein Sohn, auf den sie stolz sein können.
»Möchtest du noch eine Karte?«
Serpens sieht Musca einen Moment an, dann wirft er sein Blatt auf den Tisch. »Ich muss nach Hause und ein bisschen schlafen.« Er wendet sich an die beiden anderen Männer. »Danke für das Essen und alles.«
Musca folgt ihm zur Tür. »Kannst du denn noch fahren? Soll ich dich nicht lieber nach Hause bringen?«
Serpens schüttelt den Kopf. »Ich komme schon klar.«
Musca spürt, dass zwischen ihnen etwas zerbrochen ist. »Bleib doch einfach da und lass uns den Rest des Tages gemeinsam verbringen. Vielleicht hilft dir das.«
»Ich habe dir doch gerade gesagt, dass ich schon klarkomme.« Er klingt angespannt.
Ihre Blicke treffen sich für einen Moment, ehe Serpens die Haustür öffnet und in das kühle Morgenlicht hinaustritt.
Musca folgt ihm. »Warte!«
Serpens ist nicht mehr in der Verfassung zu warten. Wortlos entriegelt er seinen Warrior.
Musca legt ihm energisch eine Hand auf die Schulter. »Warte einen Moment, wir müssen wirklich …«
Serpens’ Faustschlag trifft Musca völlig unerwartet. Es ist ein Schlag, nach dem Serpens schon seit Monaten zumute ist. Geboren aus Frustration,
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