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Das stumme Lied

Titel: Das stumme Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Zukunft gesagt hatte. Sie beschloss, ihr Studium fortzusetzen oder sich wenigstens für das nächste Semester einzuschreiben. Das würde eine gute Deckung sein, außerdem würde es ihr ihre Eltern vom Leibe halten.
      In der Zwischenzeit würde sie versuchen herauszufinden, wer sie verstümmelt hatte. Das könnte Monate dauern, wusste sie, aber immerhin hatte sie jetzt entdeckt, dass das dafür nötige Wissen vorhanden war, eingesperrt in ihrem Inneren. Natürlich musste sie aufpassen, dass niemand vermutete, was sie wirklich vorhatte; sie musste den Anschein erwecken, als würde sie einfach wieder mit ihrem Leben vorankommen und die Vergangenheit hinter sich lassen. Sie hatte noch keine Ahnung, was sie tun würde, wenn sie tatsächlich etwas entdeckte, doch sie musste den Schlüssel finden, der ihr die Stimme offenbarte, und dann ... Zunächst musste sie jedoch eine Menge nachdenken und planen.
     
     

* 41
    Susan
     
    Als der Mann den Zeitungsladen endlich verließ, bekam Sue ihre Atmung wieder unter Kontrolle. Sie kaufte ihre Zeitungen und eine Schachtel Zigaretten und ging dann hinaus in den Nieselregen.
      Er hatte das Ende der Straße erreicht und bog nach links ab, die Straße hinab zum Fluss. Ohne genau zu wissen, was sie vorhatte, begann Sue ihm zu folgen. In der Annahme, dass er dort wohnte, erwartete sie, dass er sich in die Sozialsiedlung wandte, doch das tat er nicht. Statt jedoch direkt zur Church Street zu gehen, bog er nach rechts in eine enge Gasse ein, die parallel dazu verlief.
      Auf der rechten Seite der Straße standen keine Häuser, dort erstreckte sich nur ein Stück Brachland, das zum Südrand der Sozialsiedlung hinaufführte, die von der Bodenerhebung fast verdeckt war. Auf der linken Seite stand eine Reihe kleiner Einfamilienhäuser. Es waren einfache Wohnhäuser aus rotem Ziegelstein mit Schieferdächern, doch jedes hatte ein eigenes Grundstück mit Vorgarten. Durch die rückwärtigen Fenster konnte man zudem über den Hafen zur West Cliff schauen und ein guter Ausblick kostete immer Geld.
      Sue hatte versucht, in angemessener Entfernung hinter dem Mann zu bleiben, und glaubte nicht, dass er sie bemerkt hatte. Hinter der Häuserreihe lag ein weiteres mit Unkraut und Nesseln überwuchertes Gelände, wo die Straße in einen engen Feldweg überging, der nach links schwenkte und irgendwo am Esk auf die Church Street treffen musste. Auf dem freien Gelände könnte es schwierig werden, ihm zu folgen, dachte Sue. Obwohl sie in ihrem langen marineblauen Regenmantel und der Kapuze völlig unauffällig aussah, könnte er sie vom Laden her wiedererkennen, wenn er sich umdrehte. Und dann würde er sich fragen, warum ihm eine Touristin durch einen solch unattraktiven Teil der Stadt folgte.
      Doch noch ehe sie Zeit hatte zu entscheiden, ob sie weitergehen oder umdrehen sollte, sah sie ihn auf die Tür des letzten Hauses in der Reihe zuhalten. Sie blieb stehen, versteckte sich hinter einem geparkten Lieferwagen und schaute zu, wie er den Schlüssel ins Schloss steckte und eintrat. Dort wohnte er also. Sie fragte sich, ob er allein lebte. Wenn er tatsächlich der Mann war, der sie überfallen hatte, und nachdem sie seine Stimme gehört hatte, war sie sich da sicher, lebte er wahrscheinlich allein.
      Dann musste sie an Peter Sutcliffe denken, den York-shire Ripper, der während der Zeit, als er dreizehn Frauen getötet und zerstückelt hatte, mit seiner Frau Sorna zusammengelebt hatte. Und hatte es nicht zwei oder drei andere gegeben, die seine Attacken überlebt hatten? Sue fragte sich, was aus ihnen geworden war. Nichts war unmöglich, doch irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, dass der Mann, den sie suchte, sein Leben mit einer Frau teilte.
      Nachdem er im Haus verschwunden war, wandte sich Sue ab und ging die Straße zurück. Im Moment konnte sie nichts weiter tun. Erforderlich war nun ein wenig sorgfältige Planung. Sie konnte nicht einfach hereinplatzen und ihn töten; sie musste ihn nach Einbruch der Dunkelheit an einen abgelegenen, freien Ort locken. Da sie genau an einem solchen Ort überfallen worden war, glaubte sie, an einem ähnlichen Ort größere Chancen zu haben, den Spieß erfolgreich umzudrehen. Er war stärker als sie, also musste sie gerissen vorgehen. In einem Haus oder auf der Straße konnte sie es sich nicht vorstellen. Doch jetzt wusste sie, wo er wohnte, und dieses Wissen war beruhigend. Es verschaffte ihr einen Vorteil.
      Wie als Signal ihres Eintritts

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