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Das stumme Lied

Titel: Das stumme Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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in das touristische Whitby hörte der Nieselregen auf, die Wolken begannen aufzubrechen und ließen hier und dort ein paar schwache Sonnenstrahlen hindurch. Sie war wieder im engen, mit Kopfstein gepflasterten Teil der Church Street, nördlich der Whitby Bridge. Dort ging das Leben seinen normalen Gang: Wie immer schlenderten Familien und Liebespaare durch die Straße und blieben stehen, um sich die Schaufenster der Schmuckläden und der kleinen Geschenkboutiquen anzuschauen, die aromatisierte Karamellbonbons oder Päckchen mit Earl Grey und kolumbianischen Kaffee verkauften.
      Es war halb zwei und Sue hatte noch nichts gegessen. Außerdem konnte sie es kaum abwarten, die Zeitungen zu lesen. Sie ging ins Black Horse, kaufte ein halbes Pint Lager und bestellte ein Steak mit Nierenpastete. Das Lokal war mäßig besucht, hauptsächlich von jungen Paaren, die zu Mittag aßen und ihre Regenmäntel auf die Nachbarstühle geworfen und Schirme an die Wand gelehnt hatten. Sie fand einen kleinen Ecktisch und nahm Platz, um beim Essen die Zeitungen zu lesen.
      Im Independent stand nichts über den Studentinnen-Schlitzer. Fast eine Woche war vergangen, seit er zum letzten Mal zugeschlagen hatte. Wenn die Polizei ihn nicht fasste oder einen wichtigen Hinweis fand, würde es erst dann Neuigkeiten von ihm geben, wenn er sein nächstes Opfer aufgeschlitzt und erwürgt hatte. Sue war dazu auserkoren, dass dies niemals geschah. Sie warfeinen kurzen Blick auf die Schlagzeilen - Krieg, Lügen, Korruption, Leid - und widmete sich dann besorgt der Lokalzeitung.
      Die Nachricht stand auf der Titelseite und starrte sie direkt an:
      HÄNGEN DIE BEIDEN VERBRECHEN ZUSAMMEN? Die Polizei in Whitby versucht herauszufinden, ob zwischen dem Mord an einem Einwohner Whitbys, Jack Grimley, und der schweren Verletzung eines australischen Staatsbürgers, Keith McLaren, der am vergangenen Abend bewusstlos von einem Forstarbeiter im Wald nahe Dalehouse gefunden worden war, eine Verbindung besteht. McLaren, der schwere Kopfverletzungen erlitten hat, liegt im St.-Mary's-Krankenhaus in Scarborough im Koma. Die Ärzte wollten keine Angaben über seine Heilungschancen machen, ein Sprecher des Krankenhauses ließ jedoch verlauten, das Risiko einer permanenten Gehirnschädigung sei erheblich. Auf die Frage, ob die Taten womöglich auf das Konto derselben Person gingen, sagte ein Polizeisprecher unserem Reporter: »Es ist noch zu früh, um das zu sagen. Wir untersuchen zwei verschiedene Fälle, beide mit ähnlichen Kopfverletzungen, bisher gibt es jedoch keine Beweise für eine Verbindung zwischen diesen beiden Männern.« Der Polizei liegt immer noch daran, jeden zu befragen, der Grimley gesehen haben könnte, nachdem er am letzten Donnerstag den Lucky Fisherman verlassen hat. Außerdem ist sie daran interessiert, die Identität einer Frau zu ermitteln, die am Nachmittag des vergangenen Montags in Hinderwell mit McLaren gesehen worden ist. Sie wird als jung beschrieben, mit kurzen, hellbraunen Haaren, gekleidet mit Jeans, einer grauen Jacke und kariertem Hemd. Wer diese Frau kennt, soll sich umgehend bei der Polizei melden.
      Sue legte die Zeitung auf den Tisch und versuchte ihre zitternden Hände zu beruhigen. Er war nicht tot! Keith war nicht tot. Sie hätte wissen müssen, dass sie ihn nicht kräftig genug geschlagen hatte. Statt ihre Aufgabe zu Ende zu bringen, hatte sie Angst vor diesem verfluchten Hund gehabt und war davongelaufen, ohne sich zu vergewissern. Vielleicht hatte er ihr auch Leid getan und das hatte sie weich gemacht. Doch es war ihr nie in den Sinn gekommen, dass sie ihn nicht getötet haben könnte. Was sollte sie nun tun? Und wenn er durchkam und der Polizei erzählte, wer sie war? Sie hatten bereits eine Beschreibung von Martha Browne.
      Sie schob den Rest ihrer Pastete zur Seite und zündete sich eine Zigarette an. Ihr war der Appetit vergangen. Dennoch musste sie sich zusammenreißen. Sie ging an die Theke, bestellte einen doppelten Brandy und setzte sich dann wieder hin, um den Artikel noch einmal sorgfältig zu lesen. Sie musste Acht geben, nicht in Panik zu geraten, nicht jetzt, da sie die Fährte ihrer tatsächlichen Beute aufgenommen hatte. Sie musste klar denken. Zunächst einmal war die Beschreibung der Frau ungenau, zudem ähnelte sie gewiss nicht ihrem jetzigen Erscheinungsbild. Doch würde sich vielleicht der Betreiber der Pension in der Abbey Terrace an sie erinnern? Und was war mit Grimleys Kumpeln im Lucky

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