Das stumme Lied
Lust. Mehr nicht.«
»Ich bin mir sicher, dass Galen damit zurechtkommen wird.«
»Natürlich wird er das, mein Schatz. Natürlich wird er das.«
»Sarah, ich bin durstig. Würdest du mir etwas Wasser geben, bitte? In einem Arm habe ich diese verdammten Schläuche und der andere ist einfach zu schlapp.«
»Klar.« Sarah nahm die Plastikflasche vom Nachttisch und hielt sie für Kirsten so geneigt, dass sie problemlos am Strohhalm ziehen konnte. »Als wäre man wieder ein Scheißbaby, oder?«
Kirsten nickte und nahm dann den Strohhalm aus dem Mund. »Okay, das reicht. Danke. Ich hasse es, so hilflos zu sein.«
Sarah stellte die Flasche zurück und nahm wieder ihre Hand.
»Und was ist mittlerweile in der Außenwelt passiert?«, fragte Kirsten.
»Also, einen Atomkrieg hatten wir noch nicht, wenn du dir deshalb Sorgen gemacht hast. Und die Polizei war da und hat uns alle nach dir gefragt.«
»Woher wussten sie, wer ich bin?«
»Sie haben deine Umhängetasche gefunden. Wie ich sehe, weißt du von nichts, da könnte ich dir doch erzählen, was ich weiß. Soll ich?«
Kirsten nickte langsam. »Aber nicht über ... du weißt schon ... den Überfall.«
»In Ordnung. Wie gesagt, was genau passiert ist, weiß ich nicht, aber anscheinend hat dich ein Mann, der seinen Hund im Park Gassi geführt hat, gefunden und schnell gehandelt. Angeblich hat er dir das Leben gerettet. Sobald die Polizei durch deinen Studentenausweis wusste, wer du warst, waren sie in der Uni und haben Fragen über deine Freunde gestellt. Es hat nicht lange gedauert, bis sie von der Party erfahren haben, deshalb bekamen wir am nächsten Tag alle Besuch von Constable Plod. Ich vermute, sie dachten, einer von uns könnte dich verfolgt haben, um dich um die Ecke zu bringen, aber nach dir hat lange keiner die Party verlassen. Ich bin bis zwei geblieben, und Hugo war auch noch da und wollte mir die ganze Zeit an die Wäsche. Sie haben sogar von dem Streit im Ring O'Bells erfahren. Ich wette, dass dieser faschistische Wirt und sein Gorillakumpel auch ordentlich in die Zange genommen worden sind.«
Kirsten nickte. »Ja, das hat der Superintendent erwähnt. Die Polizei war schnell, oder?«
»Tja, was erwartest du? Du bist eine arme, unschuldige Studentin und dein Vater ist Geschäftsführer dieser furchtbar geheimen Elektronikfirma der Regierung. Verbindungen, Baby. Du bist ja nicht irgendeine Nutte auf Kundenfang gewesen, oder?«
»Sei nicht so zynisch, Sarah.«
»Entschuldige. Ich wollte nicht gefühllos klingen. Aber es stimmt doch, oder?«
»Keine Ahnung. Ich möchte gerne glauben, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um Menschen zu schnappen, die anderen so etwas antun, egal wem.«
»Würde ich auch gerne, aber träum nur weiter, Kindchen.«
»Was ist mit den anderen? Wie geht es ihnen?«
»Hugo ist ein paarmal vorbeigekommen, und Damon hat seinen Ferienjob um eine Woche aufgeschoben, um dich zu besuchen, aber da warst du noch außerhalb der Welt. Sie haben Blumen und Karten hier gelassen.« Sie deutete zum Nachttisch.
»Ja, ich weiß. Sag ihnen danke von mir, ja?«
»Du kannst ihnen bald selbst danken. Ich bin mir sicher, dass sie wiederkommen werden, jetzt wo sie wissen, dass du wieder unter den Lebenden weilst.«
»Wo sind sie denn?«
»Hugo ist nach Hause nach Bedfordshire gefahren, wo er bestimmt seine Eltern schröpft und für den Rest des Sommers jedes einheimische Milchmädchen flachlegt. Und Damon arbeitet bei der Hopfenernte in Kent. Stell dir das vor, der arme Damon macht sich seine feinen Hände schmutzig!«
»Dann sind alle weg.«
»Ja, außer mir. Und mich wirst du so leicht nicht los.« Kirsten lächelte und Sarah drückte wieder ihre Hand. »Sie kommen zurück. Wart's nur ab. Aber ich werde jetzt besser gehen. Du siehst erschöpft aus.«
»Kommst du bald wieder?«
»Versprochen. Ruh dich aus.« Sarah beugte sich herab, küsste leicht ihre Stirn und ging dann.
Als Kirsten allein dalag, versuchte sie all das zu verarbeiten, was Sarah ihr erzählt hatte. Natürlich konnte sie von den anderen nicht erwarten, so lange in der Nähe zu bleiben, und bestimmt hatte ihnen der Besuch von der Polizei einen Heidenschrecken eingejagt. Hugo hatte wahrscheinlich geglaubt, sie wären wegen des Gramms Koks gekommen, das er gekauft hatte, um den Semesterabschluss zu feiern. Dennoch fühlte sie sich allein und im Stich
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