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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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die Hölle, in der die Häuserskelette Rauch husteten. Erst in dem abgeschotteten Viertel der Superreichen trugen die Bäume wieder Grün, war Magnolienduft in der Luft und Grillengezirpe zu hören. Cording gesellte sich zu Maeva, Steve und Rudolf in den Salon. Knowles folgte nur wenige Minuten später. Er erzählte von seinem Ausflug nach Malibu, von den verrotteten Piers entlang der Küste, die wie gebrochene Finger in den Pazifik ragten, von dem zerstörten Hindutempel, von den verwilderten Parks in der Santa Monica Bay und von der heruntergewirtschafteten Getty-villa, in der er als Student einst die Antikensammlung des Gettymuseums bewundert hatte. Cording verließ die Runde als Erster, er ertrug es nicht, von Maeva zärtlich berührt zu werden. Als sie ihm später nach oben folgte, stellte er sich schlafend, was sie veranlasste, ihn noch sanfter zu streicheln als zuvor. In Spiralen und Schnörkeln, wie eine gewissenhafte Priesterin der Liebe, stolz auf das Vergnügen, das sie ihm zu bereiten glaubte. Ihre verfeinerten Zärtlichkeiten waren schlimmer zu ertragen als die hingehauchten Nackenküsse, die sie ihm im Salon verabreicht hatte. Cording vergrub seinen Kopf in ihrer Achselhöhle, er wollte nicht mehr gesehen werden.

Die Verbannung
    Maeva war es nicht mehr gewohnt, allein zu fliegen. Sie kam sich irgendwie verloren vor. Gut, Rudolf und seine Männer waren noch an Bord, aber die hielten respektvoll Abstand. Sie dachte an Rajani und Aung San Suu Kyi, die sie nach ihrer Amtseinführung ein Stück begleitet hatten und denen sie so viel Zuversicht und Selbstvertrauen zu verdanken hatte. Sie dachte an Cording, an Steve und Shark, mit denen sie auf ihren Flügen so herrlich herumalbern konnte, ohne dabei die Arbeit aus den Augen zu verlieren. Und sie dachte an John Knowles, das jüngste und zugleich älteste Familienmitglied auf ihrer Reise. Sie mochte diesen immer etwas mürrisch wirkenden Amerikaner. Er war grundehrlich, und wenn man ihn ein wenig näher kennenlernte, war man überrascht, wie humorvoll und warmherzig er sein konnte, wie besorgt. Maeva fiel ihr Gespräch im Hollyhock House ein, das sie geführt hatten, nachdem Cording aufs Zimmer gegangen war. Knowles hatte sie auf die Gefahren hinzuweisen versucht, denen sie sich seiner Meinung nach seit Monaten unnötigerweise aussetzte. Ihre verbalen Attacken auf GENius und die Atomindustrie würden auf Dauer nicht ungestraft bleiben, hatte er gesagt, davon könne sie ausgehen. Als sie ihm etwas flapsig entgegnete, dass niemand die Zukunft gewinne, der die Gegenwart nicht beim Namen nenne, zeigte er sich von einer Seite, die sie an ihm noch nicht kannte. »Sie sind besessen, Maeva!«, antwortete er resignierend. »Besessenheit ist ein Spiel für junge Menschen. Ich kann Ihnen da nicht länger folgen …« Sie hatte seinen Worten keine größere Bedeutung beigemessen. Ihre drei Männer waren am nächsten Tag bei CBS in New York verabredet, um herauszufinden, ob sich »Maevas Reise« auf sichere Füße stellen ließ. Und morgen, spätestens übermorgen würde man sich auf dem Anwesen eines sympathisierenden Milliardärs in Patagonien wiedersehen.
    Maeva blickte über die Tragfläche in das endlose Blau des Himmels. Hatte sie wirklich, wie Knowles meinte, die Bodenhaftung verloren? »Ich kann Ihnen nicht länger folgen …« Was konnte er damit gemeint haben? Sie war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob John Knowles zurückkehren würde. Und die anderen, Cording und Steve, würden die zurückkehren? Sie fuhr auf ihrem Sitz herum wie eine aufgescheuchte Eidechse. Warum hatte Rudolf in Los Angeles darauf bestanden, dass nicht die Crew von Malcolm Double U das Flugzeug flog, sondern Uira und Arenui aus ihrer Leibgarde, die ihr schon als Piloten in Tahiti zur Verfügung gestanden hatten? Warum sprachen Rudolfs Männer nicht miteinander, warum hockten sie da, als würden sie zu einer Beerdigung geflogen? Und Rudolf selbst! Warum blätterte er seit einer Stunde in diesem Magazin, ohne sich ein einziges Mal nach ihr umgedreht zu haben? Nun ja, jetzt drehte er sich um, aber das änderte doch nichts an dieser grauenvollen Stimmung!
    Sie winkte ihn zu sich. Ihr oberster Leibwächter deutete an, dass er zuvor noch kurz im Cockpit vorbeischauen müsse. »Was macht ihr denn alle für Gesichter?«, fragte Maeva, als der Tahitianer mit dem deutschen Namen endlich bei ihr in Malcolm Double Us fliegendem Büro Platz genommen hatte. »Nun sag schon, was ist los?«
    Rudolf

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