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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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Zeitpunkt der Aktion hält er für richtig. Je schneller, desto besser. Wird knapp. Schon übermorgen soll die Privatmaschine von Malcolm Double U bereitstehen, mit der uns der exzentrische Milliardär in Patagonien einfliegen lassen will. Soweit ich Maeva verstanden habe, warten in Malcolms Pampapalast noch andere Superreiche auf sie. Tut mir leid, Jungs, ihr werdet die schöne Erlöserin aus der Südsee, die ihr so gerne gesponsert hättet, nicht zu Gesicht bekommen!
    Das einzige Problem ist Steve. Er darf von der Geschichte auf keinen Fall Wind bekommen, weder jetzt noch später. Um zu verhindern, dass er mit Maeva ins Flugzeug steigt, hatte Knowles eine geniale Idee: Wir fliegen mit dem Jungen morgen nach New York, wir werden bei CBS vorstellig! Amerikas größter Fernsehsender hatte vor einigen Monaten Interesse an »Maevas Reise« durchblicken lassen. Steve und Shark fanden das gar nicht lustig, sie hatten es nicht einmal für nötig befunden, zu antworten. Inzwischen hat sich die Situation verändert, die Probleme im Internet häufen sich. In China, Russland, Südafrika und einigen anderen Ländern sind wir von den Servern geflogen, woanders versucht man uns durch Hackerangriffe zu stoppen. Knowles kennt den Chefredakteur der Evening News bei CBS . Vielleicht geht da was. Selbst wenn nicht: Als Alibi eignet sich der Besuch hervorragend.
    Sie bewohnten das »Hollyhock House« des berühmten Baumeisters Frank Lloyd Wright in Little Armenia, einem Stadtteil im Bezirk Hollywood. Die architektonische Perle aus den 1940er-Jahren gehörte Malcolm Double U. Cording hätte die Tage lieber in der Anonymität eines Hotels verbracht. Das Haus erinnerte ihn mit seinen glatten Putzflächen und Ornamenten an einen Mayatempel. Bei dem Begriff Tempel musste er automatisch an Opfer denken. Tempelopfer – lag doch nahe. Er hätte Knowles’ Einladung annehmen und ihn auf dessen Spritztour nach Malibu begleiten sollen. Im hauseigenen Buick Caprice von 1986. Blau metallic, Klimaanlage, zweiundzwanzig Liter Super auf hundert Kilometer. »Wo gibt’s das heute noch?«, hatte Knowles augenzwinkernd gefragt, als er die Limousine genüsslich über den knirschenden Kies um die Blumenrabatte lenkte, bevor er sie federnd auf die Straße setzte.
    Cording verweilte unschlüssig zwischen den Wasserspielen im Hof. Er fürchtete sich davor, ins Haus zu gehen. Er wollte Maeva nicht in die Arme laufen. Sie fühlte sich an diesem Platz sichtlich wohl, sie war gut gelaunt und voller Zuversicht. Er fragte sich, ob Omai wohl an seinem Plan festhalten würde, wenn er Zeuge dieser unverfälschten Heiterkeit geworden wäre, mit der seine Schwester hier alle zu bezaubern wusste, selbst das Personal. Steve war wie ausgewechselt. Er trug ein nerviges Dauergrinsen im Gesicht, das extrem provozierend wirkte. Jedenfalls auf Cording, der im Voraus Verachtung für sich selbst empfand. Eigentlich hätte er es wissen müssen: Er war nicht geschaffen für den Verrat. Nicht weil er reinen Herzens gewesen wäre, sondern weil er dem Stress einer Intrige nicht standhielt. Da mochte der Verrat noch so gut begründet sein, am Ende blieb dieses eklige Gefühl, den Rest seines Lebens in Einsamkeit verbringen zu müssen.
    Sein Gemütszustand konnte Maeva unmöglich verborgen geblieben sein. Aber sie ließ sich nichts anmerken. Sie ließ sich nicht einmal blicken. Nicht in seiner Nähe. Er hörte sie am Pool, auf der Terrasse, im Garten, auf dem Balkon – ihr Lachen verhedderte sich in den Hecken, und wenn sie schwieg, schien die Zeit stillzustehen. Zwischendurch bat man ihn zum Dinner und zum Nachmittagstee, aber er zog es vor, nicht zu erscheinen. Stattdessen schlenderte er in der Abenddämmerung den abgewrackten Sunset Boulevard hinunter, was in der Regel mit einem Überfall oder einer Schusswunde endete. Aber Leuten wie ihm, denen das egal war, weil sie insgeheim hofften, vom Schicksal an der Ausübung ihres eigenen Verbrechens gehindert zu werden, passierte das natürlich nicht. Es war die Aura des Bösen, die ihn schützte, und er fühlte sich böser als alle Gangster zusammen, die an den Ecken des Winona Boulevard und des North Kingsley Drive herumlungerten …
    »Sind Sie wahnsinnig?! Steigen Sie ein!« Es war Knowles, der neben ihm anhielt. Er stieß die Beifahrertür auf. »Beeilen Sie sich!«, rief er, als die ersten Wurfgeschosse auf Kühler und Dach prasselten. Cording nahm neben ihm Platz. Wortlos glitten sie in ihrem klimatisierten Buick Caprice durch

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