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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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riskanten Unternehmen nur ungern gegen sich gehabt. Sobald Maeva ihr Grußwort gesprochen hatte, würde er mit dem Mann von hier verschwinden. Aber zunächst lauschte er den einführenden Sätzen Les Beavers, des wohl wichtigsten Wortführers der Protestbewegung. Beaver war bereits vor zwanzig Jahren gegen den Chemie- und Saatguthersteller GENius aufgestanden. Damals hatten die meisten der Anwesenden den Versprechungen des Agrarmultis noch geglaubt. Inzwischen wussten sie alle, dass genmanipuliertes Saatgut nicht zu höheren Erträgen führte, dass von einem besseren Nährwert keine Rede sein konnte und der Einsatz von Chemikalien nicht zurückgegangen war. »Im Gegenteil«, rief Beaver, »wir setzen mehr Chemikalien ein als jemals zuvor, und sie sind stärker und giftiger als jemals zuvor!« Das Staples Center schien sich unter den Buhrufen regelrecht aufzublähen. Beaver versuchte zu beschwichtigen. Es gelang ihm nicht. Erst als er sich zum Mikrofon beugte und ein langgezogenes »Maaeevaa …!« sprach, hatte er Erfolg.
    Unter den Klängen einer Countryballade betrat Maeva die Bühne. »Es wird ein Leben nach GENius geben!«, rief sie mit fester Stimme und lächelte überlebensgroß vom Würfel. In Sekundenschnelle hatte sie das Publikum hinter sich gebracht. Knowles blähte anerkennend die Backen. »Wann das Leben nach GENius beginnt«, fuhr Maeva fort, »hängt ganz allein von euch ab. Zurzeit übt der Konzern mehr Macht über euch aus, als sich eine Regierung je trauen würde. GENius besitzt das Monopol auf Saatgut. Sie besitzen das Leben, Freunde! Wie weit der Zynismus der GENius AG geht, beweist die sogenannte Terminatortechnologie. Ein sehr verräterisches Wort. Die Pflanzen werden so manipuliert, dass sie nur einmal keimfähig sind. Eine Wiederaussaat ist zwecklos. Ihr seid also Jahr für Jahr gezwungen, neues Saatgut zu kaufen. Das ist es, worum es den Herrschaften geht.«
    Maeva hielt einige Sekunden inne. Die ganze Arena schien mit ihr den Atem anzuhalten. »Wie ihr wisst«, fuhr sie fort, »sind GENius und ich nicht gerade durch ein rosarotes Band der Sympathie miteinander verbunden. Sie mögen mich nicht. Weil ich ausspreche, was inzwischen alle hier im Saal wissen: Die Gentechnik ist eine pervertierte Wissenschaft, sie ist unsicher, und sie hat sich nicht bewährt! Ihre Profiteure besitzen weder Ethik noch Moral. Warum also sollten wir zulassen, dass sie unsere Gemeinschaften zerstören? Denn genau das tun sie. GENius betreibt eine Hotline, über die die Kunden aufgefordert werden, den Nachbarn zu denunzieren. Der Konzern gibt also seinen Kunden die Möglichkeit, GENius-Anwälte auf unliebsame Landwirte loszulassen, die dann Hunderttausende von Dollars aufbringen müssen, um sich gegen Anklagen zu verteidigen, die jeder Grundlage entbehren. Der Konzern tut alles, um jene unter euch, die zu einer natürlichen Bewirtschaftung ihrer Felder zurückfinden wollen, finanziell und mental zu zerstören. Dabei weiß er sowohl die Gerichte als auch die Lebensmittelüberwachungsbehörde der USA auf seiner Seite, die bisher noch keine einzige eigene Untersuchung durchgeführt hat, wenn es um die Zulassung neuer GENius-Patente ging. Wie lange kann eine Gesellschaft solch offenen und offensichtlichen Betrug mit ansehen, ohne ihre Selbstachtung zu verlieren? Ihr, das ist mir heute klar geworden, werdet eure Selbstachtung nicht verlieren. Ihr seid stolz, und ihr seid stark. Das reicht in der Regel, um dem bösen Spuk ein Ende zu bereiten … Ich wünsche euch im Kampf gegen den Agrarmoloch Ausdauer und Mut. Beides werdet ihr brauchen. Steht zusammen. Die Regionen der URP werden euch unterstützen, wo immer sie können!«
    Sie lauschte ergriffen dem Applaus, verbeugte sich mehrmals und verschwand schließlich zu den Klängen von »Going up the country« winkend in den Kulissen.
    »Lassen Sie uns ne Kleinigkeit essen gehen, John«, rief Cording Knowles ins Ohr. »Ich möchte etwas mit Ihnen besprechen.« Hatte der alte Knabe etwa feuchte Augen? Jedenfalls fuhr er sich kurz mit dem Ärmel übers Gesicht, bevor er ihm folgte.
    »Was ist mit Steve?«, fragte Knowles. »Sollten wir nicht auf ihn warten?«
    »Nein«, antwortete Cording, »das geht nur Sie und mich etwas an.«
Los Angeles, 27. Januar 2029
    John Knowles ist einverstanden. Es war nicht schwer, ihn für den Plan zu gewinnen. Aufgrund seiner Geheimdienstkontakte weiß er die Gefahr, in der sich Maeva befindet, gut einzuschätzen. Den von Omai festgelegten

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