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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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auf dem Marsch durch die Wüste bisher kein einziger Mensch begegnet war. Ebenso erstaunt war er, dass es keinerlei Anzeichen von Bautätigkeit gab, es waren weder Fahrzeuge noch Maschinen oder Materialien zu sehen, die man zur Fertigstellung der Gebäude doch dringend benötigte. Die Pisten zwischen den Seesternen waren verweht, das gesamte riesige Areal verwaist. Eine gespenstische Atmosphäre, die auch Liebherr Unbehagen zu bereiten schien.
    »Ich weiß auch nicht, wann es weitergeht«, sagte er achselzuckend, »bisher sind gerade einmal zwei der zwölf Sterne bezugsfertig, von den anderen stehen lediglich die Außenhäute …«
    Sie warfen einen Blick in das Innere der gigantischen Kuppel, die sich wie ein eigenes Firmament über ihren Köpfen ausbreitete. Cording wurde schwindelig angesichts der Dimensionen. Liebherr steuerte auf eine hölzerne Baubude zu, die verloren unweit des Eingangs stand. Darin befanden sich nichts weiter als eine Arbeitsplatte und ein Computer.
    »So wird es eines Tages aussehen«, sagte der Professor, während er im routinierten Schnelldurchgang eine Animation nach der anderen auf den Schirm rief. »Zwanzig Stockwerke haben hier Platz, die Wohneinheiten sind genormt, sie passen sich der Form des Gebäudes perfekt an. Das Atrium ist natürlich rund und wirkt der Enge der Bebauung entgegen. Bis zu zehntausend Menschen kann dieses Haus beherbergen, eine ganze Menge, finden Sie nicht?«
    Er schaltete den Computer aus, als lohnte es sich nicht, ein Projekt zu studieren, das so unvermutet ins Stocken geraten war. »Wenn die Chinesen ihre finanziellen Zusagen nicht bald einhalten, werden wir uns wohl nach anderen Partnern umsehen müssen, Flüchtlinge und Entwurzelte gibt es schließlich genug«, sagte er, »die Verhandlungen mit Indien, Indonesien und Japan laufen bereits. Ja, die Chinesen … Irgendwie kann ich ihre Situation verstehen. Die sind klamm. Seit dem Bruch des Dreischluchtendamms ist die chinesische Volkswirtschaft ruiniert. Dreihundert Millionen Menschen, die umgesiedelt werden müssen, das schafft kein Land der Welt. Dazu der gigantische Verlust an fruchtbarem Boden, von den Millionen Toten einmal ganz abgesehen. Nein, mit den Chinesen können wir nicht mehr rechnen …«
    Cording war entsetzt, wie nüchtern Liebherr eine Katastrophe kommentierte, die in der Geschichte der Menschheit ohne Beispiel war. Wie er kurz darauf zur Tagesordnung überging, um dem Gast voller Euphorie sein erweitertes Konzept zu unterbreiten. Dies sah vor, die australische Küste in regelmäßigen Abständen mit Seesternstädten zu bestücken, im Wasser und auf dem Land.
    »Diese wunderschönen Gebäude bilden dann praktisch den äußeren Ring des Kontinents, sie sind Australiens Einfallstor und signalisieren den Heimatlosen in aller Welt, dass sie hier willkommen sind«, sagte der Architekt und schloss die Baubude hinter sich ab.
    Der Mann ist verrückt, dachte Cording, komplett durchgeknallt. Liebherr hakte sich bei ihm ein.
    »Irritiert Sie das?«, fragte er schmunzelnd. »Das sollte es nicht. Wie könnte man sich gegen das allumfassende Elend denn besser wappnen als mit einer perfekten Illusion?« Er blieb stehen. »Wie alt, sagten Sie, ist Maeva?«
    »Zweiunddreißig.«
    »Zweiunddreißig. Großartig. Ich wette, sie hat mehr Verständnis für mich, als Sie je aufbringen werden …«
    Er lachte lauthals auf.
    Das inoffizielle Treffen der vier Regierungschefs von Russland, Dänemark, Kanada und den USA im Liwadijapalast von Jalta lief entspannter ab, als es der Anlass vermuten ließ. Die Herren waren während der vergangenen zwei Tage sichtlich um Contenance bemüht. Am leichtesten fiel dies dem Russen Dimitri Nowikov, der im Poker um die Gas- und Ölvorkommen des Nordpolarmeeres die besseren Karten besaß. Nach jahrelangem Gezerre war die Festlandsockelkommission der UNO schließlich den russischen Vorstellungen gefolgt und hatte den bis zu dreihundertsiebzig Kilometer breiten Lomonossowrücken, der sich in einer Höhe von dreieinhalb Kilometern über dem Meeresgrund von Sibirien am Nordpol vorbei über eintausendachthundert Kilometer bis Grönland und zur kanadischen Ellesmereinsel erstreckte, dem Riesenreich als Staatsgebiet zugesprochen. Damit war festgeschrieben, dass allein die Russen die Rechte an den natürlichen Ressourcen des Sockels besaßen. Uneins war sich die Kommission lediglich in der exakten Festlegung der Außengrenze. Nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen aus

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