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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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kleine Reisegesellschaft den Planeten gewechselt zu haben.
    Fathallah fuhr mit dem Zeigefinger über den Horizont. »Das ist es, was ich an der Wüste liebe«, sagte er, während seine funkelnden Augen von einem zum anderen sprangen, als wollten sie das Feuer der Begeisterung gerecht verteilen. »Dieser Kreis, wo der Himmel die Erde küsst … Hier gibt es keine vorgefertigten Formen. Alles, was man denkt und schafft, ist neu.« Er stocherte mit dem Fuß im Sand. »Die meisten Menschen sind der Meinung, dass die Wüste nichts ist als totes Territorium. Das ist Unsinn. Der Sand steckt voller Mikroorganismen. In NAFU haben wir gelernt, sie zu aktivieren. Inzwischen arbeiten sie für uns. In nur zwanzig Jahren ist in dieser angeblich so unwirtlichen Gegend ein ökologisches Paradies entstanden, die NAFU-Farm. Aus der fruchtbar gemachten Erde erwachsen aber nicht nur Pflanzen, sondern auch Ideen. Tausende von Arbeitsplätzen sind auf diese Weise entstanden. Und da wir alle, jeder an seinem Platz, fasziniert sind von den Möglichkeiten, die uns die Natur bietet, sind wir zu einer echten Gemeinschaft zusammengewachsen. Eine Gemeinschaft übrigens, die stetig größer wird.«
    Maeva stand mit erhobenem Kopf etwas abseits der Gruppe.
    »Als ich die NAFU-Farm meines Vaters in Ägypten verließ, um in der australischen Wüste etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen, hatte ich zunächst nichts als eine Vision«, fuhr Helmy Fathallah fort. »Ich kam mir vor wie ein Maler, der vor einer leeren Leinwand steht, aber keinen Zugang finden kann. Bis er schließlich erkennt, dass es nur eines ersten Pinselstriches bedarf, um den Schöpfungsprozess in Gang zu setzen. Das Bild wird plötzlich zum Gegenüber, es fordert, bekommt eine eigene Persönlichkeit, ja fast einen eigenen Willen. Am Ende sind wir es, die das Bild fragen, wohin es möchte. Das Erstaunliche ist: Es antwortet uns. Wir denken immer, dass es der Mensch ist, der erfindet. Der Mensch erfindet nicht, er entdeckt.«
    Cording war verblüfft, wie geschickt es Fathallah verstand, die Entwicklung eines landwirtschaftlichen Zulieferbetriebes – denn NAFU sollte den Bewohnern der Sternenstadt die Verpflegung sichern – wie die Entstehung eines Kunstwerkes aussehen zu lassen.
    »Unser Ziel ist es, die Erde den kommenden Generationen in einem besseren Zustand zu hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben«, sagte ihr Gastgeber und bat erneut in das knallgelbe Elektrofahrzeug. »Wir bauen auf die Symbiose aller Lebewesen, in der Erde wie auf der Erde, ob es sich nun um Pflanzen handelt oder um Tiere.« Er lachte so herzhaft auf, als habe er die Gesetze des Kosmos mitformuliert. »Unsere Farm ist ein nachhaltiges Entwicklungsmodell für die ganze Welt«, betonte er stolz, »hier gibt es keine Besserwisserei, hier lernen wir voneinander. Nächstes Jahr wird unsere Universität eröffnet, aber dazu erzähle ich Ihnen später mehr.«
    Er setzte sich lächelnd ans Steuer seines luftigen Gefährts und nahm wieder Kurs auf die Farm. Sie tauchten ein in den Schatten eines geschickt gestaffelten Rings aus Bäumen und Windschutzhecken, passierten die vor Kraft strotzenden Obst- und Gemüsegärten, in denen Papayas, Bananen, Orangen, Ananas, Mangos, Bohnen, Tomaten und Kürbisse wuchsen, während die angrenzenden Baumwollfelder an riesige Wattebäusche erinnerten. Der Weizen stand prächtig unter der Sonne, und in der »Apotheke«, wie der Heilkräutergarten in NAFU genannt wurde, wiegten sich die zarten Blüten nach den unerhörten Klängen einer eigens für sie geschriebenen Windsinfonie. Die Luft war selbst dort noch angenehm temperiert, wo sich kein Schatten fand. Das lag an dem ausgeklügelten Bewässerungssystem, dessen schmale Kanäle das gesamte Anbaugebiet durchzogen.
    Schließlich gelangten sie an eine mit Klee und Butterblumen bewachsene Wiese, auf der – Cording mochte es kaum glauben – vierzig bis fünfzig schwarz-weiß gefleckte Holsteiner Rinder grasten. Sie waren tatsächlich aus Deutschland importiert worden, wie er später erfahren sollte. Fathallah hielt an. Maeva nutzte die Chance und lief auf die Weide, wo sie sich mitten unter die Kühe setzte.
    »Zwei Dinge haben NAFU auf die Beine geholfen«, hörte Cording Fathallah sagen, »Wasser und Kompost. Wobei Sie sich denken können, dass es nicht gerade einfach war, Wasser in der Wüste zu finden und zu fördern. Wir mussten bis zu hundertzwanzig Meter tief bohren, bis wir auf Grundwasser gestoßen sind. Die Brunnen

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