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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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Mann an meiner Seite? Er war es, der unsere Gesellschaft neu ausgerichtet und damit ihre Überlebensfähigkeit gesichert hat. Unser Bruder Omai hat den Weg geebnet für ein spirituelles Bewusstsein, das inzwischen weit über Tahiti hinausgreift. Und ich bin dankbar, dass er sich nach langer, hartnäckiger Überzeugungsarbeit bereit erklärt hat, Maevas Amtsgeschäfte zu übernehmen. Zumindest so lange, wie Maeva den URP als Generalsekretärin vorsteht. Lasst uns also abstimmen: Wer ist dafür, dass Omai wieder unser Präsident wird?«
    Die Arme reckten sich nur zögerlich in die Höhe. Es waren bei Weitem nicht alle. Rauura blickte die Anwesenden der Reihe nach an. Dann griff er nach einer schmalen, etwa zwanzig Zentimeter hohen Skulptur des Kriegsgottes Oro, die er unter seinem Pareo versteckt hatte, und hielt sie den Zögernden entgegen. Das geschnitzte Abbild Oros war mit kunstvoll geflochtenen Kokosfasern umhüllt und an den Seiten mit kostbaren Vogelfedern verziert, aus denen es nach Überzeugung der Arioi sein Mana bezog, das ihm sowohl weltliche als auch spirituelle Macht verlieh. Die Figur war den Tahitianern erst letztes Jahr vom Metropolitan Museum New York zurückgegeben worden. Wer vorher noch daran gedacht hatte, sich zu verweigern, reagierte im Angesicht Oros nun wie verwandelt. Rauura bedankte sich für die Zustimmung, die er aus dem Kreis der Erlauchten erfuhr, und löste die Versammlung auf. Über Tahaa zogen dunkle Wolken auf.
    Der Rückweg über das aufgewühlte Meer beanspruchte die volle Konzentration der Männer. Das Reise-Va’a benahm sich wie ein bockendes Pferd, und so mancher Paddelschlag verpuffte in der Luft. Omai blieb wenig Zeit, über den »Verrat« an Maeva nachzudenken, denn als solchen würde sie ihre Absetzung zweifellos begreifen. Das wird lange zwischen uns stehen, dachte er, während ihm eine Gischt ins Gesicht schlug. Aber was die Zukunft Tahitis anging, da lagen sie nun einmal auf Konfrontationskurs. Als Erstes galt es, die Internationale Umweltuniversität zu verhindern, die mit EU-Geldern in Tautira gebaut werden sollte und für die Maeva bereits ihr Einverständnis gegeben hatte. Ihre Insel brauchte die Invasion der Europäer nicht – nicht noch einmal …
    Hier also hatten sie sich verschanzt, die Schlächter. Cording glaubte den Schwefelgeruch noch riechen zu können, der sich aus der verbunkerten, zehn Quadratkilometer großen Hölle, die er an diesem Morgen in aller Ruhe erkundete, über Burma ausgebreitet hatte. Als die Militärjunta 2006 ihren Regierungssitz aus der Millionenmetropole Rangun in das dreihundert Kilometer nördlich gelegene Provinznest Pyinmana verlegte, um hier am Rande des Dschungels unterzukriechen, hätte der Weltöffentlichkeit endgültig klar werden müssen, was in dem geknechteten Vielvölkerstaat gespielt wurde. Zumal den Mitgliedern des internationalen diplomatischen Korps, das weiterhin in der alten Hauptstadt verbleiben musste, jeder Zugang nach Pyinmana verwehrt blieb. Den Botschaften stand lediglich eine Faxnummer zur Verfügung, wenn sie mit der Regierung Kontakt aufnehmen wollten.
    Er bückte sich nach einem Stein und schleuderte ihn der verwitterten Statue des letzten Juntachefs Than Shwe in die Fresse, die den Sturz des Regimes auf ihrem zehn Meter hohen Podest unbeschadet überstanden hatte. Neun Jahre hatte es nach dem Umzug der Junta gedauert, bis es der mit einem UN-Mandat ausgestatteten Militärallianz unter Führung der USA von Thailand aus gelungen war, die Generäle aus dem Amt zu jagen. Ausschlaggebend waren natürlich nicht die zum Himmel schreienden Verletzungen der Menschenrechte in Burma, sondern die Berichte zweier burmesischer Überläufer, die dem irischen Journalisten Phil Thornton gegenüber zu Protokoll gegeben hatten, dass die Junta mithilfe Russlands und Nordkoreas in der Lage war, innerhalb von fünf Jahren eine Atombombe zu bauen.
    Die Junta dementierte prompt. Die Anforderung nuklearen Materials, die man ihr nachgewiesen hatte, diene ausschließlich medizinischen Zwecken, hieß es. Da das Land zu dieser Zeit nicht einmal in der Lage war, die Stromversorgung seiner Krankenhäuser zu gewährleisten, wirkte das Dementi nicht gerade glaubwürdig. Zumal der burmesischen Exilzeitung »Mizzima« kurz zuvor ein streng geheimes Dokument zugespielt worden war, wonach die Junta mehrere Hundert Offiziersanwärter nach Moskau entsandt hatte, um Nuklearphysik und Raketenbau zu studieren. Außerdem baten die Generäle in

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