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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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Mündung erkannte er an Backbord die Silhouette eines Frachters. Ein Blick auf den Radarschirm sagte ihm, dass die Entfernung etwa drei Meilen betrug. Ein anderes Schiff hatte sich auf die gleiche Distanz an Steuerbord genähert. Wenn Willis die Fahrt nicht drosselte, würden sie direkt in die Schnittlinie dieser beiden Schiffe geraten. Der Kapitän könnte die Fahrt der »South Pacific« durch ein Rückwärtsmanöver und durch entsprechendes Ruderlegen noch rechtzeitig abbremsen, aber das widersprach ganz offensichtlich seinem Ehrgeiz. Er ließ den Tanker bei achtzehn Knoten stur auf Kurs laufen. Wie ein Rodeoreiter, der voller Tatendrang aus dem Verschlag galoppiert. Das schienen die beiden Kähne dort draußen genauso zu sehen, jedenfalls drehten sie synchron bei.
    »Sie können wieder an Ihre Arbeit gehen«, hörte Holyfield den Kapitän sagen, über dessen Gesicht ein triumphierendes Lächeln huschte.
    »Ich mach mir Sorgen um Shark« ,sagte Maeva, während sie Cording über die Schulter sah.
    »Warum?«, fragte dieser und klappte den Laptop zu.
    »Ist dir nicht aufgefallen, dass er uns gegenüber bisher kein einziges persönliches Wort geäußert hat? Er macht seinen Job, und er macht ihn gut. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass er wirklich bei uns ist. Irgendetwas scheint ihn zu beschäftigen«, sagte sie, »und ich würde gerne wissen, was das ist.«
    »Das kann ich dir sagen: Der Junge erstarrt in Ehrfurcht vor dir. Da geht’s ihm wie mir …«
    »Warum nimmst du mich nicht ernst?«, fragte Maeva und legte ihr Kinn auf Cordings Kopf.
    »Ich habe noch nie jemanden so ernst genommen wie dich«, antwortete er leise.
    Ihre Augen trafen sich. Wieder einmal hatte er das Gefühl, als würde er in sie hineinfallen. Und wieder einmal riss er sich los. Ohne diese instinktive Gegenwehr wäre er vermutlich längst auf dem Grund ihrer Seele gestrandet, hätte er sich längst aufgegeben …
    Auf dem Weg zum zweihundertachtzig Kilometer nördlich von Malé gelegenen Haa-Alifu-Atollbegegneten sie einigen noch in der Testphase befindlichen Sprührobotern, von denen sich die Wissenschaft so viel versprach im Kampf gegen die Erderwärmung. Fünftausend dieser computergesteuerten Geisterschiffe wollten die USA, Japan, die Europäische Union und China in den nächsten Jahren rund um den Globus auf einen ausgeklügelten Zickzackkurs über die Weltmeere schicken. Sie sollten die Wolken über den Ozeanen mit feinen Salzwassertröpfchen beschießen, die dann als Kondensationskeime Verbindung suchten und sie heller färbten. Je heller die Wolken, desto höher ihr Reflexionsvermögen. Darum ging es. Die dauerhafte Bestäubung von unten sollte, so die Hoffnung der Ingenieure, sicherstellen, dass die Sonne nur noch einen Teil ihrer bisherigen Wärmelast auf den Weltmeeren ablagern konnte. Auf diese Weise wollte man dem Klimawandel vorübergehend Einhalt gebieten.
    Cording stand an Deck der »Malé-Ferry«, die auch vierundzwanzig Abgeordnete des hiesigen Parlaments und eine Abordnung der URP an Bord hatte, welche auf ausdrücklichen Wunsch Maevas auf die Malediven gereist war. Der Himmel war tiefblau und klar an diesem Morgen. Amüsiert blickte Cording auf den fünfzig Meter langen und zwanzig Meter breiten Trimaran, der an Backbord übers Wasser glitt. Er sah aus wie ein riesiger Schlitten, dem man drei gigantische, schraubenähnliche Schornsteine auf den Rücken gebunden hatte, die ihre staubfeinen Wasserfontänen zischend in die Atmosphäre drückten. Bereits 1926 hatte der deutsche Forscher Anton Flettner einen Frachter namens »Baden-Baden« mit solchen Rotoren ausgestattet und damit den Atlantik überquert. Das alternative Antriebskonzept konnte sich nicht durchsetzen, es scheiterte, wie so vieles auf dem automobilen Sektor, an der Mineralölindustrie.
    »Wissen Sie, wie die Dinger funktionieren?«
    Cording drehte sich um. Es war Shark, der ihn angesprochen hatte und ihn nun fragend ansah: »Interessiert es Sie?«
    Nicht wirklich, aber es wäre unhöflich gewesen, den Jungen daran zu hindern, sein Wissen loszuwerden. Also ermunterte er ihn mit einem kurzen Kopfnicken.
    »Wenn ein senkrecht stehender Zylinder rotiert und zugleich einer Windströmung ausgesetzt ist, entsteht eine Kraft quer zur Strömung. Das nennt man den Magnuseffekt.«
    »Oh bitte, Shark, hör auf damit. Ich verstehe von diesem technischen Kram nichts. Ist mir, ehrlich gesagt, auch scheißegal.«
    »Man muss sich nicht für Technik interessieren, um das

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