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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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zu verstehen. Es ist wie beim Fußball, wenn Sie mit Effet aufs Tor schießen. Für die elektrische Energie zum Antrieb der Rotoren und zum Versprühen des Wassers sorgt übrigens ein Unterwasserpropeller unterm Hauptrumpf, der während der Fahrt in Rotation versetzt wird. Der Kurs dieser Schiffe wird von einem Zentralcomputer festgelegt. Um diesen zu berechnen, braucht er lediglich zwei Informationen: die Drehgeschwindigkeit der Zylinder und die Ruderstellung. Das ist alles. Genial, oder?«
    »Überaus genial«, antwortete Cording und verkniff sich die bissigen Bemerkungen, die sich in seinem Kopf griffbereit formuliert hatten. Vielleicht sollte er dem Schwindelgefühl nachgeben, das ihn erfasste, als er über die Bordwand ins schäumende Meer schaute. Der Plackerei ein Ende bereiten – der stets zu Hass, Verleumdung und Zerstörung neigenden Bande, die sich Menschheit nennt, Adieu sagen …
    »Sechzig Liter pusten die Sprühroboter pro Sekunde in die Luft«, fuhr Shark ungerührt fort, als sei er an der Entwicklung dieser Ungetüme persönlich beteiligt gewesen. »Die meisten Wassertröpfchen schaffen es nie in die notwendigen Höhen, aber der Rest, dem das gelingt, reicht für eine Wolkenbildung durchaus aus. Das Problem dieses Eingriffes sind seine möglichen Nebenwirkungen. Es könnte sein, dass es in Gegenden, die es nicht nötig haben, in Zukunft mehr regnet als gewöhnlich, und anderswo, dort wo Regen dringend gebraucht wird, droht die Gefahr einer noch größeren Dürre als bisher. Je nachdem, wie der Wind weht …«
    »Willst du wissen, was ich davon halte?«, fragte Cording. »Ich halte das für einen ausgemachten Schwachsinn! Lächerlich und absurd! Diese speienden Monster sind nichts als schwimmende Alibis, die sind erfunden worden, damit die CO 2 -Gesellschaft so weitermachen kann wie bisher. Denk mal darüber nach, Shark, bevor du dich vor Begeisterung nicht mehr einkriegst. Wir befinden uns in einem Stadium der kognitiven Dissonanz, wenn du verstehst, was ich meine …«
    »Nein, verstehe ich nicht«, erwiderte Shark gereizt.
    »Wir sehen uns einem Übermaß an Problemen gegenüber –gleichzeitig spüren wir, dass es dafür keine Lösungsmöglichkeiten gibt: kognitive Dissonanz. Ein unangenehmes Gefühl. Vor allem, wenn es sich wie ein schleichendes Gift in die Gesellschaft frisst. Um dieses Gefühl abzumildern, um an ihm also nicht verrückt zu werden, bleibt uns eigentlich nur eines: die Probleme in einem anderen Licht zu betrachten. Wenn wir sie schon nicht lösen können, so können wir doch wenigstens unsere Einstellung ihnen gegenüber ändern. Also verharmlosen, vertuschen und verdrängen wir wie die Teufel, darin sind wir wirklich brillant. Weißt du, was Groucho Marx einmal gesagt hat?«
    »Groucho Wer?«
    »Was kümmert mich die Nachwelt? Hat sich die Nachwelt jemals um mich gekümmert?«
    Shark musste lachen. Er schien für den Happen dankbar zu sein, den man ihm hingeworfen hatte. Aber anstatt es an dieser Stelle gut sein zu lassen, reizte es Cording, mit dem Jungen zu spielen. Es war lange her, dass er den Zyniker von der Leine gelassen hatte, in dem er sich besser wiedererkannte als in dem verständnisvollen, auf Harmonie gedrillten Abnicker an Maevas Seite. Was war schlimm daran, ein Zyniker zu sein? Hatte man heutzutage eine andere Wahl? Er verlangte von seinen Gesprächspartnern doch lediglich, dass sie sich als Zeitzeugen bekannten und das akzeptierten, was er seit Jahren auf sich nahm: die Erkenntnis nämlich, dass wir Menschen dabei sind, jegliches Leben auf diesem Planeten auszulöschen – wissentlich. So etwas erfüllte den Tatbestand der vorsätzlichen Tötung. Shark wusste das, er hatte es doch herausgeschrien in seiner Show. Aber seitdem er in Maevas Bann geraten war, schien sein Wahrnehmungsvermögen getrübt.
    »Anstelle dieser schnaufenden Aluminiummonster wären mir ein paar Wale in unserer Nähe lieber«, sagte Cording, »das würde nach Leben schmecken. Wale … du erinnerst dich? Irgendwo soll noch einer unterwegs sein … Weißt du, wie die Norweger ihren Ausrottungsfeldzug gegen die Meeressäuger begründet hatten? Mit einem Klimaschutzargument! Sie setzten das Gewicht der in einem Jahr getöteten Wale in Relation zu dem Dieselkraftstoff, den die Fangboote während dieser Zeit verbraucht haben. Daraus ergab sich eine CO 2 -Emission von 1,9 Kilo pro Kilo Walfleisch. Ein Kilo Rindfleisch schlug mit 15,8 Kilo CO 2 zu Buche, bei Lamm waren es 17,4 und bei

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