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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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Hähnchen immerhin noch 4,6 Kilo CO 2 pro Kilo Fleisch. Ein schlagendes Argument für den Walfang, musst du zugeben …«
    Shark stützte sich auf die Reling und rotzte vernehmlich ins Wasser.
    »Der Walfang war aber nur zum Teil an der Ausrottung dieser herrlichen Wesen schuld«, fuhr Cording unbeirrt fort. »Wusstest du, dass verschmutztes Wasser die Eigenschaft hat, Geräusche zu verstärken? Je höher der Verschmutzungsgrad, desto lauter die Geräusche, schließlich war der Lärm unter Wasser so groß, dass die Tiere irre wurden und die Orientierung verloren. Da half es wenig, dass die Gutmenschen an den Küsten der Welt mit feuchten Tüchern und Wassereimern bereitstanden.«
    Shark begann, demonstrativ zu summen. Er schloss die Augen und bewegte den Kopf im Kreis.
    »Dabei hatten wir eine Chance«, sagte Cording, »wir hatten sie bis zuletzt. Wir konnten sie nur nicht nutzen, weil wir keine Idee hatten, was und wer wir eigentlich sein wollten. Wir wissen es ja immer noch nicht. Unsere Hoffnungen ruhen auf neuen Wissenschaftszweigen wie der Bionik oder der Evolutionstechnik, wir träumen von molekularer Selbstorganisation und versuchen uns an der Züchtung von Stopfkrebsen zum Abdichten unserer Deiche. Wir hören von lernfähigen neuronalen Netzen und einer neuen Computerarchitektur, die in der Hardware und Software eine Einheit bilden. Aber wirklich verstehen tun wir nichts von alledem. Und wie immer, wenn wir nichts verstehen, wird es auch diesmal schiefgehen. Mit allem, was wir Menschen bisher nämlich angefangen haben, sind wir in die Absurdität des Gegenteils geraten. Mit dem Versuch, die Äcker fruchtbarer zu machen, haben wir sie zu Tode gefoltert. Mit dem Versuch, uns vor Feinden zu schützen, sind wir so nahe wie möglich an den großen Weltbrand geraten. Selbst der Versuch, zu heilen und zu helfen, geriet immer mehr an die Grenzen der Unmenschlichkeit.«
    Shark summte inzwischen beträchtlich lauter, sein Kopf pendelte jetzt noch heftiger hin und her. Cording missachtete die Zeichen, irgendetwas in ihm trachtete danach, dem Jungen wehzutun. Er stellte sich neben ihn an die Reling.
    »Warum sagst du nicht endlich, was du denkst?«, fragte er.
    »Warum hören Sie nicht endlich auf, zu sagen, was Sie denken?!«, brüllte Shark zurück. Dann hielt er sich die Ohren zu und begann zu schreien. Er schrie sich die Seele aus dem Leib, aber der parallel laufende, Wasser speiende Trimaran verschluckte seine krächzenden, kehligen Laute, bis von ihnen nur noch ein jämmerliches Wehklagen übrig blieb, das Cording erst ernst nahm, als sein Gesprächspartner zusammenbrach, um sich auf den blanken Bohlen zitternd in die Embryohaltung zu retten. Cording ging auf die Knie und streichelte Shark vorsichtig über den Kopf. Der Junge wehrte sich nicht, ein gutes Zeichen.
    »He!«, sagte Cording und legte sich neben Shark auf die Bretter. »Du hast mich nicht ausreden lassen, das Gute kommt doch erst …«
    Shark öffnete die Augen.
    »Das Gute kommt immer zuletzt«, sagte Cording und grinste, »weißt du doch.« Er rückte näher und nahm den Jungen in die Arme. »Du und ich, Shark, wir haben ein verdammtes Glück. Ich will dir sagen, warum: Milliarden Menschen fühlen sich betrogen, sie sind frustriert, ausgebrannt und ohne Hoffnung. Aber in ihren Herzen wächst etwas heran, was von unschätzbarem Wert ist: die Sehnsucht nach einer besseren Welt. Diese Sehnsucht ist förmlich mit Händen zu greifen, spürst du es? Und mit Maeva ist eine Führungspersönlichkeit aufgetaucht, die den Leuten Hoffnung macht. Und wir, du und ich, wir dürfen dabei sein, wenn sich die Menschheit häutet, um ihr neues Leben aufzunehmen. Wie ich schon sagte, wir haben verdammtes Glück …«
    Shark drückte Cording seine Stirn auf die Brust.
    »Wusstest du«, fragte Cording nach einer Weile und blickte Shark grinsend an, »dass australische Molekularbiologen einen Impfstoff entwickelt haben, der junge Schafe daran hindern soll, übermütig herumzuhopsen? Sie furzen beim Hopsen. Damit soll jetzt ein für alle Mal Schluss sein. Im Interesse des Weltklimas, wenn du verstehst, was ich meine …«
    Die beiden starrten sich in die Augen, dann prusteten sie los, bis ihnen die Tränen kamen.
    »Was macht ihr da unten?«
    Es war Maeva, die sich ihnen unbemerkt genähert hatte und ein wenig ratlos auf sie herabsah.
    »Och«, erwiderte Cording, »wir unterhalten uns nur …«
    »Worüber denn?«
    »Über Göttinnen und die Welt.«
    So albern die

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