Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
Vom Netzwerk:
immer häufiger nasse Füße. Es war lediglich eine Frage der Zeit, wann die Fluten des Indischen Ozeans von den Straßen dauerhaft Besitz ergriffen. Inzwischen waren bereits siebzig- der einhundertzwanzigtausend Bewohner Malés nach Hulhumalé umgesiedelt worden.
    Cording wartete mit Steve und Shark darauf, dass Maeva ihr Treffen mit den URP-Delegierten beendete, das einige Stockwerke höher im großen Konferenzraum des »Residential«-Hotels stattfand. Beim Anblick der unzähligen Kräne, die am Horizont ihre ausufernden Arme im Kreis auf und ab bewegten, als führten sie die unsterbliche Sinfonie des Überlebens auf, musste er daran denken, wie aberwitzig solche Bemühungen doch sein konnten. Die Malediven gehörten zu den ökologischen Vorzeigeländern, der Umweltschutz war in der Verfassung festgeschrieben. Artikel 38 garantierte das Recht der Bürger auf eine »saubere, gesunde und ökologisch ausgewogene Umwelt«, während Artikel 40 jeden Bürger verpflichtete, die Umwelt zu schützen, zu erhalten und zu verbessern. Das an Rohstoffen arme Land betrachtete die Naturlandschaft als ihren Reichtum. Die Malediver verstanden sich nicht als Besitzer, sondern als Hüter dieses Schatzes. Das ging so weit, dass die ursprünglichen Landbesitzer – Einheimische wie Zugewanderte – durch die Regierung enteignet wurden, um Bau und Raubbau zu verhindern. Mehr vernünftige Politik ging nicht. Und dennoch zwackten die Malediven jedes Jahr einen kleinen Prozentsatz ihres bescheidenen Staatshaushaltes ab, um in Indien, Sri Lanka und Australien Land zu erwerben, denn vor dem Hintergrund des steigenden Meeresspiegels musste man sehen, wo man blieb. Hilfe aus den reichen Verschmutzerländern war nicht zu erwarten.
    »Sagt euch der Name Geoffrey Banks etwas?«, nuschelte Shark über den Laptop gebeugt.
    »Ja sicher«, antwortete Steve, während er Teewasser aufsetzte. »Britischer Umweltminister. Vertrat Großbritannien auf der letzten großen Klimakonferenz in Neu-Delhi. 2021? 2022? Was ist mit ihm?«
    »Tot.«
    »Na und?«
    »In einer Tiefgarage erschlagen.«
    »Autsch.«
    »Warum erzählst du uns das?«, fragte Cording.
    »Könnt ihr mit den Namen Pratibha Ansari, Hu Jiabao, Boris Lawrow, Stephan Cannon, Margret Clapp und Dr. Volker Städeler etwas anfangen?«
    »Städeler war Umweltminister der Bundesrepublik Deutschland«, antwortete Cording, »er stammt aus Hamburg, das weiß ich. Margret Clapp hat die USA in Neu-Delhi vertreten. Sie ist vor drei Jahren bei einem Autounfall gestorben. Was willst du uns sagen, Shark? Rück schon raus damit.«
    »Alle diese Personen waren bei der Konferenz dabei. Als veritable Bremser. Ansari für Indien, Jiabao für China, Lawrow für Russland, Cannon für Kanada, Misses Clapp für die USA und Dr. Städeler für Deutschland. Banks war der Letzte dieser glorreichen Sieben, der ins Gras beißen musste. Seit 2022, seit dem grandiosen Scheitern der Klimakonferenz von Neu-Delhi, musste jedes Jahr einer von ihnen dran glauben. Und zwar genau in der von mir genannten Reihenfolge. Ist doch merkwürdig, oder?«
    »Allerdings«, murmelte Cording. »Und du glaubst tatsächlich, dass es sich in jedem einzelnen Fall um Mord gehandelt hat?«
    »Eindeutig bewiesen ist das lediglich bei Banks«, erwiderte Shark. »Ansari starb an einer Lebensmittelvergiftung, Jiabao bei einem Flugzeugabsturz. Die Umstände von Lawrows Tod sind bis heute nicht geklärt. Cannon soll an Krebs gestorben sein und Städeler nach einem Skiunfall. Dürfte also nicht einfach sein, einen plausiblen Zusammenhang herzustellen. Wenn da nicht das Todesdatum wäre. Die Herrschaften kamen allesamt an einem 17. Juli ums Leben. Klingelt’s da bei euch?«
    Cording und Steve blickten sich verblüfft an.
    »Der 17. Juli 2022 war der Tag, an dem das Abschlusskommuniqué dieser jämmerlichen Veranstaltung veröffentlicht wurde. Am 17. Juli 2022 wurde in Neu-Delhi das endgültige Urteil über die beklagenswerte Menschheit gesprochen: lebenslänglich Treibhaus …«
    Cording hatte Maeva ebenso wenig kommen hören wie seine beiden Begleiter.
    »Lebenslänglich Treibhaus? Was soll das heißen?«, fragte sie und entledigte sich ihres wollenen Umhangs, mit dem sie sich in dem klimatisierten Konferenzraum gegen die Kälte geschützt hatte. »Nun sagt schon, was habt ihr während meiner Abwesenheit wieder ausgeheckt?«
    »Verschwörungstheorien«, antwortete Cording lächelnd, »du hast es hier nämlich mit einer Bande von

Weitere Kostenlose Bücher