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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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ignorierte die provokante Frage und begann – für Cordings Geschmack ein wenig zu euphorisch – von einem alternativen Baustoff zu berichten, der in Masdar und jetzt wohl auch im Rest der Emirate Anwendung fand. Er wurde nach der sogenannten Biorocktechnologie gewonnen. Soweit Cording es in seinem verwirrten Zustand verstand, brauchte man nur Gestelle aus Baustahl im Meer zu versenken und Gleichstrom hindurchfließen zu lassen. Die Elektrolyse sorgte dann dafür, dass sich auf der Vorlage eine immer dicker werdende Kruste aus gelösten Salzen bildete, die als Baumaterial hervorragend geeignet war.
    »Der Vorteil liegt auf der Hand«, hörte er Knowles sagen, »das Material steht unerschöpflich zur Verfügung und verbraucht nur einen Bruchteil der Energie, die zur Herstellung von Beton erforderlich ist. Der Einsatz von fossilen Energieträgern, wie sie beim Gießen von Beton benötigt wird, fällt buchstäblich ins Wasser. Was ist mit Ihnen?«, fragte Knowles. »Reicht die Aufnahmefähigkeit nicht mehr? Ich könnte Ihnen noch von einer ganzen Reihe bahnbrechender, umweltschonender Erfindungen erzählen, die in den Emiraten längst Anwendung finden. Von der Süßwassergewinnung zum Beispiel, die aus der Golfregion demnächst eine blühende Landschaft machen wird. Sie holen das Süßwasser aus dem Meer. Wussten Sie, dass aus dem Meer mehr Süßwasser zu gewinnen ist als an Land?«
    Cording, der den Verdacht nicht los wurde, dass sein Kollege ein unlauteres Spiel mit ihm trieb, reagierte erleichtert, als Shark und Steve zu ihnen an den Tisch traten.
    »Können wir?«, fragte Steve.
    »Sind Sie bereit, John?«, fragte Cording.
    »Okay, dann auf nach Masdar!«, antwortete Knowles und wuchtete sich übertrieben stöhnend aus dem Sessel.
    Als sie nach draußen traten, drehte sich Cordings Kollege plötzlich um.
    »War das nicht Brandstätter?!«, fragte er überrascht. »Chairman von IRENA. Ich bin sicher, er war es. Maeva hält also Hof. Ich finde das sehr angemessen.«
    Cording musste lachen. Da war er wieder, der Mann mit dem untrüglichen Instinkt und der passenden Portion Humor dazu. Steve winkte einem Taxi, aber Knowles bedeutete dem Fahrer, dass er bleiben solle, wo er war.
    »Nach Masdar fährt man standesgemäß«, belehrte er seine Begleiter und steuerte mit ihnen auf die Station zu, die sich unterhalb des Ostflügels befand. Dort bestiegen sie die Magnetschwebebahn, die die Ökostadt mit dem Flughafen von Abu Dhabi verband. Da im »Emirates Palace« ausschließlich Menschen logierten, die im Global Village eine herausragende Stellung bekleideten, hatte man das Hotel ans Streckennetz angebunden.
    Die Herrschaften waren unterwegs nach oben. Maeva betrachtete sich noch einmal kurz im Spiegel.Der sandfarbene Hosenanzug, den sie gestern Abend in einer der hauseigenen Boutiquen ausgewählt hatte, stand ihr gut, sie mochte ihn. Als Alternative hätte sich ein traditioneller Pareo angeboten, wie sie ihn eigentlich immer trug bei besonderen Anlässen. Im Pareo fühlte sie sich sicher. Das gebundene Tuch gab ihr den Geschmack von Ungebundenheit zurück, der die Kultur der Polynesier über Jahrhunderte bestimmt hatte. Aber wollte sie den drei Herren, die gleich vor der Tür stehen würden, wirklich bauchfrei begegnen? Sie selbst hatte kein Problem damit, aber erfahrungsgemäß führte so ein Auftritt bei zugeknöpften Männern zu Irritationen.
    Es klopfte an der Tür. Maeva brach eine Orchideenblüte aus einem der üppigen Blumenbouquets, steckte sie sich ins Haar und bat den Butler, zu öffnen. Anthony Burgess, der neue Vorsitzende der Internationalen Atomenergie-Organisation, schritt bezeichnenderweise voran. Er war es auch, der seine beiden Kollegen Thomas Brandstätter von der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien und Dr. Kiran Desai von der Internationalen Energie-Agentur vorstellte. Der Inder trug eine aus Musselin gefertigte, kragenlose Kurta und einen khakifarbenen Turban, was ihm trotz seiner geringen Körpergröße Würde verlieh.
    Maeva bat in die Lounge, wo man es sich in den breiten Polstersesseln rund um den mit Gebäck- und Obstschalen gedeckten Mahagonitisch bequem machte. Die Herren stellten ihre Diplomatenkoffer auf den Boden und warteten geduldig ab, bis der Butler mit dem Einschenken des Kaffees fertig war.
    »Ich darf wohl für uns alle sprechen«, begann Burgess, »wenn ich sage, dass Sie in natura noch viel bezaubernder aussehen, als es die Medien zu vermitteln vermögen.«
    »Danke«,

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