Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
Vom Netzwerk:
wetten, dass Sie auch darüber bereits bestens informiert sind!«
    »So ist es, mein Freund. Aber lassen wir es dabei bewenden. Was haben Sie heute noch vor? Ich habe Zeit. Wenn es Ihnen nicht unangenehm ist, würde ich Sie gerne durch den Tag begleiten.«
    Der alte Knabe wollte sicherstellen, dass er ihm nicht davonlief, dachte Cording. »Ich warte nur noch auf meine Mitstreiter Shark und Steve«, sagte er. »Wir haben vor, Masdar City einen Besuch abzustatten. Würde mich freuen, wenn Sie uns Gesellschaft leisten. Einen fachkundigen Führer könnten wir gut gebrauchen.«
    »Shark? Ist das nicht dieser zornige junge Mann aus der ehemaligen GO!-Show?«
    »Richtig. Und Steve kennen Sie ja noch aus Tahiti.«
    Knowles winkte der Kellnerin. »Ist noch Zeit für einen Kaffee?«
    »So viel Zeit muss sein in Arabien«, antwortete Cording lächelnd. »Was ist der Haken an Masdar, John?«, fragte er. »Einige Umweltschutzorganisationen in Deutschland nörgeln seit Jahren an dem Projekt herum.«
    »Einen Haken gibt’s eigentlich nicht, die Stadt funktioniert. Alle Vorgaben sind eingehalten worden. Masdar City produziert weder Kohlendioxid noch Müll. Inzwischen leben über fünfzigtausend Menschen in der Stadt. Ihr Energiebedarf wird zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt, vor allem aus Wind- und Fotovoltaikanlagen. Außerdem hat man ein Verfahren entwickelt, mit dem es gelungen ist, die Kühle tiefer Erdschichten aus dem Boden zu zapfen. Auf diese Weise werden die Klimaanlagen entlastet. In Masdar, man mag es kaum glauben, herrscht eine um zwanzig Grad niedrigere Lufttemperatur als hier in Abu Dhabi. Das ist wirklich beeindruckend. Beeindruckend sind auch die architektonischen Spielregeln, die der britische Architekt Norman Foster festgelegt hat. Der Knabe hat Glück gehabt. Welchem Stadtplaner werden schon Milliarden zugeschustert, damit er eine Metropole aus dem Boden stampfen kann, die allein ökologischen Kriterien gehorcht? Soll ich weitererzählen?«
    »Nur zu.«
    »Foster hat dafür gesorgt, dass die Häuser eine bestimmte Höhe nicht überschreiten dürfen. Die Straßen sind relativ eng angelegt und mit Windtürmen versehen. Auf diese Weise ist ein gigantisches Muster an Frischluftkorridoren entstanden. In den Straßen sind ausschließlich Fußgänger und Radfahrer unterwegs, ein angenehmes Gefühl. Ich darf das behaupten, ich wohne in Masdar. Wer sich über weitere Strecken bewegen will, braucht höchstens zweihundert Meter zu laufen, um an eine der insgesamt eintausendsiebenhundert unterirdischen Stationen zu gelangen, wo er ein automatisches Shuttletaxi besteigen kann, das ihn auf Wunsch überall hinbringt. «
    »Das reicht«, unterbrach Cording, indem er Knowles die Hand auf den Arm legte, »schließlich wollen wir uns ja überraschen lassen.«
    »Woran nörgeln sie denn herum, eure deutschen Umweltschützer?«, wollte sein Gegenüber wissen.
    »Sie bemängeln, dass die eingesparten Treibhausgas-Emissionen Masdars zertifiziert und verkauft werden. Wer diese Zertifikate kauft, darf die in ihnen ausgewiesene Menge CO 2 dann an anderer Stelle wieder ablassen. Wenn ich es richtig verstanden habe, sieht die Milchmädchenrechnung folgendermaßen aus: Zur Berechnung der Reduktion nimmt man die CO 2 -Werte einer hypothetischen Stadt her, so wie sie in dieser Region normalerweise gebaut wird. Die Differenz zwischen den geschätzten Emissionen dieser Stadt und den tatsächlichen Emissionen Masdars wird dann als Reduktionsleistung ausgewiesen.«
    »Ein Scheißsystem, Cording, da stimme ich Ihnen zu. Aber was will man machen, so sehen die letzten Zuckungen unserer Wachstumsgesellschaft nun mal aus.«
    »Für die internationale Schmutzmafia ist der Erwerb von Masdarzertifikaten doch ein gefundenes Fressen. Die Arabischen Emirate sind mit 38,5 Tonnen CO 2 das Land mit der zweithöchsten Pro-Kopf-Emission auf der Welt. Im Umkehrschluss bedeutet das: Die CO 2 -freie Ökostadt Masdar trägt dazu bei, den Pro-Kopf-Ausstoß an Kohlendioxid an anderer Stelle legal erheblich in die Höhe zu treiben. Bei so viel Logik wirst du doch verrückt.«
    »Na ja«, sagte Knowles und rührte in der Kaffeetasse, »wir zwei wohl nicht mehr, dafür sind wir in unserem Beruf dem allgemeinen Wahnsinn zu sehr auf die Schliche gekommen, als dass er uns jetzt noch überraschen könnte. Und eines muss man ihm lassen: Er hat uns ziemlich gut ernährt, dieser Wahnsinn. Was hätten Sie denn ohne ihn schreiben wollen? Possierliche

Weitere Kostenlose Bücher