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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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    Maeva wischte sich die Haare aus dem Gesicht, stellte sich in Positur und setzte auf Steves Zeichen hin ihre Rede fort: »Wir müssen jetzt handeln«, rief sie, als würde die Lärmschleppe des Helikopters noch über ihr liegen. »Radikaler und schneller, als wir es uns vor einigen Jahren noch vorstellen konnten. Ich will und werde den Traum nicht aufgeben, dass wir gemeinsam zurückfinden zu einem Verständnis, das nicht nur uns selbst, sondern auch unserer Mitwelt nützt. In verschiedenen Ländern und insbesondere in den Regionen der URP gibt es inzwischen viele fortschrittliche Initiativen. Die Wertschätzung und der Zulauf, den die URP allein in meiner Amtszeit erfahren haben, ist riesengroß und zeigt, dass es ein ausgeprägtes Bedürfnis nach sozialer Gerechtigkeit, nach innerem und äußerem Frieden sowie nach einer wirklichen Aussöhnung mit der Natur gibt. Es ist Zeit, dass wir diesem Bedürfnis Rechnung tragen: durch eine Magna Charta der Ökologie. In ihr werden die URP die Eckpfeiler ihrer Politik formulieren, welche in Zukunft für alle Regionen gelten sollen, die sich uns bereits angeschlossen haben oder sich uns noch anschließen wollen. Die Bedingungen für eine Mitgliedschaft in den URP werden in einer neu zu formulierenden Satzung klar definiert sein. In dieser Satzung werden praktische Forderungen festgeschrieben, die es für jedes Mitglied zu erfüllen gilt. Ein wesentlicher Aspekt wird sein, am Eingang der wirtschaftlichen Produktionsprozesse die Weichen so zu stellen, dass alles, was hergestellt wird, letztendlich in den Kreislauf der Natur zurückkehrt. Was nicht in die Wirtschaft hineingeht, kann auch nicht als Abfall, Einleitung oder Emission herauskommen.
    Ihr seht also, liebe Freunde, wir müssen von Grund auf neu denken und überdenken. Wir dürfen uns nicht länger mit systemimmanenten Reparaturarbeiten begnügen, die sich bisher doch nur als Selbstbetrug herausgestellt haben. Es geht jetzt darum, unsere gesamte Lebensweise neu zu definieren, es geht darum, Abschied zu nehmen von unseren bisherigen materiellen Bedürfnissen. Eine Herkulesaufgabe, ich weiß. Aber wenn wir uns die Bedingungen nicht selbst stellen, werden sie uns in sehr viel härterer Form demnächst von der Natur diktiert. Dann hätten wir überhaupt keine Chance mehr, auf Dinge Einfluss zu nehmen, die uns gerade aus dem Ruder laufen. Die Lage ist dramatisch, machen wir uns nichts vor.
    Als absolutes Tabu in den Mitgliedsregionen der URP gilt in Zukunft der Ge- und Verbrauch von Erdöl, Kohle, Atomkraft und künstlich produzierten chemischen Verbindungen. Beton ist als Baustoff ebenfalls unerwünscht. Genmanipulationen an Pflanzen, Tieren oder Menschen verbieten sich von selbst. Dies und jedes andere Detail, das die URP in Zukunft zur Bedingung einer Mitgliedschaft machen, wird von unseren Gremien in allernächster Zeit formuliert und mitgeteilt werden. Natürlich werden unsere Gegner dieses Konzept zu verteufeln versuchen, man wird uns vorwerfen, dem Fortschritt im Weg zu stehen, weil wir wesentliche Errungenschaften der Zivilisation in Zweifel ziehen.
    Lasst euch nicht irremachen. Wir schlachten keine heiligen Kühe, wir schlachten Bestien, die zu heiligen Kühen stilisiert wurden. Die Börsen zum Beispiel, wir schließen sie. Ihre mediale Dauerpräsenz sollte uns glauben machen, sie seien für die Wirtschaft so unverzichtbar wie das Wasser für den Ackerbau. Dabei dienen sie, um im Bild zu bleiben, in erster Linie dazu, das Wasser an einer Stelle zu konzentrieren, anstatt es breitflächig zu verteilen. Zum Wohle weniger. Es geht an den Börsen nicht darum, die Realwirtschaft mit Kapital zu versorgen, es geht darum, sich auf Kosten der Allgemeinheit mit komplizierten Wetten gesundzustoßen. Wie pervers die Börsengeschäfte in der Regel ablaufen, beweist die Tatsache, dass es den Aktienmärkten nie besser geht als in Zeiten von Krieg und Terror. Wir machen Schluss damit, wir lassen nicht länger mit uns spekulieren.
    Unsere Neuorientierung betrifft das gesamte Geldwesen. Wir haben es zugelassen, dass sich das Kapital auf aberwitzige Weise vermehrt, wobei der unermessliche Reichtum sich auf nicht einmal zehn Prozent der Bevölkerung konzentriert hat, während die restlichen neunzig Prozent an ihren Schulden zu ersticken drohen. Wir werden das Geld nicht abschaffen, wie uns immer wieder unterstellt wird. Aber wir werden dem Geld seinen Jokervorteil nehmen. Wir lassen es nicht zu, dass Geld gehortet wird. Wir lassen

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