Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
grässlichen Kerl aufgesucht wurde, der ihn angeschrien und bedroht hat – ich musste dazwischengehen. Immer wieder hat der den Namen Liamuin gebrüllt. Vielleicht war das dieser Escmug, den du erwähnt hast.«
Die Antwort befriedigte Fidelma wenig. »An diesem Punkt bleibt mir nichts anderes übrig als zu spekulieren, obwohl mir das zuwider ist. Liamuin muss irgendwie Verbindung zu ihrem Vater gehabt und ihm nicht nur berichtet haben, wo sie sich aufhielt, sondern auch, dass sie im Besitz des cathach war, das ihr ihr Bruder übergeben hatte. Liamuin war eine pflichtbewusste Tochter. Vor lauter Freude, etwas über seine Tochter erfahren zu haben, muss der alte Mann jemandem davon erzählt haben, dem er vertraute.«
Alle schwiegen, dann stellte Marban die Frage: »Willst du damit sagen, dass Liamuin getötet, ja, dass Menmas rath überfallen und niedergebrannt wurde, allein wegen des cathach ?«
»Genau das will ich damit sagen«, erwiderte Fidelma.
»Aber wir wissen doch, dass ein Krieger mit dem Goldenen Halsreif den Raubzug angeführt hat, bei dem Menmas Gehöft zerstört wurde«, wendete Marban ein. »Es war derselbe Krieger, der in dem Gehöft ein und aus ging und in den sich Liamuin angeblich verliebt hatte. Versuchst du jetzt, den Krieger aus Cashel, wer auch immer er war, reinzuwaschen?«
»Ich versuche überhaupt nicht, jemanden reinzuwaschen«, entgegnete Fidelma ernst und sachlich. »Ich versuche, die Wahrheit aufzudecken. Wahr ist, dass mein Bruder nach der Schlacht von Cnoc Áine Trupps von Kriegern mit ihren Anführern in dieses Gebiet schickte. Sie sollten eine Weile an verschiedenen Orten kampieren und den Frieden sichern, während mit Fürst Donennach ein Vertrag ausgehandelt wurde. Solch ein Krieger wurde auch zu Menmas befestigtem Gehöft entsandt. Offenbar verliebte er sich in Liamuin und sie in ihn. Ich sollte noch ergänzen, dass Marban den Ehemann von Liamuin zu dem Zeitpunkt bereits erschlagen hatte. Er hatte in Notwehr handeln müssen. So ist es doch gewesen, nicht wahr, Marban?«
»Ich schäme mich nicht, das einzugestehen«, sagte der Müller finster. »Er war zwar mein Bruder, war aber ein bösartiger und gemeiner Schuft geworden. Ich hätte ihn schon Jahre zuvor umbringen sollen, dann wäre uns viel Leid erspart geblieben.«
»Wie ich dir versichert habe, hast du vom Gesetz her nichts zu befürchten«, beruhigte ihn Fidelma in vollem Ernst. »Allem Anschein nach war Liamuin eine schöne Frau und hatte ihren Charme. Mehrere Männer haben sich in sie verliebt, während sie sich bei Menma aufhielt, doch wirklich zugetan war sie nur dem Krieger aus Cashel.«
»Und der war es, der sie getötet hat!«, rief Marban aufgebracht dazwischen.
»Nein, so war es nicht. Derjenige, der die Standarte an sich bringen wollte, hat sie getötet. Derjenige, der den Überfall angeführt hat, trug den Goldenen Halsreif und den Schild meines Bruders – den Schild, der hier auf dem Tisch vor euch liegt. Es war ein Schild, der bei Cnoc Áine verlorenging. Dieser Mann ist mit einigen seiner Leute in Menmas Gehöft eingedrungen,hat alle Bewohner, Liamuin eingeschlossen, umgebracht, um das cathach an sich zu bringen. Die Kriegslist gelang, denn die einzige Überlebende – eine alte Frau, sie heißt Suanach – hat berichtet, dass der Anführer einen Goldenen Halsreif trug, und sie hat auch den Schild beschrieben. Freilich wusste sie nicht, welche Bedeutung das Emblem darauf hatte. Von Mund zu Mund ging dann die Geschichte, dass der Krieger aus Cashel und sein Trupp das Verbrechen begangen hatten. Ihnen wurde die Untat zur Last gelegt.«
»Behauptest du etwa, dass dieser Schild, der Schild deines Bruders, bei dem Überfall benutzt wurde? Dieser Schild ist in all den Jahren in der Abtei verwahrt worden. Du ergehst dich in gewagten Vermutungen.« Bruder Cuineáin war offenbar ziemlich verärgert. »Du versuchst der Abtei die Schuld zuzuschieben.« Dann wurde er plötzlich blass. »Damit versuchst du, den Abt und mich zu belasten – denn wir haben den Schlüssel zum Schrein! Du versuchst zu behaupten, dass, wer auch immer den Überfall auf Menmas rath anführte, aus der Abtei kam und Gegenstände aus unserer Sammlung nutzte, um die Leute irrezuführen. Du versuchst …«
Fidelma beschloss, dem sich in seiner Wut Steigernden Einhalt zu gebieten. »Ich versuche nicht, es zu behaupten, Bruder Cuineáin«, fuhr sie ihn an. »Ich behaupte es.«
Im Bemühen, ihrer Beweisführung zu folgen, zog Conrí die Brauen
Weitere Kostenlose Bücher