Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
das allen ihren Clans heilige Symbol. Der Schaft war gesplittert, und die dünneren Teile der Goldschmiedearbeit waren abgebrochen. Bruder Lennán bückte sich nach dem Totem.
Dabei wurde er hinterrücks von einem Krieger, dem das Feldzeichen wichtiger war als seine Ehre, überfallen und tödlich verwundet. Lennán sah die drohende Fratze über sich, als der Mann ihm das Schwert in die Seite stieß, und erkannte ihn, es war Lorcán, Sohn des Eoganán.«
Bruder Lugna zuckte zusammen. »Mein armer missratener Bruder«, stöhnte er leise. »Möge Gott seiner Seele gnädig sein.«
»Lennán begriff, was geschehen könnte, wenn das geheiligte Schlachtensymbol in die falschen Hände geriet. Er griff sich das nächstbeste Pferd und zwang sich als Halbtoter zu einem Ritt zu seiner Schwester, die nicht allzu weit entfernt lebte. Sie war mit einem Fischer verheiratet, der auf dem Mháigh sein Gewerbe betrieb. Lennán übergab das Banner seiner Schwester und beschwor sie, es sicher zu verbergen. Trotz aller Schmerzen versuchte er, wieder aufs Schlachtfeld zu gelangen, damit nicht seine Schwester in Verdacht geriet. Vom Blutverlust geschwächt, sank er nahe bei der Walstatt tot vom Pferd.
Einzelheiten zu den Personen will ich mir ersparen, es mag genügen, festzustellen, dass Liamuin in sehr unglücklicher Ehe mit ihrem Mann Escmug lebte, einem brutalen, herrschsüchtigen Kerl. Glücklicherweise war er fort, als Lennán ihr das cathach brachte. Sie wusste, kam ihr Mann zurück, würde sie den letzten Wunsch ihres Bruders nicht erfüllen können. Auch die Tochter war nicht im Hause, arbeitete weiter weg auf dem Feld. Liamuin hatte keine Zeit zu verlieren, sie entschloss sich kurzerhand, zu einem Verwandten zu fliehen, zu Marban, dem Müller, den ihr hier vor euch seht. Sie erzählte ihm die ganze Geschichte, und Marban schickte sie zu ihrer eigenen Sicherheit zu seinem Freund Menma. Auf Menmas Gehöft hat sie das cathach vergraben. War es nicht so, Marban?«
Der Müller trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. »Genauso war es, und so habe ich es dir erzählt.«
»Liamuins widerwärtiger Mann zeigte sich dann in seiner ganzen Grausamkeit. Er suchte überall nach seiner Frau, bedrohte Marban, und in seiner Wut verkaufte er seine TochterAibell an Fidaig von den Luachra, um sich an seiner entlaufenen Frau zu rächen. Damit verstieß er gegen das Gesetz.«
Erstmals ließ Gláed erkennen, dass ihn etwas berührte.
»Du hast wohl nicht gewusst, dass Aibell, die bei deinem Vater als Magd verdingt war, Liamuins Tochter war?«, fragte ihn Fidelma. »Doch Aibells Schicksal soll uns im Moment nicht ablenken; ich komme später auf sie zurück. Marban, schildere uns bitte, was Liamuin für eine Frau war.«
»Sie war eine treusorgende Ehefrau, obwohl Escmug sie prügelte und misshandelte«, erklärte Marban. »Erst als ihr Bruder ihr das heilige Versprechen abverlangte, das cathach an sich zu nehmen und es zu verbergen, brachte sie den Mut auf, es zum Bruch kommen zu lassen. Sie hatte es bei Escmug immer nur ihrer Tochter wegen ausgehalten.«
»Eine treusorgende Ehefrau«, wiederholte Fidelma. »War sie auch eine treusorgende Tochter?«
»Das war sie«, versicherte Marban.
»Ihr Vater war Bruder Ledbán, der als Stallknecht hier in der Abtei gearbeitet hat, nachdem seine Frau an der Gelben Pest gestorben war«, fuhr Fidelma fort. »Das war doch so, Bruder Lugna, oder?«
Der Mann schreckte auf, als sein Name fiel, nickte aber sofort zustimmend. »Das kann ich nur bestätigen. Ich bin hier vor langen Jahren Stallmeister geworden, wie jeder dir sagen wird. Als Bruder Ledbán in die Abtei eintrat, um bei seinem Sohn Lennán zu leben, habe ich gleich erfahren, dass er zuvor in den Stallungen eines Adelsgeschlechts gearbeitet hatte. So war es ganz selbstverständlich, dass ich ihn aufforderte, in unseren Ställen seinen Dienst zu tun. Erst vor kurzem haben ihn Alter und Krankheit dahingerafft.«
»Dann weißt du gewiss auch, ob Liamuin Verbindung zu ihrem Vater gehalten hat.«
Der Stallmeister runzelte die Stirn. »Nachdem er zu uns in die Abtei kam? Das ist ziemlich lange her. Ich bin mir da nicht sicher.«
»Wenn der alte Ledbán mit jemand über seine Tochter gesprochen hat, dann doch wohl zuallererst mit dir.«
»Nicht unbedingt«, entgegnete Bruder Lugna. »Ledbán hatte ein gutes Verhältnis zu vielen Leuten hier. Besonders mit einem jungen Schreiber hat er oft geredet. Ich erinnere mich, dass er einmal von einem
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