Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Waffen sorgsam gepflegt und aufpoliert sind«, stellte Conrí fest, »wo sie doch in einer Schlacht vor mehr als vier Jahren benutzt wurden.«
Die Sammlung von Schwertern und sonstigem Kriegsgerät sah tatsächlich aus, als sei jedes Stück so gut wie neu. Doch Fidelma schien das nicht weiter zu beeindrucken. Sie hatte einige Goldene Halsreifen auf einem Seitentischchen betrachtet, hielt aber offenbar nach etwas Besonderem Ausschau. In einer Ecke sah sie aufeinandergestapelte Schilde. Sie winkte Eadulf, mit dem Licht näher zu kommen, und hob einen nach dem anderen an. Bald brummte sie zufrieden und nahm einen davon an sich.
»Es reicht. Ich habe genug gesehen«, ließ sie alle wissen.
Schweigend gingen sie zurück in die Amtsstube des Abts, Fidelma legte den Schild auf den Tisch. Der Schild war rot und hatte als Wappentier einen aufsteigenden Hirsch, der mit Halbedelsteinen eingelegt war.
»Es freut mich, meinem Bruder seinen Schild wiederbringen zu können«, sagte sie beherrscht.
»Mir war nicht bewusst, dass dein Bruder seinen Schild auf dem Schlachtfeld verloren hatte«, beteuerte Abt Nannid. »Umso mehr stimmt es mich froh, dass wir ihn retten konnten und er nun wieder sicher in seine Hände gelangt.«
»Gewiss wird er dankbar sein, dass er seinen Schild zurückerhält und dass sein guter Name wiederhergestellt wird.«
»Sein guter Name wiederhergestellt wird?«, fragte Bruder Cuineáin und benetzte mit der Zunge die trocken gewordenen Lippen.
»O ja. Denn nun kann ich euch die Geschichte lückenlos darlegen. Alle Teile haben sich ineinandergefügt.«
»Hat das alles mit der Verschwörung zu tun, Fürst Donennach zu stürzen?«, erkundigte sich Conrí erregt.
Der Abt und sein Verwalter schauten sich beunruhigt an. Doch Fidelma tat, als bemerkte sie das nicht. »Ja, so ist es«, bestätigte sie. »Die Verschwörung ist von langer Hand vorbereitet worden. Wahrscheinlich wurde sie bereits auf den Hängen von Cnoc Áine ausgeheckt, als Eoganán in der blutigen Schlacht erschlagen wurde und seine adligen Anhänger flohen.«
Ungläubig schüttelte Abt Nannid den Kopf. »Behauptest du etwa, dass in meiner Abtei Verschwörer sind, die mit den Waffen von Cnoc Áine Fürst Donennach stürzen wollen? Die Waffen hier reichen kaum aus, um auch nur eine Kompanie auszurüsten.«
»Es geht weniger um die Waffen«, erwiderte Fidelma. »Doch eines nach dem anderen – ich will euch den Hergang der Geschichte schildern, und hier stehen die Zeugen, die die eine oder andere Einzelheit bestätigen können.« Mit einer Armbewegung umschloss sie die Anwesenden. »Leider hat sich bislang Gláed von den Luachra darauf versteift zu schweigen. Ich bezweifle daher, dass er sich aufraffen wird, mich zu berichtigen, wenn ich mich irre.«
»Außer um zu sagen, alles ist erstunken und erlogen!«, knurrte der junge Mann.
»Auch dass du mich überfallen und den Apotheker Lachtine ermordet hast?«, mahnte sie an. »Doch lassen wir das, kommen wir zur Sache. Oh …« Sie wandte sich um. »Socht, hole bitte den Stallmeister. Er dürfte in der Nähe sein, hat er doch weitere sechzig Pferde in der Abtei unterzubringen.«
Binnen kurzem war Socht mit Bruder Lugna zurück.
»Ah, Bruder Lugna, es tut mir leid, dich hierher zu bemühen,aber ich brauche dich, um als Zeuge ein paar Dinge zu bestätigen, die ich vorbringen werde.«
Der Mann schaute sich um, war offensichtlich verwundert, wer sich beim Abt versammelt hatte, und zuckte die Achseln.
»Hast du mich wegen der Versorgung der vielen Pferde rufen lassen, Lady?«
»Im Augenblick nicht. Ich möchte nur, dass du bestätigst, was ich über deinen alten Freund Bruder Ledbán und seinen Sohn sagen werde.«
»Auf Bruder Ledbán und Bruder Lennán lasse ich nichts kommen, beide waren tüchtige, aufrichtige Männer. Wer das leugnen will, kriegt es mit mir zu tun«, verteidigte sie der Stallmeister lebhaft.
»Und damit hast du völlig recht.« Fidelma machte eine Pause und sammelte sich. »Ich bedauere es, aber ich muss mit der Schlacht am Cnoc Áine beginnen. Als Eoganán und sein Bannerträger im Kampf fielen, versorgte Bruder Lennán die Verwundeten und Sterbenden. Nach den Kriegsregeln, die der heilige Colmcille vor den Brehons in Druim Ceatt verkündigt hat, durfte er von keiner Seite angegriffen werden, weil er ein am Kampf Unbeteiligter war. Er stieß auf den Leichnam von Eoganáns Bannerträger. Halb verdeckt unter ihm lag das cathach von Fiachu, das Feldzeichen der Uí Fidgente,
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