Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Marschland ritten, das sich südöstlich von Mungairit erstreckte. Schließlich gelangten sie an die Straße, die vorbei an der Ara-Quelle auf Cashel zuführte. Eadulf hatte das Gefühl, dass er nun nach längerer Zeit wieder frei und offen reden dürfte.
»Ich freue mich unbändig, heim nach Cashel und zu unserem Sohn zu kommen«, gestand er Fidelma und schaute zu den Bergen, die in der Ferne aufragten. »Dass ich großes Verlangen hätte, noch einmal ins Land der Uí Fidgente zurückzukehren, kann ich nicht gerade behaupten.«
»Aber vergiss nicht, es gehört auch zum Königreich Muman«, mahnte sie ihn.
»Das mag durchaus sein, doch ich fühle mich nicht wohl unter dem Himmelsstrich. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich irgendwie unzufrieden bin. Da sind immer noch Fragen, auf die wir keine Antwort haben.«
»Welche zum Beispiel?«, fragte sie ganz harmlos.
Gormán antwortete an seiner statt: »Wir wissen nicht, wer der Krieger mit dem Goldenen Halsreif war, der sich auf Menmas Hof aufgehalten hat. Warum hat er das Gehöft verlassen und ist nie wieder hingeritten, nachdem es Lugna oder besser Lorcán zerstört hatte? Wenn er Liamuin liebte, hätte er doch versuchen müssen, sie zu rächen oder sogar die Banditen zur Strecke zu bringen.«
»Eine sehr gute Frage, Gormán, doch im Gesamtbild der Vorgänge spielte es bisher keine Rolle, wer er war. Wir werden das klären können, sobald wir in Cashel sind.«
Eine Weile ritt der junge Krieger stumm einher, dann redete er plötzlich mehr zu sich selbst. »Nach dem, was ich jetzt alles weiß, habe ich mir von dem jungen, frechen Mädel Aibell zu vorschnell ein Urteil gebildet. Hübsch war sie und liebenswert, musste Leibeigene werden bei diesem Fidaig, wurde versklavt gegen Recht und Gesetz … Kein Wunder, dass sie eine Stinklaune hatte …«
Fidelma und Eadulf schauten einander an, und Eadulf glaubte zu sehen, dass um die Lippen seiner Frau ein Lächeln spielte.
An einem strahlenden Wintertag erreichten Fidelma und ihre Gefährten die Ansiedlung unterhalb der mächtigen Felsenburg von Cashel. Der Himmel war zwar blau, doch in schattigen Winkeln lungerte noch der Frost. Sie begegneten nur wenigen, denn an einem so kalten Morgen wagte sich nur heraus, wen die Arbeit dazu trieb. Die Leute lächelten und riefen ihnen einen freundlichen Gruß zu, während sie vorbeiritten. Man spürte, über dem Ort lagen eine gewisse Wohlhabenheit und Gelöstheit, und besonders das Letztere deutete Fidelma als gutes Vorzeichen für ihre Heimkehr. Hätte Cashel um ihren Bruder getrauert, wäre das offensichtlich gewesen. Bislang hatte sie der Nachricht, die Fidaig von einem Boten erhalten hatte, dass ihr Bruder auf dem besten Wege zur Genesung war, nicht recht trauen wollen.
Sie näherten sich Dellas Häuschen und ihrer Koppel, und Fidelma bemerkte, dass Gormán verlangend hinüberblickte.
»Vielleicht möchtest du deiner Mutter sagen, dass du heil und gesund wieder da bist«, meinte sie und lachte. Der junge Krieger hob dankbar die Hand und lenkte sein Pferd dorthin. Die beiden anderen ritten über den fast menschenleeren Marktplatz und den Anstieg hinauf zu den Toren der Burg.Dort hielt Enda Wache und strahlte über das ganze Gesicht, sobald er sie erblickte.
»Herrlich, dich wieder daheim zu sehen, Lady – und auch dich, Freund Eadulf«, rief er ihnen entgegen. »Von deinem Bruder kann ich Gutes berichten. Er ist außer Lebensgefahr. Zwar ist er noch geschwächt, doch es geht ihm besser von Tag zu Tag.«
»Das höre ich gern, Enda.« Fidelma war sehr erleichtert, dass sich die beruhigende Nachricht bewahrheitete. »Und Bruder Conchobhar – umsorgt er nach wie vor meinen Bruder?«
»Gewiss, Lady. Tag und Nacht ist er beim König geblieben, bis er völlig außer Gefahr war. Gottlob, der König ist wieder wohlauf.«
Sie waren auf den Burghof geritten und waren abgesessen. Bedienstete eilten herbei und brachten die Pferde in die Stallungen.
»Wo ist Gormán?«, fragte Enda. »Habt ihr herausgefunden, wer der Mörder war und warum er es getan hat?«
»Wir haben Gormán beim Häuschen seiner Mutter gelassen«, antwortete ihm Eadulf, »und ja, wir haben die ganze Sache aufklären können.«
»Ihr wisst also, wer der Mörder war?«, forschte Enda eifrig weiter.
»Ja, doch du musst dich noch etwas gedulden«, kam Fidelma Eadulf zuvor, »wir müssen erst dem Kronrat berichten.«
Enda war enttäuscht, fragte aber sofort: »Kann ich Fürst Finguine Bescheid geben, er soll
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