Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
starrte sie verständnislos an. »Begreife ich nicht.«
»Ich erkläre dir alles später während der Ratssitzung. Aber ich habe noch eine Frage. Als die Schlacht gewonnen war, Fürst Eoganán gefallen und seine Adligen tot oder geflohen waren, hast du deine Truppenführer, Angehörige der Leibwache mit dem Goldenen Halsreif, als Aufseher in die Gebiete der Uí Fidgente geschickt. Soviel ich damals verstanden habe, war das nur eine vorübergehende Maßnahme. Damit sollte der Landfrieden gesichert werden, während du mit Fürst Donennach einen Friedensvertrag ausgehandelt hast.«
»Genauso war es, und es hat sich auch gut bewährt, bis auf eine Sache …« Er zögerte. »Ich hatte den Fehler begangen, Uisnech vom Clan der Eóghanacht Áine das Oberkommando zu übertragen. Das erwies sich als eine schlechte Wahl. Mir war nicht bewusst, dass er einen tiefverwurzelten Hass auf die Uí Fidgente hegte. Wenig später erfuhr ich von seinen Untaten. Ich war drauf und dran, ihm den Oberbefehl zu entziehen, da hatten die Uí Fidgente die Sache schon selbst in die Hand genommen. Sie überfielen ihn aus einem Hinterhalt und erschlugen ihn.« Colgú zuckte vielsagend die Achseln. »Ich kann sie deswegen nicht tadeln. Glücklicherweise hatte sich damals das Wahlgremium der Uí Fidgente, die derbhfine , versammelt und Donennach zu ihrem Stammesführer gewählt. Er war der Sohn von Oengus, den Eoganán Jahre zuvor entmachtet hatte. Fürst Donennach zu wählen war demzufolge höchst gerecht.«
Fidelma hatte ihrem Bruder geduldig zugehört. »Kannst du dich erinnern, in welche Gebiete du welchen Befehlshaber entsandt hast?«
Colgú runzelte die Stirn. »Nein, leider nicht.«
»Ich meine, in den Süden ihres Gebietes, im Grenzbezirk zu den Luachra … wen hast du damals dorthin geschickt?«
»Ich kann mich nicht entsinnen, beim besten Willen nicht. Zu der Zeit war Capa Hauptmann der Leibwache und hat die entsprechenden Anordnungen getroffen. Dann kam der Friedensschluss, und unsere Krieger mussten nicht länger im Gebiet der Uí Fidgente bleiben. Alle wurden zurückgezogen. Warum musst du das noch wissen?«
Fidelma lächelte zufrieden und schüttelte den Kopf. »Spielt eigentlich keine Rolle. Hat jetzt auch keine Bedeutung.«
»Wirst du mir wirklich bald alles erzählen?«
»Wie ich gesagt habe, Bruder, alles zu seiner Zeit. Lade den Rat für heute Abend ein.«
»Das soll noch vor der Abendmahlzeit geschehen. Ich brenne darauf zu erfahren, was du herausgefunden hast.« Er machte aus seiner Ungeduld keinen Hehl.
Fidelma und Eadulf standen auf und gingen. Draußen sagte sie zu ihm: »Da ist noch eine Sache, um die ich mich kümmern muss. Geh du derweil schon zu unserem Alchú … ich bleibe nicht lange fort.«
Eadulf fragte sich, was sie wohl noch vorhatte, spürte aber, dass sie ihn nicht dabeihaben wollte. Gewiss würde sie es ihm zu gegebener Zeit erzählen.
Inzwischen hatte Dego, ein weiterer Leibwächter, Posten vor den Gemächern des Königs bezogen. Er hatte Caol abgelöst. Fidelma fragte ihn, wo sie jetzt den Hauptmann finden würde.
»Er ist auf seinem Zimmer, Lady«, wusste Dego. »Eben hatten wir Wachablösung.«
Caol saß allein in seinem Raum, als Fidelma eintrat. Er erhob sich sofort und stand verunsichert da. Sie schloss die Tür hinter sich. Kurz sahen sie einander an, ohne etwas zu sagen.
»Nun, Caol?«, fragte sie.
Er trat von einem Fuß auf den anderen.
»Nun, Lady?«, entgegnete er.
Sie gab ihm einen Wink, sich zu setzen, und ließ sich auf einem Stuhl ihm gegenüber nieder.
»Vermutlich weißt du, warum ich dich aufsuche und mit dir allein reden möchte.«
»Ich ahne es, Lady.«
»Du hast doch mit meinem Bruder Seite an Seite bei Cnoc Áine gekämpft?«
»Genauso war es.«
»Als mein Bruder einige seiner Leibwächter ins Gebiet der Uí Fidgente schickte und ihnen einen Trupp Krieger mitgab, wurdest du, wenn ich mich nicht irre, an die Südgrenze entsandt, dorthin, wo die Hügelkette die Grenze zu den Luachra bildet.«
»Stimmt.«
»Du hast dich im rath von Menma einquartiert.«
Er antwortete nicht, stritt es aber auch nicht ab.
»Demnach warst du der Krieger mit dem Goldenen Halsreif, von dem die Einheimischen dort noch heute glauben, er hätte den Überfall auf das Gehöft angeführt.«
»Von einem Krieger der Nasc Niadh würden die alles Mögliche glauben. Den Überfall habe ich nicht befohlen.«
»Ich weiß. Doch du warst der Krieger, der sich in Liamuin verliebte.«
»Und sie hatte
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