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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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diese spartanische Kammer. Er war ein asketischer, dürrer Mann mit eingefallenen Wangen, einem kahlen Kopf und kleinen, fast schwarzen Augen, die Jana streng musterten.
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass eine Frau jemals dieses Gebäude betreten hätte«, sagte er kalt. Jana verstand genug Latein, um den Sinn seiner Worte zu erfassen und begann bei dem frostigen Empfang des Abtes zu zittern. Etwas Bedrohliches ging von dem ausgemergelten Mann aus, bei seinem Anblick musste Jana an eine Spinne denken, die mit ihren langen, dünnen Beinen in ihrem Netz hockte und darauf wartete, dass die Beute sich darin verfing. Aber eigentlich waren es doch Pfeiffer und sie, die den Klostervorsteher in eine Falle locken wollten!
    Doktor Pfeiffer begrüßte den Abt freundlich, stellte sich selbst unter einem falschen Namen vor und gab Jana, wie zuvor besprochen, als seine Schwester aus.
    »Es freut uns, dass Ihr so rasch Zeit gefunden habt, mit uns zu sprechen«, sagte Pfeiffer. »Meine Schwester und ich haben eine weite Reise hinter uns.«
    Die kleine Holztür schloss sich hinter ihnen. Jana drehte sich um und sah, dass sich der Klosterschüler gegen die Wand drückte, als wollte er sich unsichtbar machen. Sie hätte schwören können, dass er am liebsten davongelaufen wäre. In seinen Augen schimmerte Angst. Doch wovor fürchtete er sich?
    Der Abt wies Jana und Pfeiffer an, auf den Hockern Platz zu nehmen. Kaum saßen sie, fühlte sich Jana winzig klein, denn die Hocker waren nicht nur unbequem, sondern auch ungewöhnlich niedrig. Pfeiffer schien es ähnlich zu ergehen. Er streckte den Rücken und drückte die Schultern durch.
    »Der Junge hier konnte mir nicht sagen, was genau Euer Begehr ist. Er hat etwas von einem Manuskript angedeutet, über das Ihr mit dem Pförtnerbruder gesprochen habt.«
    »Ihr seid ein Mann, der sich nicht mit unnötigen Einleitungen aufhält«, sagte Pfeiffer. Jana war sicher, dass ihm alles eine Spur zu schnell ging und er Zeit gewinnen wollte.
    »Worum geht es?«, fragte der Abt unbeeindruckt.
    Pfeiffer schob sich auf seinem Hocker hin und her, vielleicht in der Hoffnung, größer zu wirken. Aber ohne sichtbaren Erfolg.
    Dann holte er weit aus: »Ihr müsst wissen, dass unser Vater und unser Onkel beide Kaufleute sind. Während unser Vater ein rechtschaffender Mann ist, ist unser Onkel – ich muss es leider so sagen – ein Halsabschneider und Betrüger. Er gehörte zu jener Sorte Menschen, mit denen man besser keine Geschäfte macht.«
    Ungeduldig presste der Abt seine Fingerkuppen gegeneinander.
    »Worauf wollt Ihr hinaus?«
    »Im Frühling kamen beide von einer langen Reise aus der Neuen Welt zurück nach Hause.«
    Die kleinen schwarzen Augen des Abtes zuckten, vielleicht ein Anzeichen für wachsende Neugier.
    »Auf dem Schiff war ein Mönch Eures Ordens, der sich auf dem Weg nach Dijon befand. Er hatte ein kostbares Manuskript dabei. Leider erkrankte der Mann und starb. Kurz vor seinem Tod bat er unseren Onkel noch, er möge die Schrift ins Jesuitenkloster von Dijon bringen. Eine denkbar schlechte Wahl. Hätte er bloß unseren Vater gebeten, dann wäre uns der weite Weg erspart geblieben. Denn, wie gesagt, unser Onkel ist kein ehrlicher Mensch. Statt die Schrift hierherzubringen, heuerte er einen Boten an, um das Dokument hier abzuliefern, übergab ihm aber nur ein wertloses Manuskript, das Reisetagebuch unseres Vaters. Die kostbare Schrift aber behielt er.«
    »Ihr wollt behaupten, Ihr seid im Besitz eines Manuskripts, das unserem Orden gehört?« Die Stimme klang schneidend scharf.
    Pfeiffer nickte. »Unser Onkel ist kein gelehrter Mann. Er konnte mit der verschlüsselten Geheimschrift nichts anfangen. Bald darauf erkrankte unser Onkel, und kurz vor seinem Tod packte ihn die Reue; er gestand den Schwindel unserem Vater. Leider ist kurz darauf auch unser Vater erkrankt und liegt nun mit einem merkwürdigen Fieber im Bett, während unsere Mutter ihn aufopfernd pflegt. Er, der sein Leben lang ehrlich und rechtschaffen war, hat uns gebeten, die Schrift dort abzuliefern, wo sie hingehört. Wäre er noch kräftig genug, hätte er die Aufgabe selbst übernommen.«
    »Das ist die unsinnigste Geschichte, die ich je gehört habe! Und so etwas soll ich glauben?«, fuhr ihn der Abt an.
    Pfeiffer sprach weiter: »Wir wissen nicht, ob unser Vater noch am Leben sein wird, wenn wir nach Prag zurückkehren. Aber es war sein sehnlichster Wunsch, das Unrecht seines Bruders wiedergutzumachen.«
    »Zeigt mir die

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