Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
Ketzer auf dem Scheiterhaufen landen möchte!«
Jana griff nach dem Weinbecher, stellte ihn aber wieder zurück, ohne davon zu trinken. Im Grunde gab es nichts, was sie dem entgegensetzen konnte, außerdem war ihr Vorschlag unmoralisch und verwerflich. Aber etwas Besseres fiel ihr einfach nicht ein.
»Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand aus Dijon die Spur der Schrift bis ins Clementinum zurückverfolgt?«
»Wohl nicht sehr groß«, meinte Pfeiffer vorsichtig.
Jana hakte sofort nach: »In Prag hat niemand an der Echtheit der Schrift gezweifelt. Warum sollte es hier anders sein?«
»Und wenn doch jemand herausfindet, dass Ferdinand und ich hinter der Schrift stecken?«
Hilflos zuckte Jana mit den Schultern: »Ich denke, mittlerweile gibt es schon mehrere Gründe, uns zu verhaften. Wir sind beide aus Prag geflüchtet, haben einem Mann des Grafen von Thurn den Schädel halb eingeschlagen und ihn auf einen alten Gaul gebunden. Wir haben ein kostbares Pferd gestohlen und wir führen ein Buch mit uns, das eigentlich im Besitz der Jesuiten sein sollte. Eure Schrift wäre bloß noch ein weiterer Anklagepunkt auf der Liste.«
Der Arzt antwortete nicht. Er musterte sie stumm und schien angestrengt nachzudenken.
Schließlich nahm Jana doch einen Schluck von ihrem Wein. Je länger sie ihn im Becher schwenkte, desto kräftiger wurde sein Aroma. Bedrich hatte recht gehabt, was den Geschmack betraf. Aber eigentlich interessierte sie etwas völlig anderes. Seit Pfeiffer sie vor der Kathedrale hatte verlassen wollen, beschäftigte sie eine ganz bestimmte Frage. Vielleicht war es der Wein, der ihr jetzt die Zunge löste.
»Warum wolltet Ihr vorhin so schnell wegreiten? Ohne Euch richtig zu verabschieden?« Jana starrte in ihren Becher, so als befänden sich darin die Antworten auf ihre Fragen.
»Es tut mir leid«, sagte Pfeiffer leise. »Ich bin schlecht im Schließen von Freundschaften und noch viel schlechter im Abschiednehmen.«
Warum?, wollte Jana fragen, biss sich aber auf die Zunge. Sie spürte, dass der Arzt gerade sehr viel mehr über sich verraten hatte, als er eigentlich wollte. Gedankenverloren fuhr sie mit dem Zeigefinger am Rand des Bechers entlang.
Nach einer Weile sagte Pfeiffer: »Meine Pergamentbögen können keinen Schaden anrichten, denn sie enthalten keinerlei Information. Diejenigen, die sich damit beschäftigen, vergeuden ihre Zeit, aber das ist auch schon alles.«
»Tun das manche Klostermönche nicht auch ohne ein gefälschtes Manuskript?«, fragte Jana provokant. Der schwere Wein war ihr zu Kopf gestiegen.
Pfeiffer grinste, und die Grübchen, die Jana so anziehend fand, erschienen wieder.
»Das Ganze ist ein sehr riskanter Plan, mit nur wenig Aussicht auf Erfolg.«
»Habt Ihr einen besseren?«, fragte Jana.
Langsam schüttelte Pfeiffer den Kopf. Auf einmal begann er so laut und herzhaft zu lachen, dass der Wirt und Bedrich neugierig die Köpfe aus der Küche streckten.
Pfeiffer wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln und sagte: »Nein, ich habe keinen besseren Plan. Ihr seid eine ungewöhnliche Frau.«
»Ich nehme das als Kompliment.«
»So war es auch gemeint«, erwiderte Pfeiffer, nun plötzlich wieder ernst. Sein Blick jagte Jana einen warmen Schauder über den Rücken, doch bevor sie sich fragen konnte, was genau dieses Gefühl ausgelöst hatte, stand Bedrich wieder am Tisch.
»Ich habe das Rezept«, sagte er stolz.
»Na, dann wollen wir keine Zeit verlieren und uns auf den Weg zum Kloster machen.« Pfeiffer schob seine leere Holzschüssel über den Tisch.
Doch Bedrich schüttelte den Kopf und setzte sich wieder.
»Aber nicht doch!«, sagte er. »Der Wirt serviert uns nun die Spezialität des Hauses: Pochierte Birne in Rotwein. Und danach noch etwas ganz Besonderes.«
Bedrich senkte die Stimme und beugte sich über den Tisch, so als handle es sich um das bestgehütete Geheimnis der Stadt.
»Der Wirt bringt uns Crème de Cassis«, flüsterte Bedrich hinter vorgehaltener Hand.
Jana und Pfeiffer sahen ihn verständnislos an.
»Das ist ein süßer Likör aus schwarzen Johannisbeeren, der hier in der Gegend hergestellt wird. Eigentlich verkaufen ihn die Apotheker als Medizin, aber der Wirt ist davon überzeugt, dass er in einigen Jahren zu den Spezialitäten der Region gehören wird.«
Pfeiffer setzte sich wieder auf.
»Schwerer Rotwein zum Essen, Birne in Rotwein zum Dessert und hinterher ein süßer Likör. Ich bin sicher, dass wir dem Abt eine wundervolle
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